Druckartikel: "In einem Ort namens Kulmbach"

"In einem Ort namens Kulmbach"


Autor: Wolfgang Schoberth

Kulmbach, Sonntag, 03. Sept. 2017

Der Auftritt Karl-Theodor zu Guttenbergs in seiner Heimatstadt ist in den Wochenendausgaben aller großer deutschen Zeitungen aufgegriffen worden.
Karl-Theodor zu Guttenberg bei seinem Auftritt in Kulmbach Foto: Matthias Hoch


Ob ernst, spitz, spöttisch oder ironisch - in einem sind sich die Kommentatoren einig.

In der "Süddeutschen Zeitung", der Kulmbach nicht unbedingt der Nabel der Welt zu sein scheint, schreibt Wolfgang Witt unter der Überschrift "Gefährlich gut": "Er hat nur seinen ersten von neun Wahlkampfauftritten hingelegt, in der Stadthalle eines Ortes namens Kulmbach, der höchstens für Brauereien bekannt ist, nicht aber für Masseneuphorie.

Er habe lediglich als ,engagierter Bürger' gesprochen, als einer, .der vielleicht banale Dinge zu sagen hat', sagte er. Und doch hat das politische Deutschland anschließend über kaum anderes philosophiert als über die Rückkehr von Karl-Theodor zu Guttenberg. Dabei ging es oft gar nicht mehr um das Ob und Wann, sondern nur noch um die Frage, welches Amt in einer neuen Bundesregierung der CSU-Mann demnächst übernehmen wird".

Für die "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ist der Ex-Verteidigungsminister ein begnadeter Wahlkampfredner, der das politische Showbusiness beherrscht wie kein anderer. Überschrieben ist die Reportage mit einem Zitat Guttenbergs in der Dr.-Stammberger-Halle, "Irgendwann ist auch wieder gut":

"Als er nach sechs langen Jahren endlich wieder da ist, bricht in der Halle ein Jubel aus wie bei Franz Josef Strauß zu seinen besten Zeiten. Karl-Theodor zu Guttenberg federt die Stufen zur Bühne hoch, Jeans, weißes Hemd, dunkles Sakko und der längst obligatorische Dreitagebart, winkt ins Publikum - und zwischen Publikum und Büßer passt schon jetzt kein Blatt mehr. ,Danke, danke für diesen Empfang, den ich nie erwarten durfte und konnte. Es ist schön daheim', ruft Guttenberg, und der Saal tobt.


In Stellung gehen


Auch die größte deutsche Wochenzeitung "Die Zeit" greift das Event in ihrer Online-Ausgabe auf und kommentiert unter der Überschrift "Da bringt sich einer in Stellung":

"Weltgewandt, selbstironisch, angriffslustig, immer ein bisschen über den Dingen schwebend - aber im richtigen Moment auf Stammtischniveau: Guttenberg bringt sich in Stellung, das merken auch seine Zuschauer. Offen ist nur wofür. Und für wann. Denn dass er direkt nach der Bundestagswahl ein Amt übernimmt, gilt als unrealistisch. Aber da ist ja noch die Landtagswahl in Bayern im nächsten Herbst - wobei München eigentlich eine Nummer zu klein für den Weltmann ist. Trotzdem ließ Horst Seehofer, CSU-Chef und Ministerpräsident, bereits durchblicken, dass er seine beiden Posten lieber dem jungen Baron als seinem Dauerwidersacher Markus Söder übergeben würde. Fast egal, welches von beiden Ämtern Guttenberg übernehmen würde: Als Franke hätte er damit das andere Amt für den zweiten Franken Söder blockiert.

Auch für verschiedene ausländische Blätter ist der Wahlkampfauftritt in Kulmbach einen längeren Beitrag Wert. In der "Neuen Zürcher Zeitung" liest man unter der Überschrift "Highlight in Oberfranken: "Guttenberg erteilt sich Absolution":

"Die CSU-Führung hat ihn geholt, nun feiert ihn die Basis: Einem politischen Comeback scheint nichts im Wege zu stehen. Gemutmaßt wird, dass Seehofer Guttenberg als seinen Nachfolger aufbauen will. Der CSU-Chef und Ministerpräsident von Bayern wolle so verhindern, dass sein Konkurrent Markus Söder nach ihm die Führung der Partei übernehme. Auch bundespolitische Ambitionen werden verhandelt. Ob und wie Guttenberg in der CSU tatsächlich weiter Verwendung finden wird, ist unklar. Aber dass Seehofer Guttenbergs Reintegration in die Partei und die Öffentlichkeit vorantreibt und dieser dabei willig mitmacht, ist offensichtlich."