Harter Kampf um Altkleider in Kulmbach
Autor: Thomas Heuchling
Kulmbach, Mittwoch, 01. Oktober 2014
Der Markt mit Altkleidern boomt. Auch im Kulmbacher Raum konkurrieren gemeinnützige und gewerbliche Sammler, um die wertvolle Ware. Aber nicht jeder spielt dabei mit offenen Karten und hält sich an die Regeln.
So kurz vor dem Winter misten viele Menschen ihren Kleiderschrank aus. Ab damit in den nächsten Altkleidercontainer und die gebrauchten Klamotten sind einem vermeintlich guten Zweck zugeführt. Doch ganz so einfach ist es nicht. Im Altkleidermarkt steckt viel Geld und das hat Folgen: Es geht um aufgebrochene und illegal aufgestellte Container und um Tonnen von alten Jeans, Pullovern und T-Shirts, um die in Kulmbach und im Landkreis gemeinnützige Organisationen und gewerbliche Unternehmen konkurrieren.
Es sind 21 Gewerbliche und elf Gemeinnützige, die beim Landkreis Kulmbach eine Anzeige für das Sammeln von Altkleidern gestellt haben, sagt Ralf Schröter vom Sachgebiet Umweltschutz. Die Übermacht der Gewerblichen zeigt sich auch in der Stadt und den Gemeinden: An Supermärkten und Straßenecken sind sie häufiger zu finden, als die der gemeinnützigen Sammler.
Seit 2012 besteht laut dem Kreislauf-Wirtschaftsgesetz eine Anzeigepflicht für Wertstoffsammlungen, also auch für Kleidersammlungen in Containern oder auch bei jenen mit Beuteln oder kleinen Tonnen auf der Straße.
Solch eine Anzeige müsse nur einmal gemacht und bezahlt werden, so Schröter. Für gewerbliche Sammler koste es zwischen 100 und 1000, für gemeinnützige 10 bis 500 Euro. Die Summe könne die Behörde nach Ermessen festlegen. Meist werde ein Betrag im unteren Bereich erhoben, erklärt Schröter. Danach müssten die sammelnden Firmen dem Sachgebiet Abfallwirtschaft die Orte melden, an denen sie Container aufstellen.
Wilde Sammelstellen
Und spätestens da weicht manchmal die Praxis von der Theorie ab. Das Aufstellen müsse mit dem Grundstückseigentümer abgestimmt werden.
Aber Schröter und die Kollegen vom Ordnungsamt kennen erboste Anrufe von Privatleuten, auf deren Grundstück einer der beigefarbenen Container aufgetaucht ist.
Das Ordnungsamt sei eigentlich nur zuständig, wenn die Container im öffentlichem Raum aufgestellt werden. Bei Verstößen auf privatem Grund versuche man zu vermitteln, wenn man den Aufsteller finden kann, so Schröter. In den vergangenen zwei Jahren sei das Phänomen der wild aufgestellten Sammelcontainer schlimmer gewesen, seit Jahresanfang etwas zurückgegangen, so Schröter.
Das Ausfindigmachen eines Aufstellers ist gar nicht so einfach: Ein unscheinbarer beigefarbener Container steht in der Ausfahrt eines Supermarktes in der Albert-Ruckdeschel-Straße. "Kleider und Schuhe" steht groß darauf.
Nur wer genauer hinschaut und ein wenig in die Hocke geht, erkennt auf einem kleinen Aufkleber den Namen einer Firma: "Leitex KG" aus Eichenzell im Landkreis Fulda. Eine kostenpflichtige Nummer steht darunter. Dort geht nur ein Anrufbeantworter an den Apparat.
Auf den Rückrufwunsch der BR hat sich nach Tagen immer noch niemand gemeldet. Eine Internetseite ist auch nicht zu finden. Ob dieser Container illegal aufgestellt ist, lässt sich nicht herausfinden. Eine transparente Geschäftspolitik sieht jedoch anders aus. Solche Praktiken kennt auch Günter Söllner, Leiter der Abfallwirtschaft: "Oft sind es dubiose Firmen."
Pilotprojekt im Landkreis
Auch deshalb habe der Landkreis im November vergangenen Jahres mit den Maltesern und dem BRK ein Pilotprojekt mit zehn gekennzeichneten Container gestartet.
Man wolle weiße Flecken auf der Container-Landkarte füllen und einen Appell an die Bürger richten, diese Container zu nutzen, erklärt Söllner. Die Leerung, das Sortieren und Verwerten übernehme die Firma FWS.
Nicht unüblich, denn auch eine Arbeitsgemeinschaft aus Kolping, BDJK und BRK aus dem Kronacher Landkreis arbeitet seit Jahren mit FWS zusammen. Aus Bremen kommend, hat das Unternehmen im ganzen Bundesgebiet Niederlassungen. FWS ist unter anderem vom TÜV-Nord zertifiziert. Noch bekomme das Kulmbacher Projekt einen kleinen Obolus für Altkleider. Die Kronacher Arbeitsgemeinschaft bekommt schon länger eine Grundgebühr pro Container und einen Anteil an der Tonnage. Ende des Jahres wolle man in Kulmbach das Projekt auswerten.
Von der Vorstellung, dass Hosen oder Pullover, die karitativen Einrichtungen gespendet werden, ausschließlich anderen Menschen als Kleidung dienen, müssen sich die Spender verabschieden.
Industrielle Verarbeitung
Auf der Internetseite von FWS sind alle großen gemeinnützigen Organisationen in Deutschland als Partner aufgeführt. Firmen wie FWS übernehmen die komplexe Verwertungskette der Altkleider. Die werden in über 20 Kategorien sortiert und auf unterschiedlichste Art, zum Beispiel in der Autoindustrie oder als Dämmmaterial verwertet. Trotz der Globalen Verarbeitungskette von Altkleidern können Bürger bis zu einem gewissen Punkt Einfluss darauf nehmen, was mit ihrer alten Kleidung geschieht.
Altkleider in der Region lassen
Bei den über 60 Containern, die das BRK im Landkreis Kulmbach hat, bleibe ein
Teil der Kleidung in der Region, sagt Maximilian Türk, Verwaltungsleiter beim BRK. Als Alternative können die Bürger ihrer Altkleider in den Geschäftsstellen in Kulmbach oder Neudrossenfeld oder bei Haussammlungen abgeben, so Türk.
Die Verwertungskette übernimmt das BRK größtenteils selbst: Ehrenamtliche Helfer leeren die Container, ein Teil der Klamotten gehe in den Kleiderladen, ein anderer in die BRK-Depots in ganz Bayern, wo sie für Katastrophenfälle gesammelt werden. Unbrauchbare Reste entsorgt eine Firma und mache daraus Dämmmaterial oder Putzlappen, erklärt Türk.
Er kennt die Probleme des Altkleider-Marktes: "Sechs bis acht Mal im Jahr wird einer unserer Container aufgebrochen." Ein weiteres Ärgernis sei auch eingeworfener Müll, der die Kleidung oft unbrauchbar mache. Türk will die gewerblichen Mitbewerber nicht unter Generalverdacht stellen.