Druckartikel: "Heimat ist da, wo man sich sicher fühlt"

"Heimat ist da, wo man sich sicher fühlt"


Autor: Martin Kreklau

Kulmbach, Sonntag, 03. Juli 2022

Ein Thurnauer Stabsunteroffizier im Heimatschutz erklärt die Aufgaben seiner Einheit und wie sie sich auf den Ernstfall vorbereitet.
Zu den Aufgaben des Heimatschutzregiments 1 gehört es auch, Liegenschaften der Bundeswehr zu schützen.


Mit dem 24. Februar dieses Jahres - dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine - hat sich die Welt grundlegend geändert. Und im Angesicht einer konkreten Bedrohung ist die Bundeswehr wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt.

Was viele nicht wissen: Bei der Umstrukturierung der territorialen Reserve war Franken Vorreiter: Bei einem Pilotprojekt, das 2019 startete, wurden die drei Heimatschutzkompanien aus den fränkischen Regierungsbezirken zum Landesregiment Bayern zusammengefasst. Das Projekt war aus Sicht der Bundesregierung ein Erfolg - vor kurzem sind daher die Kompanien aus den restlichen Regierungsbezirken hinzugekommen. Es entstand das Heimatschutzregiment 1. Hier dient der Reservist Markus Pastirmaci (41) aus Thurnau. Der Stabsunteroffizier erklärt im Gespräch mit der Bayerischen Rundschau, wo die Aufgaben der territorialen Reserve liegen und was sie im Vergleich zur aktiven Truppe aus seiner Sicht auszeichnet.

Was macht Heimat für Sie persönlich aus?

Markus Pastirmaci: Heimat ist das, wo ich wohne, wo ich meine Familie habe, wo ich mein Umfeld und meine Freunde habe. Ich habe so gesehen zwei Heimaten: Ich komme aus dem Raum Nürnberg, lebe mit meiner Lebensgefährtin aber in Thurnau. Heimat ist da, wo man sich zu Hause fühlt, wo man sich auskennt. Und: wo man sich sicher fühlt. Ich möchte meine Heimat unterstützen - egal in welcher Funktion. Ich mache beispielsweise verschiedene Ehrenämter. Mir ist es aber auch - aus Bundeswehrsicht - wichtig, dass Deutschland sicher bleibt. Ich habe damals meinen Grundwehrdienst geleistet und habe festgestellt, dass diese Arbeit etwas ist, das ich auch weiter begleiten möchte - etwas zu tun für mein Land.

Was ist die Aufgabe des Heimatschutzregiments 1?

Es besteht aus den sieben bayerischen Heimatschutzkompanien, für jeden Regierungsbezirk eine. Hinzu kommen eine Unterstützungskompanie und eine Stabsversorgungskompanie sowie eine Sanitätsstaffel und der Führungsstab. Mit der Umstrukturierung soll die Reserve gestärkt und neu aufgebaut werden. Ähnliche Strukturen gab es bereits vor 2007, die dann im Zuge der Wehrreform abgeschafft worden sind. Die Aufgaben des Heimatschutzes sind vielfältig. Zum einen geht es um das Thema Katastrophenschutz, wie beispielsweise Fluten. Auch bei der Corona-Pandemie haben wir in verschiedenen Funktionen geholfen. Wir unterstützen auch befreundete Streitkräfte, beispielsweise bei Truppenverlegungen. Wir stellen dabei etwa Begleitschutz oder übernehmen Sicherungsaufgaben. Zudem gehört zu unseren Aufgaben, kritische Infrastruktur zu schützen - in erster Linie Bundeswehrliegenschaften oder Liegenschaften von Verbündeten auf bayerischem Boden. Alles im Inland, wir gehen nicht in den Auslandseinsatz.

Was wäre im Verteidigungsfall?

Das Äußerste, was kommen könnte - und das wollen wir alle nicht hoffen -, wäre die Landesverteidigung an sich. Das heißt: Wir würden die Grenzen sichern und beispielsweise in Kasernen die Telefone besetzen, die Wache stellen oder auch die Ausbildung übernehmen. Damit die aktiven Soldaten ihre jeweiligen Aufgaben wahrnehmen können, je nachdem welcher Waffengattung sie angehören.

Die weltpolitische Situation hat sich grundlegend geändert. Welche Auswirkungen hatte das auf den Heimatschutz?

Es gibt keine speziellen Vorkehrungen. Wir machen wie gewohnt unsere regelmäßigen Ausbildungen und Übungen. Es ist natürlich Thema in der Truppe und es wird auch darüber diskutiert. Aber beeinflusst hat es uns in dem Sinne noch nicht, weil das die Sicherheits- und Gefährdungsstufe aktuell gar nicht hergibt.

Wie nehmen Sie die Situation wahr?

Ich bin ja sowohl Soldat als auch Zivilperson. Wohl fühle ich mich bei der ganzen Situation natürlich nicht. Niemand möchte Krieg, und schon jetzt betrifft es jeden einzelnen von uns. Man merkt, dass nichts mehr so ist wie vorher. Für mich persönlich hat sich aber nichts verändert. Es ist mein Beruf und ich stehe dazu. Wenn man sich für soetwas entscheidet, weiß man auch, dass immer etwas kommen kann.

Was machen Sie abseits der Bundeswehr beruflich?

Ich komme aus der Hotellerie und habe zehn Jahre in einem großen Konzern gearbeitet. Ich war in ganz Deutschland und Österreich unterwegs, wollte aber die Gelegenheit nutzen, wenn sich etwas in Ober- oder Mittelfranken ergibt, um mit meiner Lebensgefährtin zusammenziehen. Ich hatte auch etwas gefunden, doch wegen Corona wurde ich in der Probezeit gekündigt. Ich habe dann bei der Bundeswehr angerufen, die gerade auf der Suche nach einer Unterstützungskraft für den Organisationsfeldwebel war. Der hatte wegen der Umstrukturierung viel zu tun.

Was macht aus Ihrer Sicht die Reserve aus?

Wir sind alles Menschen, die mitten im Leben stehen. Wir sind keine 18 Jahre alt, wo man noch nicht alles vom Leben gesehen hat und gerade mit der Schule oder der Ausbildung fertig ist. Es ist toll, welche Fähigkeiten wir in der Reserve haben, die die Kameraden aus ihrem zivilen Leben mitbringen. Die Stabsversorgungskompanie hat beispielsweise Köche. Da ist einer dabei, der selbst mehrere Restaurants besitzt - das ist natürlich super. Selbst mit den begrenzten Möglichkeiten ist das ein Traum, wenn der kocht.

Wollen angesichts der politischen Lage mehr Menschen in die Reserve eintreten?

Interessanterweise ja. In Oberfranken haben sich seit Kriegsbeginn in der Ukraine 62 Kameraden gemeldet, dass sie neben den Veranstaltungen des Reservistenverbands gerne mehr tun würden.