Fahrsicherheitstraining für Traktoren: Grenzen der Giganten kennenlernen
Autor: Sonny Adam
Kulmbach, Mittwoch, 12. Oktober 2016
Die Traktoren und Gespanne werden immer größer. Geführt werden dürfen die Kolosse schon von 16-Jährigen - auch im Straßenverkehr.
Erst vor wenigen Tagen sorgte ein tödlicher Verkehrsunfall bei Krumme Fohre für Schlagzeilen. Ein landwirtschaftliches Gespann hatte beim Abbiegen einen Rollfahrer übersehen: Der Rollerfahrer krachte in den Frontaufbau des Traktors und verstarb noch an der Unfallstelle.
Das ist leider kein Einzelfall, bestätigt die Polizei. Allein in diesem Jahr ereigneten sich in Oberfranken bereits 17 Unfälle, verursacht durch Traktorfahrer oder Fahrer von landwirtschaftlichen Gespannen. Bei allen wurden Personen verletzt oder sogar getötet. Vorkommnisse, bei denen niemand zu Schaden kam, zum Beispiel umgekippte Güllefässer oder Traktoren in Schieflage, sind dabei in der Statistik noch gar nicht berücksichtigt.
"Die Zahl der Unfälle mit Personenschaden ist im Vergleich zum Vorjahr stark angestiegen", sagt der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberfranken, Dominik Salosnig. Im Jahr 2015 gab es im gleichen Zeitraum "nur" 12 Unfälle mit Personenschaden.
Tatsächlich dürfen landwirtschaftliche Gespanne schon von 16-Jährigen gefahren werden - allerdings nur bis zu einer Geschwindigkeit von 40 Stundenkilometern. Ab 18 Jahren ist dann das Führen von großen Gespannen auch mit höheren Geschwindigkeiten erlaubt.
Neuerdings gibt es speziell für Traktorfahrer Fahrsicherheitstrainings. Die Voraussetzungen: Mindestalter 16 Jahre und eine gültige Fahrerlaubnis der Klasse T oder CE. Initiiert werden die Trainings von der Kraftfahrausbildungsstätte Bamberg. Am 11. und 12. November finden Grundlagentage in Bayreuth statt. Ende November wird dann in Forchheim praktisch geübt. "Die Kosten sind sogar steuerlich absetzbar. Nicht nur für junge Fahrer ist das Fahrsicherheitstraining, sondern auch ältere Fahrer können noch viel lernen", sagt SVLG-Sicherheitsberater Robert Höfer von der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau.
Landwirt Gerhard Reif hat solch ein Fahrsicherheitstraining bereits absolviert. "Wir fahren jeden Tag und oft auch nach Einbruch der Dunkelheit mit den riesigen Maschinen im Verkehr herum. Solch ein Fahrsicherheitstraining ist wichtig, um auch mal Grenzbereiche zu testen. Und an Grenzbereiche kommt man schneller als man denkt", so Reif. Die riesigen Ladewagen, die in der Praxis im Gebrauch sind, fassen 40 Kubikmeter. "Sie sind drei Meter breit, vier Meter hoch - wir bewegen diese Geräte auch oft nachts. Denn das erfordert die Maschinenauslastung einfach", sagt Reif. Ganz häufig transportieren Landwirte Gewichte von 40 Tonnen über die Straßen.
Bis heute im Gedächtnis sind dem erfahrenen Landwirt die Übungen mit einem Güllefass. "Wenn man mit 20 Stundenkilometer in einen Kreisverkehr fährt und dann die Geschwindigkeit um fünf Stundenkilometer steigert, merkt man schon, wie die Flüssigkeit reagiert", sagt Reif und kann auch den älteren Landwirten nur empfehlen, solch ein Fahrsicherheitstraining mit zu machen.
Auch Landwirt Michael Tröglen hat schon ein Fahrsicherheitstraining absolviert. "Es ist auch wichtig, dass man sich den Fahrerknigge mal wieder ins Gedächtnis ruft. Man muss, wenn man auf dem Feld war, auch mal die Blinker und die Warntafeln putzen, ehe man wieder auf die Straße fährt", sagt Tröglen. Und natürlich ist es auch nicht förderlich für die Verkehrssicherheit, wenn Hammer, Werkzeug, Ketten und andere Utensilien im Führerhaus herumfliegen. "In der Praxis ist es so, dass den Landwirten immer weniger Zeit bleibt, um die Ernte einzufahren. Deshalb muss man oft auch nachts noch unterwegs sein", sagt Tröglen. Auch er hat durch das Training viel dazugelernt. Aus diesem Grund schickt er seinen 16-jährigen Sohn zum nächsten Sicherheitstraining. Landwirt Gerhard Reif hält es genauso. Auch sein Sohn Max (24) ist schon für den nächsten Kurs angemeldet.
"Hilfreich wäre es auch, wenn die Lehrlinge solch ein Fahrsicherheitstraining vorweisen können", sagt Reif. Tatsächlich gibt es derzeit Bestrebungen - auch seitens der Sozialversicherung - dass ein Fahrsicherheitstraining verpflichtend zur Ausbildung dazu gehört. Das kann zwar nicht alle Unfälle verhindern, doch jedes Fahrsicherheitstraining schärft die Sinne.