Google ist der beste Komplize
Autor: Stephan Tiroch
Mainleus, Dienstag, 14. Januar 2020
Nach dem Bruch bei AFC Hartmetall in Mainleus: Im Prozess gegen die Rumänenbande erklärt die Polizei, wie moderne Einbrecher arbeiten.
Alles, was ein Einbrecher braucht, findet er offenbar im Internet. Woher wusste die Rumänenbande, dass man bei AFC Hartmetall in Mainleus Beute machen kann? Wie konnten die Täter die Örtlichkeit auskundschaften? Gab es womöglich einen Informanten vor Ort? Nein, all das braucht ein moderner Einbrecher nach den Erkenntnissen der Polizei nicht mehr: Komplize Google weiß alles.
Am Dienstag wurde der Prozess gegen die Rumänenbande vor dem Landgericht Bayreuth fortgesetzt. Vor der 1. Strafkammer sind fünf Männer angeklagt, die für den Einbruch am 24. Februar 2019 verantwortlich gemacht werden. In jener Sonntagnacht wurden bei AFC hochwertige Hartmetallrohlinge für die Werkzeugindustrie - Gewicht: knapp eine Tonne - im Wert von 165.000 Euro weggeschafft.
Wegen schweren Bandendiebstahls sind ein Landwirt (48), sein Neffe (35), ein Automechaniker (37) und ein Bauhelfer (37) angeklagt. Sie sitzen seit ihrer Festnahme zwischen Mai und Juli in Untersuchungshaft. Auf freiem Fuß befindet sich nach anfänglicher U-Haft der fünfte Angeklagte: Dem 32-jährigen Handwerker wird nur Beihilfe zur Last gelegt. Laut Staatsanwaltschaft ließ er die aus Rumänien angereisten Landsleute bei sich übernachten und fuhr sie von München zum Tatort nach Mainleus.
Wachdienst merkt nichts
Wie die Bayreuther Kripo der Bande auf die Schliche kam, erläuterte die für den Fall zuständige Sachbearbeiterin - ihre Marathonaussage dauerte über drei Stunden. Nach ihren Angaben wurde der Einbruch erst am Sonntagnachmittag von Spaziergängern entdeckt. Dem Wachdienst war in der Nacht nichts aufgefallen, so die Kriminalbeamtin. Dabei hätte er im Tatzeitraum zwischen null und vier Uhr bei seinen Streifengängen dreimal am gewaltsam geöffneten Hinterausgang vorbeikommen müssen.
Bei der Funkzellenüberprüfung für Mainleus stellte die Polizei zur tatkritischen Zeit vier rumänische Handynummern fest, die außerdem mit einem deutschen Teilnehmer Kontakt hatten. Letzterer war der Mann mit der Wohnung bei München. Er wurde als erster identifiziert, später auch die anderen Verdächtigen.
Handy: Kripo hört mit
In den nächsten Wochen hörte die Kripo bei der Telefonkommunikation mit. Die Mitschriften füllen einen Aktenordner. Es war die Rede davon, "dass heute wieder eine Sache stattfindet" und "dass abends das Telefon ausgemacht werden muss". Ein andermal schimpfte ein Rumäne: Die Karre sei schon wieder kaputt, man müsse umkehren. Die Kripo vermutet, dass deshalb ein geplanter Einbruch bei einer Metalltechnikfirma in Gau-Algesheim (Rheinland-Pfalz) abgeblasen werden musste.
Sechs Wochen nach dem Bruch nahm die Polizei den Münchner Rumäne fest und durchsuchte seine Wohnung. "Er legte gleich ein Geständnis ab", sagte die Zeugin. "Seine Aussage war sehr viel wert, weil wir die Taten den Verdächtigen zuordnen konnten." Als die vier anderen Rumänen später wieder nach Deutschland zurückkehrten, wartete jedes Mal schon die Polizei.