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Große Hilfsbereitschaft für Asylbewerber im Hundsanger in Kulmbach


Autor: Jochen Nützel

Kulmbach, Dienstag, 07. Oktober 2014

Der Aufruf der Caritas, für die 32 Flüchtlinge in den Häusern am Hundsanger in Kulmbach Bekleidung und Haushaltswaren zu spenden, ist auf riesige Resonanz gestoßen.
Auch angesichts tausender Gegenstände im Keller der Flüchtlingshäuser am Hundsanger haben Andrea Boujjia (rechts) und Doris Schott von der Caritas noch Spaß beim Sortieren der Spenden. Vor allem warme Bekleidung für die Herbst- und Wintertage sind bei den Bedürftigen gefragt. Fotos: Jochen Nützel


Das erste, was auffällt: Es ist ausgesprochen warm im Zimmer am Hundsanger 4. "In Syrien wird es nie kälter als fünf Grad", sagt Atja Faraj auf Englisch. Und verschmitzt lächelnd fügt er hinzu: "Hier geht das Thermometer ja bald deutlich unter Null." Deswegen haben der 54-Jährige und seine Frau für ihre fünf Kinder nicht nur die Heizung schon höher gedreht, sondern auch die dicken Jacken rausgeholt.

"Die Bereitschaft ist enorm"

Kleiderspenden, wie sie zuhauf im Keller der Flüchtlingsunterkunft lagern. Andrea Boujjia und Doris Schott von der Kulmbacher Caritas reichen sich Kleiderbügel zu, sortieren Jeans, schieben einen Karton mit Schuhen zur Seite. Der Aufruf vor einer Woche, die Kulmbacher sollten für die Flüchtlinge und Asylbewerber Sachen spenden, trug sichtbar Früchte.

"Allein am ersten Tag waren geschätzt 50 Leute da und haben ihre Waren persönlich vorbeigebracht", sagt Andrea Boujjia. Eine Familie kam sogar aus Lichtenfels. "Die Bereitschaft ist enorm."
Der Großteil der Gegenstände ist in einem guten Zustand. "Hier, das ließe sich locker auf einem Second-Hand-Markt zu Geld machen", sagt die Sozialpädagogin und hebt eine Fleece-Jacke hoch, bestens in Schuss. Ihre Kollegin legt ein topmodisches Karo-Hemd zusammen.

Zugegeben: Nicht alle Waren sind derart formidabel beieinander. Eine Reihe blauer Säcke an der Wand zeugt davon, was das Caritas-Team aussortierte. "Gebrauchte Unterwäsche etwa oder Bekleidung mit großen Löchern und Flecken packen wir weg. Ich denke mal: Wenn wir die Bedürftigen wären, wir würden auch nicht alles anziehen, egal wie es aussieht." Etwa ein Drittel der Spendenkleider geht an die Malteser, die mit den Stoffen wiederum Geld für ihre sozialen Projekte generieren.

In Sachen Schuhe, Hosen & Co. ist die Caritas mittlerweile hervorragend eingedeckt und kann die 32 Bewohner in den beiden Häusern am Hundsanger für alle Wetterlagen ausstaffieren. "Was fehlt, sind Sachen für Kinder, etwa Fahrräder", bekundet Andrea Boujjia.

Kinderfahrräder gesucht

20 Mädchen und Jungen im Alter zwischen einem und 15 Jahren haben in Kulmbach eine Bleibe gefunden. Fünf davon gehören zum Ehepaar Faraj. Der Englischlehrer hat seine Heimat schon im September 2012 verlassen, war zunächst in den Libanon geflüchtet und später im Grenzdurchgangslager im niedersächsischen Friedland untergekommen. Das Haus des 54-Jährigen in der Heimat ist zerstört, er floh mit fast nichts vor dem Bürgerkrieg. Ob Assads Regierungstruppen oder die IS-Milizen schlimmer sind? "Die nehmen sich beide nichts", sagt er und rollt mit den Augen. Gefragt, was der größte Unterschied ist zwischen seinem Herkunftsland und Kulmbach: "Hier ist Frieden."

Automatisches Bleiberecht

Dann greift er zur Akustikgitarre, dreht am Verstärker und spielt eine typische arabische Weise. Die Musik ist eine Leidenschaft, die ihm auch der Krieg nicht rauben konnte. Die Ausrüstung ist ausnahmsweise nicht gespendet - die hat er sich selber auf einem Flohmarkt gekauft. Für 100 Euro. "Ich habe ja früher gearbeitet, habe Geld verdient. Ich hoffe, ich kann das bald wieder", sagt er. Als so genannter Kontingentflüchtling hat er nicht nur automatisch ein zweijähriges Bleiberecht, sondern dürfte auch einen Job annehmen. Atja Faraj legt die Hände zusammen. Er bete, dass er und seine Familie in Deutschland bleiben dürfen. Dann will er selber für seine Angehörigen sorgen können. "Wir sind Kulmbach sehr dankbar für die Hilfe und den Respekt, den man uns entgegen bringt."