Gräbner & Förster: Kunst aus Tennach
Autor: Peter Müller
Tennach, Donnerstag, 14. Sept. 2017
Was andere wegwerfen, verarbeitet Stefan Gräbner aus Tennach zu spacigen Collagen auf Leinwand oder Holz. Elektronikschrott spielt eine wichtige Rolle.
"Das ist Upcycling", sagt Stefan Gräbner. Gerade hat er eines seiner größten Werke vor sich aufgebaut und zeigt, was ihn in seiner Freizeit beschäftigt. Die englische Wortschöpfung beschreibt die Verwandlung von Abfällen oder (scheinbar) nutzlosen Stoffen in neuwertige Produkte. Wobei Produkt ziemlich unpassend ist.
Das, was der Tennacher rings um das aus bunten Blechstreifen geformte Wort LOVE auf einer Leinwand platziert hat, ist eine kunstvolle Collage, 127 mal 76 Zentimeter groß. Der Blick wandert über Metalldrähte, Beilagscheiben und verschiedene Elemente aus Elektronikschrott bis zu einem kleinen Hackmesser. Daneben ein Sensenmann in einem Zirkel, alles farbig unterlegt in Blau-, Orange- und Gelbtönen. Da wurde gemalt, geklebt, gespachtelt. Ziemlich spacig alles.
Wurzeln in der Familie
Der 51-jährige gelernte Landschaftsgärtner und gebürtige Thurnauer, der zuvor 30 Jahre in Trebgast gelebt hat, stammt aus einer Familie, in der traditionell gemalt wurde. "Alle waren begabt. Auch ich habe früher gemalt, aber das hier befriedigt mich mehr", so Gräbner, der Mitglied im Kulmbacher Kunstverein ist und diesen besonderen Stil seit etwa vier, fünf Jahren intensiv pflegt. Ausschlaggebend war ein Auftrag für einen Kumpel, der ein Zoogeschäft besaß. "Ich sollte Rückwände für Terrarien bauen. Dabei habe ich aus Versehen Lösungsmittel mit Lacken zusammengebracht, und dann begannen die Farben miteinander zu kämpfen. Das war spannend."Auch einige Vernissagen hat er schon bestritten, bei verschiedenen Veranstaltungen bietet er seine Werke, die er auf Wunsch personalisiert, zum Kauf an. Allerdings, merkt er fast etwas kritisch an, sei Kulmbach ein schwieriges Gebiet; öfter sei er im Raum Bayreuth unterwegs, wo er viele Fans habe, zum Beispiel beim Bürgerfest. "Wenn ich davon leben könnte, wäre das natürlich schön. Davon träum' ich aber noch", sagt Gräbner und lacht. "Hauptberuflich bin ich Staplerfahrer."
Rein ums Geld gehe es ihm aber nicht, schiebt der 51-Jährige nach. "Ich freue mich schon, wenn sich die Leute für meine Kunst interessieren. Am wichtigsten ist, dass es mir gefällt."
Die Grundlagen für seine Ideen, aus denen auch Geschenkdosen und (etwas schwerere) Postkarten entstehen, liegen auf der Straße. Oder im Mülleimer. Das, was andere wegwerfen, ist für Stefan Gräbner oft ein kostbarer Schatz. "Alte Fotoapparate, Handyschalen, Schreibmaschinen, ein Stück Baumrinde - wer mit offenen Augen durch die Welt geht, findet immer was. Aweng a Messi mussd' aber scho' sei."
Tennacher Dorfgalerie?
Seine kleine Terrasse hat Gräbner ebenso kunstvoll gestaltet wie den Eingang zu seiner Werkstatt gegenüber der Wohnung. Dort, so schwebt ihm vor, soll die "Tennacher Dorfgalerie" entstehen. Für die Einweihung hätte er schon einen Wunschtermin: "Vielleicht wird sie ja zum Nikolaustag fertig."Am Wochenende steht aber erst einmal das Hoffest beim "Rangabauern" an. Dort stellt Stefan Gräbner seine Werke ebenso aus wie Henry Förster (siehe gesonderten Artikel).
Drechseln als Hobby: Henry Försters Schmuckstücke aus heimischem Holz
Nahezu unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit hat sich auf dem Rangen eine kleine Künstlerszene etabliert, deren Protagonisten sogar Tür an Tür wohnen. Während Stefan Gräbner (siehe Artikel oben) fantasievolle Collagen kreiert, hat sich Henry Förster aufs Drechseln spezialisiert. Er demonstriert, was aus heimischen Hölzern alles entstehen kann.
Arbeiten mit Holz - das war schon immer das Ding des 66-jährigen Rentners, der früher seine Brötchen als Baggerfahrer verdient und nebenbei aufwendige Vogelhäuschen gebastelt hat.
"Irgendwann hat mich dann der Teufel geritten, und ich hab' mir eine Drechselbank gekauft", erzählt er in seiner Werkstatt, wo er die Ergebnisse seiner Freizeitbeschäftigung auf einem großen Tisch präsentiert. Sein Bekannter Karl Leichauer aus Pechgraben, der ebenfalls drechselt, habe ihn inspiriert.
"Eher ein Handwerker"
Förster, der seit etwa eineinhalb Jahren intensiv mit dem über 3000 Euro teuren Gerät arbeitet und Gebrauchsgegenstände wie Teller, Töpfe, Schalen, Dosen oder Salzstreuer, aber auch Deko-Artikel produziert, gibt sich bescheiden: "Als Künstler würde ich mich nicht gerade bezeichnen, eher als Handwerker."In diesem Handwerk hat es der Tennacher freilich schon zu beachtlichen Fähigkeiten gebracht. Wie Stefan Gräbner geht auch er mit offenen Augen durch die Welt und hat meist sofort ein Produkt im Kopf, wenn er einen seiner Meinung nach geeigneten Werkstoff sieht. Fündig wird er auf Kompostieranlagen ("Erst heute früh hab' ich beim Eichner in Katschenreuth ein schönes Fliederholz entdeckt") und im Wald, wenn er Brennholz für den Winter macht. Förster verwendet ausschließlich heimische Hölzer wie Buche, Eiche, Esche und Eibe. Er zeigt auf einen Topf, der ein interessantes Muster aufweist: "Das kommt dabei raus, wenn man gestockte Birke bearbeitet", verrät er - und gibt gerne zu, dass er sich schon manchen Trick bei erfahreneren Kollegen abgeschaut hat.
So wie bei den kleinen Kreiseln, die er für Kinder anfertigt. Deren fantasievolle Farbgebung ist der Rotation auf der Drechselbank geschuldet, nachdem das Holz erst komplett gestrichen und dann zusätzlich mit Farbtupfern versehen wird: "Bei 1200 Umdrehungen pro Minute verläuft die Farbe und ergibt Muster."
Damit Teller, Schalen und Töpfe auch gut für die Aufbewahrung von Lebensmitteln geeignet sind, verwendet Henry Förster bei der Endbehandlung nur natürliche Stoffe: Speiseöl, Leinöl und Bienenwachs.
Wenn er am Wochenende seine Arbeiten beim Hoffest des Rangabauern anbietet, dann schließt sich ein Kreis. Denn für Dieter Eschenbacher war der 66-Jährige früher als Hausmetzger im Einsatz. Aber das ist eine andere Geschichte...