Fränkischer Gartenbau-Experte: Jeder kann etwas gegen das Insektensterben tun
Autor: Jochen Nützel
Kulmbach, Mittwoch, 27. März 2019
Das Volksbegehren zur Artenvielfalt "Rettet die Bienen" war erfolgreich - und nun? Für den Kulmbacher Gartenbau-Experten Günter Reif steht fest: Jeder kann etwas tun gegen das Insektensterben. Wie genau das gehen soll, beschreibt Reif im Interview.
Die Politik ist jetzt am Zug, wenn es zur Verankerung des erfolgreichen Volksbegehrens "Artenschutz - Rettet die Bienen" in einem Gesetz kommen soll. Für Günter Reif, den Kreisvorsitzenden der Kulmbacher Gartenbauvereine, kein Grund, selber die Hände in den Schoß zu legen und andere machen zu lassen. Der 69-Jährige ist vielmehr der Ansicht: Wir alle sind gefragt.
Frage: Herr Reif, Ihre Devise lautet: Jeder kann was tun gegen das Insektensterben. Aber was?
Günter Reif: Ich bin der Überzeugung: Die gesamte Gesellschaft muss ihren Beitrag leisten. Das fängt bei unseren Lebensmitteln an. Das Motto "Geiz ist geil" muss im Zusammenhang mit unserer Ernährung verschwinden. Unser täglich Brot muss uns wieder etwas wert sein, sonst haben wir die Quittung für jene Entwicklung, deren Folgen wir sehen: Weil der Verbraucher es in der Masse offenbar möglichst billig haben will, drückt der Handel die Preise, was wiederum die Erzeuger - die Bauern - zwingt, jeden Quadratzentimeter unter den Pflug zu nehmen, um zu überleben. Das lässt wenig Raum für natürliche Bereiche, die aber unsere Insekten brauchen.
Frage: Nutzt es da, angesichts der verhältnismäßig kleinen Fläche im eigenen Garten zu beginnen?
Reif: Ganz bestimmt. Fangen wir mit etwas Grundsätzlichem an: Schottergärten und Rasenroboter sind Dinge, die braucht es überhaupt nicht. Der englische Rasen sollte passé sein, ebenso das Düngen des Rasens. Und natürlich sollte der Unkrautvernichter außen vor bleiben. Wenn das Grundstück groß genug ist, sollte es möglich sein, in einer Ecke mal das Gras höher stehen zu lassen, nur zwei Mal im Jahr zu mähen und die Fläche abzumagern. Dann kommen auch nach einiger Zeit wieder Kräutlein und Wildblumen wie die Margerite und die Wiesenglockenblume, die so wichtig sind für Hummel & Co. Man sollte lernen, manches, was dem eigenen Ordnungssinn zuwiderläuft, zu dulden in dem guten Gewissen: Es dient unseren kleinen Mitgeschöpfen - und damit letztlich auch wieder uns.
Frage: Ohne Insekten, vor allem den Bienen, sähe es düster aus.
Reif: Allerdings, und damit sind nicht nur die Honigbienen gemeint, sondern vor allem ihre wilden Vertreter mit ihrer Bestäubungsleistung. Über 500 Arten gibt es in Bayern, viele sind gefährdet. Das liegt auch an der Verarmung in unserer Landschaft. Es gibt rund 140 Wildbienenarten, die jeweils auf eine einzige Pflanzenart angewiesen sind. Wenn diese fehlt, stirbt auch die Biene.