In Kulmbach steht eine besondere Kuh
Autor: Wolfgang Schoberth
Kulmbach, Dienstag, 16. Juni 2020
Die schlimme Wohnungsnot der 20er Jahre wurde in Kulmbach durch die von Bürgermeister Hans Hacker 1920 gegründete Baugenossenschaft aufgefangen.
           
Auf den wenigen Fotos, die von Hans Hacker erhalten geblieben sind, steht er immer am Rand. Beispiel 1925. Königlicher Besuch hat sich angekündigt: Prinz Alfons von Bayern, dem gute Kontakte zur bayerischen Regierung, speziell dem Finanzministerium, nachgesagt werden, ist mit seiner Entourage im Taxi aus München angereist. Und Zuschüsse für den Städtebau und die angepeilte Umleitung des Mains (Flutmulde), ein 1,6 -Millionen-Projekt, kann Kulmbach dringend gebrauchen.
In der Mitte steht der Prinz, einen Schritt hervorgetreten, stattlich und präsent. Ganz rechts, höflich, zurückhaltend, der Kulmbacher Bürgermeister.
Keine Rampensau
Hans Hacker ist das Gegenteil einer Rampensau. Er ist zurückhaltend, ein sachorientierter Volljurist - vor seiner Wahl hat er als Staatsanwalt in Straubing gearbeitet. Öffentliche Auftritte fallen ihm schwer.
Welten trennen ihn von den vielen völkischen Agitatoren, die sich in den Zwanzigern in Kulmbach die Klinke in die Hand geben. Fast die komplette Nazi-Prominenz ist darunter. Im Februar 1928 heizt Adolf Hitler selbst in der Turnhalle der Realschule die Stimmung an.
Eine Stadt im Aufwind
Fünf Monate nach seiner Ernennung, im Dezember 1920, ruft Hacker die Gemeinnützige Baugenossenschaft Kulmbach ins Leben, um die drängende Wohnungsnot anzupacken. Er selber übernimmt den Vorsitz. Etwa 500 Einwohner hausen in Behelfsquartieren und erhoffen sich eine erschwingliche und zeitgemäße Unterkunft.
Für die Genossenschaft bietet sich als neues Wohngebiet die Blaich an. Die Ortschaft, die seit 1902 zu Kulmbach gehört, ist bis auf einige Einfamilienhäuser und Villen am Südhang der Blaicher Straße sowie einiger Gebäude am Ostende des Ängerleins/Ecke Alte Hofer Straße so gut wie nicht erschlossen. Doch auch wegen der Nähe zur Fleisch- und Wurstfabrikfabrik Sauermann, zur Mälzerei Zeitler und zur Mönchshof-Brauerei mit einer großen Zahl von Arbeitsplätzen ist der Standort ideal.
Das Bauaufkommen ist für das kleine Kulmbach mit seinen bescheidenen Ressourcen bewundernswert: Innerhalb weniger Jahre entstehen mit einem Kostenaufwand von 700 000 Reichsmark 27 Mehrgeschoss-Bauten mit 120 Wohnungen sowie 41 Reihenhäuser.