Druckartikel: Gute Leistung gibt's nicht billig

Gute Leistung gibt's nicht billig


Autor: Dagmar Besand

Kulmbach, Montag, 05. Januar 2015

Seit 1. Januar bekommen Bedienungen, Putzpersonal und Küchenhilfen mehr Geld. Die Gastronomen im Raum Kulmbach zahlen zuverlässigem Personal gerne etwas mehr. Ihnen sind zuverlässige und zufriedene Mitarbeiter wichtig.
Rebecca Stadthaus jobbt neben ihrem Beruf als Ergotherapeutin in der "Kommunbräu". Dass sie dafür jetzt 50 Cent pro Stunde mehr verdient, freut die Kulmbacherin. Foto: Dagmar Besand


Sie müssen schnell sein, aufmerksam, auch im größten Trubel und mit einem Stapel Tellern auf dem Arm immer freundlich - und das oft bis spät in die Nacht. Ob festangestellte Mitarbeiter oder Aushilfen - seit 1. Januar bekommt auch in der Gastronomie kein Beschäftigter weniger als 8,50 Euro Stundenlohn.

Die meisten Arbeitgeber der Branche haben der Umstellung gelassen entgegen gesehen, denn viele zahlten schon vor der Umstellung Stundensätze nahe am jetzt gültigen Mindestlohn. "Gute Arbeit muss auch anständig bezahlt werden", sagt Frank Stübinger von der "Kommunbräu". Treues, tüchtiges und zufriedenes Personal sei wertvoll für jeden Betrieb. Die Jobs in Service und Küche seien nicht leicht. "Bei uns muss man richtig hart arbeiten können, wenn das Haus voll ist.

Trotzdem soll es natürlich auch Spaß machen, und deshalb lege ich großen Wert auf ein gutes Arbeitsklima."

Stübinger bezahlte seinen Aushilfen in Küche und Service bisher schon acht Euro pro Stunde. "Dazu kommt das Trinkgeld, das voll ausgezahlt wird, nicht nur an den Service, sondern auch an die Küche."

Elf fest angestellte Mitarbeiter hat die "Kommunbräu". Dazu kommen rund 30 Kräfte auf 450-Euro-Basis, die ein bis zwei Mal in der Woche im Einsatz sind. "In der Gastronomie muss man flexibel sein. Das geht allein mit festangestellten Kräften nicht." Trotzdem müsse jeder alles können und alles wissen, damit im täglichen Betrieb alles rund läuft. Stübinger sorgt deshalb dafür, dass auch die Aushilfen gut ausgebildet werden.

Zu diesen flexiblen Kräften gehört Rebecca Stadthaus. Die Ergotherapeutin jobbt einmal pro Woche in der Gaststätte. Sie mag diese Arbeit, behält selbst beim größten Andrang den Überblick, hat ein Lächeln für jeden Gast. Die Kulmbacherin freut sich über die zusätzlichen 50 Cent pro Stunde, "aber mit acht Euro waren wir auch bisher schon nicht schlecht dran".


Tarif liegt über dem Mindestlohn


Bei fest angestellten Mitarbeitern ist der Mindestlohn in der Branche eigentlich kein Thema mehr, sagt der Kreisvorsitzende des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands, Stephan Ertl. Der Verband und die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) haben sich auf einen neuen Tarifvertrag für Bayerns Hotellerie und Gastronomie geeinigt, der seit August gilt. "Unsere Tariflöhne liegen alle über dem Mindestlohn."

Anders sieht es bei geringfügig Beschäftigten aus. Hier gebe es vor allem auf dem Land nicht wenige Betriebe, die bislang nur etwa sieben Euro bezahlt haben und für die 8,50 Euro pro Stunde plus Sozialabgaben schwer zu verkraften seien.

Die geringsten Probleme haben nach Stephan Ertls Erfahrung die Familienbetriebe, die bei Bedarf auf die Mithilfe von Angehörigen zählen können und dann auch mal ohne Zusatzpersonal auskommen.

Und wie sieht es in Stephan Ertls eigenem Betrieb aus, dem Hotel Ertl in Kulmbach? "Wir sind ein Familienbetrieb in der fünften Generation. Die Küche betreiben wir nur für Veranstaltungen und arbeiten dann ebenfalls mit Aushilfen." Bisher verdienten Zimmermädchen und Küchenhilfen bei ihm acht Euro.


Auf dem Land ist es schwer


Je ländlicher die Gegend, desto schwieriger ist es, die Mehrkosten durch den Mindestlohn zu erwirtschaften. "Der Preis und der Service spielen die entscheidende Rolle für unsere Gäste", weiß Christine Martin vom Martinshof im Stadtsteinacher Ortsteil Vorderreuth. "In der Hauptsaison können wir den Mindestlohn schon zahlen, aber wir müssen insgesamt sehr gut kalkulieren, um zu überleben."

Allerdings ist nicht nur die Höhe des Mindestlohns ein Problem für die Geschäftsführerin des Martinshofs, die den Aushilfen je nach Tätigkeit bisher sieben bis 8,50 Euro bezahlte: "Es ist schwer für uns, überhaupt Aushilfen zu finden." Das gleiche gilt für Lehrlinge: "Wir suchen schon seit zwei Jahren einen Auszubildenden als Fachkraft im Gastgewerbe."

Die Erhöhung der Lohnkosten ist nicht das einzige Problem der Gastronomen. Mit dem Mindestlohn kam auch die Aufzeichnungspflicht: "Wir müssen jetzt für jeden Mitarbeiter genau festhalten, wann seine Arbeitszeit beginnt, wann sie endet, welche Pausen er hat", so Stephan Ertl. Auf diese Weise soll der Zoll besser kontrollieren können, ob der gezahlte Lohn auch den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden entspricht.


Bürokratie wird zur Plage


Während er den Mindestlohn "absolut in Ordnung" findet, ärgert sich Frank Stübinger über die überbordende Bürokratie. "In einer Traditionsgaststätte wie unserer ist es durchaus relevant, ob eines meiner Gerichte von mir gekocht ist. Statt in der Küche verbringe ich aber die Hälfte meiner Zeit im Büro und fülle Formulare aus. Stundenlisten, Gefährdungsbeurteilungen für jeden Arbeitsplatz, Allergen-Verordnung... Das hört gar nicht mehr auf und verhagelt einem den Spaß an der Arbeit."