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Großbrand in Kulmbach, weil keiner den Notruf hörte


Autor: Erich Olbrich

Steinenhausen, Donnerstag, 04. Juni 2020

Gleich zweimal hat es in der Hoffmann'schen Mühle bei Schloss Steinenhausen gebrannt. Beim ersten Großfeuer 1923 hörte niemand den Notruf.
So sah die Hoffmann'sche Mühle vor dem Brand 1923 aus. Foto: Stadtarchiv Kulmbach


Heute und in der nächsten Folge wollen wir an zwei verheerende Brände in der Hoffmann'schen Mühle bei Schloss Steinenhausen erinnern. Das Großfeuer 1923 führte zu einer Verbesserung der Ausrüstung der Feuerwehren.

Von dem ersten verhängnisvollen Großbrand in der Mühle bei Steinenhausen berichtete die Bayerische Rundschau am 21. und 22. September 1923: "In der Nacht des 20. September 1923 wurden die Einwohner von Melkendorf, Katschenreuth und Frankenberg durch Sirenengeheul aus dem Schlaf gerissen. In Steinenhausen stand die Hoffmann'sche Kunstmühle in Flammen.

Das Feuer in der aufs modernste eingerichteten Mühle wurde gegen 2 Uhr im obersten Stockwerk gesichtet. Als die Melkendorfer Feuerwehr als erste am Platze eintraf, schlugen bereits mächtige Feuergarben aus dem Dache des alleinstehenden Werkes.

Keiner hörte die Anruf

Zur Brandbekämpfung wollten die Feuerwehrleute die moderne Motorspritze der Kulmbacher Spinnerei anfordern. Telephonische Anrufe sowohl von Steinenhausen als auch von der Poststation Melkendorf blieben vom Postamt Kulmbach unbeantwortet. So verstrich fast eine Stunde, bis Kulmbach von dem verheerenden Brand in Kenntnis gesetzt werden konnte. Als endlich die Motorspritze der Kulmbacher Spinnerei eintraf, war die große Mühle mit all ihren Einrichtungen völlig ausgebrannt. In großer Gefahr standen der angebaute Getreidelagerraum und das Wohngebäude.

Das Lager war bereits vom Feuer ergriffen. Dieses war schon ins Turbinenhaus eingedrungen und hatte die Holzdecke in Brand gesetzt, die den Turbinenraum vom darüber liegenden Lagerraum trennte. Fünf Minuten später wäre jede Hilfe vergeblich gewesen - und die großen Getreidemengen im Lagerraum wären ebenso ein Raub der Flammen geworden, wie diejenigen in der Mühle.

Innerhalb kurzer Zeit war durch den Einsatz der Motorspritze diese Gefahr gebannt und es konnten 10 000 Zentner Getreide gerettet werden.

Am Tag des Brandes war die Produktion bereits um 10 Uhr beendet worden. Wie das Feuer entstehen konnte, war nicht mehr feststellbar."

Unverzügliche Verbesserungen versprochen

Allgemein verurteilt wurde damals, dass eine telefonische Alarmierung über das Postamt Kulmbach bei einem solch dramatischen Ereignis unmöglich war. Hätte das Postamt den ersten Anruf gehört, so wäre wohl die Motorspritze eine dreiviertel Stunde früher am Brandplatz gewesen und das Feuer wäre auf das obere Stockwerk beschränkt geblieben.

Es würde, so wurde erklärt, Aufgabe der Behörden sein, unverzüglich Verbesserungen für den Brandschutz zu schaffen.

Existenzen zugrundegerichtet

Im vorliegenden Fall seien durch das Fehlen oder Versagen einer solchen Einrichtung nicht nur Existenzen zugrundegerichtet worden, sondern die Allgemeinheit um Milliarden unersetzlicher Werte des täglichen Brotes beraubt worden.

Es habe sich hier recht augenfällig gezeigt, welche wertvolle Verbesserung das Feuerlöschwesen durch die Automobilspritze der Kulmbacher Spinnerei erfahren hätte. In der Folge wurde dann auch die Ausrüstung der Kulmbacher Feuerwehren modernisiert.