Was bedeuten die grünen Kreuze auf den Feldern?
Autor: Jochen Nützel
Kulmbach, Dienstag, 24. Sept. 2019
Immer mehr grüne Kreuze stehen an Ackerrändern. Was hat es damit auf sich?
Nein, an dieser Stelle hat niemand seine besondere Liebe zu einem Verstorbenen bekundet, wie es ein Scherzbold ausdrückte angesichts des grünen Kreuzes, das im XXL-Format an der Staatsstraße nach Krumme Fohre steht. Dennoch hat das Symbol einen traurigen Hintergrund: Es soll ein Mahnmal sein dafür, was der Bauernschaft aufgebürdet werde, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des neuen Agrarpakts als Folge des Volksbegehrens "Rettet die Bienen". Das seien: immer strengere Auflagen beim Einsatz von Spritz- und Düngemitteln oder dem Ausbringen von Gülle, dazu überbordende Bürokratie, die den Landwirten kaum noch Zeit für die eigentliche Arbeit lasse.
Gegen den Auflagendruck
Gerhard Reif hat solche Kreuze auf einigen seiner Felder aufgestellt. Die Aktion, die ein gewisser "Bauer Willi" aus Nordrhein-Westfalen vor einiger Zeit publikumswirksam über seinen Internet-Blog startete, um auf die prekäre Situation gerade kleiner und mittelständischer Höfe hinzuweisen, hält der Landwirt aus Gößmannsreuth für eine gute Sache. "Es soll verdeutlichen, dass unsere Branche unter dem Auflagendruck kaputtgeht". Es müsse Schluss sein mit dem Bauern-Bashing, sagt er. "An allem sind wir Landwirte schuld, selbst wenn einer bei Rot über die Straße läuft."
Aus den Worten Reifs, der seinen Hof und 120 Hektar Fläche bewirtschaftet sowie Dienstleistungen für Kollegen anbietet, spricht tiefer Frust. "Ich warte auf die nächste Vorgabe, dass wir nur einmal im Jahr, im Frühling, unsere Gülle ausbringen dürfen. Aber hey, macht ja nix, bauen wir halt für 50000 Euro einfach noch eine neue Grube. Wir Bauern hams doch! Mal ehrlich, was müssen wir uns an fachlichem Unsinn noch zumuten lassen? Pflanzen brauchen das ganze Jahr Dünger - und Gülle ist der natürlichste überhaupt. Damit schließt sich ein Biokreislauf."
Positive Rückmeldungen
Dem Landwirt fährt die "Regulierungswut" nicht zuletzt der Politik die Nase hoch. "Sie finden immer noch was zum Reglementieren und noch was zum Sanktionieren. Als wären wir Verbrecher." Aus diesen Gründen hat er sich entschieden, die Kreuz-Aktion zu unterstützen. "Ich habe positive Rückmeldungen bekommen, die Leute bleiben stehen, unterhalten sich mit mir und fragen nach, warum ich es so mache, wie ich es mache." Der Landwirt zeigt sich offen für Verbesserungen in der täglichen Arbeit - aber dazu müssten auch andere Branchen ihren Beitrag leisten. "Wir Bauern sprühen doch nicht Chemie auf unsere Felder, weil wir das toll finden. Wir sind aber auf Pflanzenschutzmittel angewiesen." Wenn die chemische Industrie etwa eine Beize entwickelt, die bedenkenlos angewendet werden könne und für keine Tierart schädlich ist, dann sei sein Berufsstand der Letzte, der sich diesem Fortschritt verweigere.
Er mache sich immer Gedanken, so zu wirtschaften, dass die Qualität der Erzeugnisse passt und es seinen Tieren gut geht. "Aber dann kommt der nächste Nackenschlag, wenn wieder irgendwo ein Betrieb durch die Medien gezogen wird, bei dem es nicht so läuft - und dann kann ich drauf wetten, dass wieder alle Landwirte über einen Kamm geschoren werden." Gruselbilder von kranken Schweinen oder Rindern mit gebrochenen Extremitäten spiegelten, so Reif, eben nicht die Normalität wider. "So könnte ich doch kein Geld verdienen, deswegen frage ich: Welcher Landwirt hält unter solchen Bedingungen seine Tiere?"