Hasch im Geldbeutel kommt jungem Kulmbacher teuer
Autor: Stephan-Herbert Fuchs
Kulmbach, Freitag, 01. Sept. 2017
Das Amtsgericht verurteilt den früheren Chef der "Kulmbacher Bahnhofsbande" wegen Drogenbesitzes zu einer Bewährungsstrafe.
Er war der Chef der "Kulmbacher Bahnhofsbande", die Anfang 2014 zwischen Bahnhof und Zob für Furore gesorgt hatte. Am Freitag stand der mittlerweile 21-Jährige erneut vor Gericht. Weil er mehrere kleinere Mengen Haschisch zum Eigenverbrauch erworben hatte, wurde er zu einer Bewährungsstrafe von vier Monaten und 80 Sozialstunden verurteilt.
Selbstverständlich war die Strafhöhe nicht, denn der junge Mann hatte bereits zehn Vorstrafen und war zuletzt zu einer Jugendstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt worden, von der ein Teil noch als Bewährung offen ist.
Keine günstige Sozialprognose
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft wollte den Angeklagten deshalb auch am liebsten wieder im Gefängnis sehen. "Eine günstige Sozialprognose sehe ich nicht", sagte sie. Kaum sei der junge Mann Ende September 2016 aus dem Knast gekommen, sei er im Dezember schon wieder straffällig geworden. Auch in den Entzugskliniken, in denen er sich seitdem aufhielt, soll er sich nicht immer an die Regeln gehalten haben. Die Anklagevertreterin forderte deshalb eine Freiheitsstrafe von vier Monaten ohne Bewährung.
Eine ganz andere Verteidigungsstrategie fuhr Anwalt Alexander Wiese aus Jena. Er wollte einen Paragrafen des Betäubungsmittelgesetzes geltend machen, in dem der Erwerb von "weichen Drogen" in geringer Menge zum Eigenverbrauch unter bestimmten Umständen straffrei gewertet werden kann. Sein Mandant habe sein Unrecht erkannt, sei aus der Szene heraus und gehe inzwischen den harten Weg der Therapie, begründete der Verteidiger seinen Antrag, von einer Bestrafung komplett abzusehen.
Die "bayerische Linie"
Richterin Sieglinde Tettmann ließ sich darauf nicht ein. Sie vertrat die "bayerische Linie", soll heißen: Wehret den Anfängen. "Niemand darf auf die Idee kommen, ein einziger Joint sei nur ein Kavaliersdelikt." Für den Angeklagten sei eine kurze Freiheitsstrafe absolut notwendig, weil der junge Mann einfach noch nicht stabil genug sei. Dazu bedürfe es noch eines langen und holprigen Weges.
Konkret wurde der Angeklagte wegen des fünfmaligen Erwerbs von jeweils einem Gramm Haschisch zum Preis von jeweils zehn Euro bestraft. Im April war der Mann im Bereich des Omnisbusbahnhofs kontrolliert worden, weil er ein 13-jähriges Mädchen angesprochen hatte, ob sie mal von seinem Joint ziehen möchte.
Im Einkaufszentrum "Fritz" habe man den Angeklagten dann mit dem restlichen Joint und einem knappen Gramm Haschisch im Geldbeutel angetroffen, so berichtete es der ermittelnde Beamte der Kulmbacher Polizeiinspektion. Der Angeklagte habe damals seinen Verkäufer genannt und in dessen Facebook-Profil identifiziert, die Staatsanwaltschaft ermittle bereits.
Seit Mai völlig abstinent
Mittlerweile sei er in einer Suchtklinik in Leipzig untergebracht, berichtete der Angeklagte. Nach seinem Gefängnisaufenthalt sei er nicht mehr klargekommen, deshalb habe er sich schon während der Haft um einen Therapieplatz bemüht. Für die Zeit danach kümmere er sich bereits jetzt um eine Wohnung, einen Job und eventuell auch um einen Ausbildungsplatz, so beteuerte es der junge Mann. Seit Anfang Mai lebe er völlig abstinent von Drogen und Alkohol.
Richterin Sieglinde Tettmann entschied sich in ihrem Urteil für den klassischen Mittelweg. Sie blieb bei vier Monaten, setzte die Freiheitsstrafe allerdings auf Bewährung aus. Der Angeklagte habe schon im Ermittlungsverfahren gestanden, habe offene Worte zu seinem Drogenproblem gefunden und eine Therapie in Angriff genommen. "Das alles war die einzige Chance auf Bewährung", sagte Tettmann. Das lange Vorstrafenregister hätte eher dagegen gesprochen.
Als Bewährungsauflage muss der Angeklagte 80 Stunden gemeinnützige und unentgeltliche Arbeit ableisten, zusätzlich gab ihm die Richterin auf, die begonnene Therapie fortzusetzen und nicht selbst schuldhaft abzubrechen.