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Hochwasser: Ist die Stadt Kulmbach verantwortlich?


Autor: Jürgen Gärtner, Alexander Hartmann

Kulmbach, Donnerstag, 13. Sept. 2018

Zu klein dimensionierte städtische Kanäle sind für die Hochwasser-Schäden am Achat-Hotel verantwortlich, sagt Rechtsanwalt Thomas Hofmann.
So sah es nach dem Starkregenereignis im Juli 2018 am Achat-Hotel aus.Archiv/Katrin Geyer


"So kann das nicht weitergehen", sagt Thomas Hofmann. Der Kulmbacher Rechtsanwalt vertritt einen der rund 60 Anteilseigner des Achat-Hotels, das in den vergangenen Jahren schon öfter von Überschwemmungen betroffen war. "Seit 2002 hat mein Mandant den dritten Großschaden." Hofmann ist überzeugt, dass zu klein dimensionierte Kanäle schuld sind - und damit die Stadt Kulmbach verantwortlich ist.

Die drei großen Schadensereignisse, von denen Hofmann spricht, haben sich 2002, 2017 und 2018 ereignet. Im Juni 2002 sorgten sturzbachartige Regenfälle in weiten Teilen des Stadtgebiets für chaotische Zustände.

Das Pfingsthochwasser 2017 richtete einen Millionenschaden im Achat-Hotel an. Und erst vor wenigen Wochen waren nach einem Unwetter wieder riesige Wassermassen in den Keller des Hotels gelaufen. Nach Einschätzung von Thomas Hofmann wird das nicht das letzte Mal gewesen sein: "Dass sich das wiederholt - die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering."

"Das sieht Rechtsprechung so"

Für den Kulmbacher Rechtsanwalt sind diese drei zeitlich relativ nahe beieinanderliegenden Ereignisse der beste Beweis dafür, dass es sich nicht um ein Jahrhunderthochwasser handelt, wie gerne behauptet werde. "Das sieht auch die Rechtssprechung so", betont er.

Und nicht nur die, sagt Hofmann und verweist auf einen Leserbrief von Architekt und Sachverständigem Jürgen Öhrlein aus Rothwind, der in der Wochenendausgabe Bayerischen Rundschau vom 21./22. Juli 2018 veröffentlicht wurde. Darin macht Öhrlein eine verfehlte Abwasserpolitik der Stadt Kulmbach verantwortlich, die großflächige Bodenversiegelungen erlaube und auf eine gesplittete Abwassergebühr verzichtet habe. Die Folge: häufiges Hochwasser.

Mit seinem Leserbrief hat Öhrlein dem Rechtsanwalt aus der Seele gesprochen und ihm ein Mosaiksteinchen geliefert, das ihm in Zukunft möglicherweise zupass kommen könnte.

Denn Hofmann hat ein sogenanntes selbstständiges Beweisverfahren losgetreten, mit dem seinen Worten zufolge relativ schnell Schäden und Verantwortlichkeiten durch einen Sachverständigen festgestellt werden können. "Dieses Verfahren diene als Vorbereitung für eine mögliche Klage gegen die Stadt Kulmbach - die aber nicht zwingend kommen muss", erklärt er. Die entsprechende Antragsschrift hat Hofmann bei der Abteilung für Zivilsachen am Landgericht Bayreuth eingereicht, die das Schreiben an die Stadt Kulmbach weitergeleitet hat. Deren Stellungnahme liegt dem Anwalt schon vor.

Wie unser Portal erfahren hat, beantragen die Stadtwerke, dass der Beweisantrag kostenpflichtig zurückzuweisen ist. Deren Leiter Stephan Pröschold erklärt auf Anfrage unserer Zeitung, dass er sich zu dem konkreten Fall nicht äußern kann, "weil es sich um ein laufendes Verfahren handelt".

"Nach dem Stand der Technik

Generell macht er jedoch deutlich, dass es sich 2002, 2017 und auch 2018 um Starkregenfälle gehandelt habe, "die nach den zur Verfügung stehenden Messungen jeweils über den hundertjährigen Regenereignissen lagen".

Die Stadtwerke erfüllten bei den Planungen des Kanalnetzes die technischen Vorgaben und Anforderungen für die Bemessung der Kanalquerschnitte. "Derzeit werden die Kanäle nach dem Stand der Technik auf ein fünfjähriges Regenereignis ausgelegt." Starkregen, die sich im Bereich eines hundertjährigen Regenereignisses bewegen, könnten und müssten durch das Kanalsystem nicht abgeführt werden. "Es liegt auch in der Verantwortung des Eigentümers, hier Vorsorge zu treffen."

Das Kanalnetz auf ein hundertjähriges Ereignis auszulegen, das würde Kosten von 365 Millionen Euro verursachen.