Günther Maria Halmer: Ein Widerborstiger macht seinen Weg
Autor: Werner Reißaus
Kulmbach, Freitag, 17. November 2017
Günther Maria Halmer stellte in Kulmbach seine Autobiografie vor.
Günther Maria Halmer ist wohl einer der beliebtesten deutschen Schauspieler. Vor allem seine Rollen als "Tscharlie" in Helmut Dietls "Münchner Geschichten" und als Anwalt Abel in der gleichnamigen ARD-Serie machten den gebürtigen Rosenheimer berühmt. Am Donnerstagabend stellte Halmer mit einer beeindruckenden Lesung in der Buchhandlung Rupprecht sein Buch "Fliegen kann jeder - Ansichten eines Widerborstigen" vor.
Die Autobiografie Halmers fesselte die Besucher nahezu zwei Stunden, so unterhaltsam und auch zeitgeschichtlich interessant war sie. Maria Rupprecht: "Sie ist sehr schön geschrieben, ich kann sie deshalb jedem empfehlen. Und ich kann das Buch auch allen Eltern empfehlen, die manchmal verzweifeln mit ihren jugendlichen Kindern, die vielleicht die Schule abbrechen oder sonst irgendwas machen, was nach Meinung der Eltern nicht so gut ist für einen glatten, schönen Lebenslauf. Das hat er auch gemacht, er hat öfter etwas abgebrochen, er ist öfter irgendwo rausgeflogen und es ist trotzdem was aus ihm geworden. Viele bewundern ihn heute, viele haben großen Respekt vor ihm und ich bin mir ganz sicher, dass der Respekt bei allen, die sich mit ihm beschäftigen, noch größer wird."
Seine frühen Jahre waren gezeichnet von Niederlagen, denn überall flog er raus: aus Gymnasien, der Hotelfachschule und selbst in seiner 18-monatigen Bundeswehrzeit schaffte er es nicht zum Gefreiten, ein Dienstgrad, den eigentlich jeder erreichte."
Halmers Weg zum Ruhm war mehr als steinig. Als Sohn einer warmherzigen Mutter und eines strengen Vaters wurde er zum Widerborstigen, Heuchelei und Anpassung waren ihm immer fremd. Das stählte seinen Sinn für Wahrhaftigkeit, bescherte ihm aber auch viele Niederlagen, ohne die er aber wohl nie seine Bestimmung gefunden hätte. Nachdenklich und zugleich auch sehr unterhaltsam erzählte Günther Maria Halmer aus seinem Leben. Von den frühesten Erinnerungen an die letzten Kriegsjahre und die Zeit danach, als er durch GIs das erste Mal mit Amerika in Berührung kam.
Die Auswanderung nach Kanada veränderte den jungen Halmer, als er mit Menschen aus zwei Dutzend Nationen in einem Asbestwerk schuftete und erstmals in seinem Leben richtig Geld verdiente. Als es ihn dann nach drei Jahren wieder in seine Heimat zog, gab es ein Schlüsselerlebnis, als er sich von einem kleingewachsenen und keineswegs gut aussehenden Österreicher verabschiedete und der ihm zu verstehen gab, er wird Schauspieler in Hollywood. Das war gewissermaßen die Initialzündung, eine Schauspielausbildung zu beginnen, denn schon als Junge war er begeistert von Theater und Kino.
Die Kinos in seiner Heimatstadt Rosenheim kannr er in- und auswendig und manche Filme hatte er sich mehrfach angesehen. Günther Maria Halmer wurde als Schauspieler eine feste Größe im deutschen Film, und er hat auch in Hollywood an der Seite von Meryl Streep, Omar Sharif oder Ben Kingsley gespielt.
Wenn das Leben Günther Maria Halmers eine Botschaft bereithält, dann ohne Zweifel diese: Man kann oft hinfallen, und man kann jedes Mal wieder aufstehen, denn letztendlich sind es nicht die Siege, sondern die Niederlagen, die den Menschen im Leben voranbringen und am Ende die Erfolge ausmachen.
Mit dem Rückblick auf sein eigenes Leben habe sich Halmer selbst wieder kennengelernt: "Neu kennengelernt und das ist doch schon ganz toll, wenn man über 70 ist und sich plötzlich wieder als Zwölf- oder 16-Jähriger erinnert, warum ist das alles so passiert und warum ist das Leben so geworden, wie es eben ist. "
Halmer stieg in die Lesung mit der Szene eine, als er als 24-jähriger im März 1967 vor einem heruntergekommenen Haus mitten im Herzen Münchens stand, nur einen Steinwurf von der Maximilianstraße entfernt: "Mit weichen Knien und dem Herz in der Hose hielt ich vor dieser mit grauer Ölfarbe gestrichenen Tür inne. Das also war die berühmte Falckenberg-Schauspielschule.
Und jener Tag war für das Leben von Günther Maria Halmer entscheidend: "Es war das aller-, aller-, allergrößte Gefühl, das ich jemals in meinem ganzen Leben hatte. Da sind die ganzen Steine von meinem Leben gefallen und da habe ich erst gemerkt, wie viel Verkrampfung, wie viel Frustration ich auf der Seele hatte."