Ist der Kulmbacher ein "Monster" und bleibt eingesperrt?
Autor: Jürgen Gärtner
Kulmbach, Montag, 11. Dezember 2017
Bald endet die Haft eines Kulmbachers. Doch ist er immer noch eine Gefahr? Das Landgericht Bayreuth berät, ob der Mann in Sicherungsverwahrung muss.
Ist der Mann immer noch gefährlich? Wird er weitere Straftaten begehen? Muss er deshalb nach der Verbüßung einer mehrjährigen Haftstrafe in Sicherungsverwahrung? Das Landgericht Bayreuth hat nun zu entscheiden, ob der 40-Jährige sich gebessert hat und er in Freiheit entlassen werden kann, ohne dass Gefahr für andere Menschen besteht. Keine leichte Aufgabe, denn verschiedene Gutachten bescheinigen dem Mann eine dissoziale Persönlichkeitsstörung mit paranoiden Verhaltensmustern.
Der Angeklagte, der am Montagmorgen in Fußfesseln und mit Handschellen der Großen Strafkammer des Landgerichts Bayreuth vorgeführt wurde, ist ein unscheinbarer Typ, dem man seine Gewaltausbrüche nicht zutraut.
Im Dezember 2012 hatte er in Kulmbach einen anderen Mann bei einer Auseinandersetzung lebensgefährlich verletzt. Der relativ schmächtige Mann war im Streit auf sein Opfer losgegangen, hatte mit einem Stuhl so stark auf ihn eingeschlagen, dass das Möbelstück zu Bruch ging. Nachdem er mit einem Stuhlbein weiter sein Opfer geprügelt hatte, streckte er es mit einem Faustschlag zu Boden. Dann trat er mehrfach gegen Kopf, Bauch und Oberkörper. Sein Opfer erlitt einen Jochbeinbruch, eine Hirnblutung sowie 17 Rippenbrüche.
Der Angeklagte, der in Kulmbach lebte, ist bereits seit Anfang der 90er Jahre immer wieder straffällig geworden. Gefährliche Körperverletzung, Trunkenheit im Verkehr, Leistungserschleichung, fahrlässiger Vollrausch, Diebstahl, Beleidigung, sexuelle Nötigung, Sachbeschädigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte stehen in seinen Akten.
Erst wenige Monate vor der Auseinandersetzung in Kulmbach war der Mann aus dem Gefängnis entlassen worden. Er stand zum Zeitpunkt der Tat unter dem Einfluss von Alkohol und Betäubungsmitteln.
2013 war er wegen gefährlicher Körperverletzung zu sechs Jahren Freiheitsstrafe und der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt verurteilt worden. Denn Psychiater diagnostizierten neben der Persönlichkeitsstörung auch noch eine Alkohol- und Drogenabhängigkeit. Der 40-Jährige muss noch bis 31. Dezember 2018 einsitzen, derzeit befindet er sich in Straubing in Haft.
Der Angeklagte, der bereits 14 Jahre seines Lebens hinter Gittern verbracht hat, erklärte, dass er inzwischen eine reifere Persönlichkeit sei und gelernt habe, dass "Gewalt keine Lösung ist", dass es bei Konflikten besser sei, "sich umzudrehen und wegzugehen". Und er wisse mittlerweile auch: "Alkohol ist mein Feind." Deshalb besuche er seit vier Monaten Treffen der anonymen Alkoholiker. In den vergangenen fünf Jahren im Gefängnis sei er nicht mehr handgreiflich geworden und habe er keinen Alkohol mehr getrunken.
Aber reicht das? Wie stehen die Chancen, dass er sich gebessert hat, nicht mehr ausrastet und andere Menschen verletzt?
Vorsitzender Richter Michael Eckstein versuchte, das mit der Befragung von mehreren Zeugen - Psychotherapeuten, Justizvollzugsbeamten, Psychiatern, Sozialpädagoginnen - in einem über acht Stunden dauernden Verhandlungstag herauszufinden.
Immer wieder kam dabei das aufbrausende Wesen des Angeklagten zur Sprache, der teilweise hochmisstrauisch sei und sich oft ungerecht behandelt fühle. Eine abgebrochene Therapie, eine "panzerhafte Therapieverweigerung" und Äußerungen wie "Ich bin kein Idiot, der ein Leben lang Therapie machen muss" werfen auf der einen Seite kein gutes Licht auf den Mann. Auf der anderen Seite bescheinigen ihm Zeugen ein freundliches, manchmal sogar charmantes Wesen, Kritikfähigkeit und den Willen, an sich zu arbeiten.
Dass sich das Gericht die Entscheidung nicht leicht macht, zeigt die Tatsache, dass mehrere Verhandlungstage angesetzt sind.
Frühestens am Freitag ist mit einem Urteil zu rechnen. Dann wird sich auch zeigen, ob die Zukunftspläne, die der Angeklagte derzeit schmiedet, auch in Erfüllung gehen können: eine Familie gründen und ohne Alkohol und Drogen leben. Er hofft auf eine Chance und darauf, dass er nicht "als Monster" gesehen wird.