Herr Schäck, erklären Sie uns den Affenzirkus!
Autor: Stephan Tiroch
Kulmbach, Dienstag, 29. Oktober 2019
Keiner blickt mehr durch im Brexit-Drama. Klaus Schäck, Kulmbacher Professor für Finanzwesen, nimmt Stellung.
Gehen oder bleiben? Mit oder ohne Abkommen? Die Briten und ihr Brexit nerven gewaltig. Am 31. Oktober sollte endgültig Schluss sein. Raus aus der EU. Aber das britische Parlament in London kriegt's wieder nicht hin. Erst keine Neuwahl, jetzt doch am 12. Dezember. Kein Mensch blickt mehr durch im Brexit-Drama.
Spinnen die Briten? Besser als der englische Street-Art-Künstler Banksy könnte man es nicht beschreiben: ein Affenzirkus (Bild). Er malte das Unterhaus voller Schimpansen. Bei einer Auktion wurde das große Ölgemälde vor kurzem für 9,8 Millionen Pfund (11 Millionen Euro) versteigert.
Live und vor Ort erlebt Klaus Schäck (43) die Brexit-Debatte. Der Professor für Finanz- und Bankwesen stammt aus Katschenreuth und hat bei der Sparkasse Kulmbach gelernt. Seit 2002 lebt der Wissenschaftler in Großbritannien und lehrt jetzt an der Universität von Bristol in Südwestengland. Zwischen Bundesbankkonferenz und Gesprächen bei der norwegischen Zentralbank stand uns der Experte für Finanzstabilität für ein Interview zur Verfügung: Herr Schäck, erklären Sie uns den Affenzirkus!
BR: Herr Schäck, haben Sie auch die Nase voll von dem Zirkus im britischen Parlament?
Klaus Schäck: Ja, es führt zu ganz extremer Unsicherheit. Dadurch, dass die Debatte nicht endet, überlegt man, wie willkommen man noch in Großbritannien ist. In meinem Umfeld können die meisten Leute das Thema nicht mehr hören. Es ist verantwortungslos, was sich die Politik in Großbritannien leistet. Bei der politischen Debatte wird oft vergessen, dass es letztendlich um Menschen und Existenzen geht und um drei Millionen Europäer, die auf der Insel in Unsicherheit gelassen werden.
Immerhin hat das Unterhaus einen ungeregelten Brexit verhindert. Glauben Sie, dass ein No-Deal-Brexit vom Tisch ist?
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Ich halte es einerseits für extrem unwahrscheinlich. Andererseits gilt Premierminister Boris Johnson als jemand, dem man nicht vertrauen kann. Und die Opposition ist sich ebenfalls nicht einig.