Glosse: Wehe, wenn kein Wasser kommt
Autor: Dietmar Hofmann
Kulmbach, Sonntag, 02. August 2015
Mal ehrlich: Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, auf was Sie im Leben am ehesten verzichten könnten? Nein, meine Herren, kommen Sie mir jetzt nicht mit der Antwort: "Auf meine Frau". Ich bitte um etwas mehr Ernsthaftigkeit.
Auf den Fernseher vielleicht? Das schaffe ich schon mal eine Woche oder zwei, im Urlaub zum Beispiel, da will ich nichts wissen von der Welt. Oder aufs Handy? Da tue ich mir schwer, weil ich nach wie vor keines besitze. Auf Strom? Da wird es schon kniffliger, wenn man kein dieselbetriebenes Notstromaggregat aus NVA-Beständen im Garten stehen hat.
Neulich wurde mir bewusst, wie wichtig etwas ganz anderes im Leben ist: Wasser. Eine Straße weiter war früh zwischen Kaffeekochen (das hatte ich gerade noch geschafft) und Duschen (das wollte ich noch) ein Rohr geplatzt. Um es zu stopfen, musste das Wasser abgesperrt werden. Ohne Vorankündigung - für drei Stunden.
Hört sich undramatisch an. Von wegen. Während ich noch überlegte, wer mir für meine Morgentoilette vorübergehendes Asyl gewähren könnte, musste ich aufs Klo...
Überall Fussel
Dann kam mir die rettende Idee: Meine Schwägerin sammelt das destillierte Wasser aus ihrem Wäschetrockner. Meine Frau nimmt das zum Bügeln. Und, hurra, der Fünf-Liter-Kanister war fast voll. Ich goss also die Hälfte in den Wasserkocher, die andere Hälfte in eine große Schüssel. Dann vermengte ich beides, das lauwarme Destillat reichte tatsächlich knapp zum Duschen. Zwar hatte ich den ganzen Tag über kleine Fusseln an allen möglichen Stellen, doch die Grundsauberkeit war geschafft. Zähneputzen ging mit Mineralwasser. Aufs Klo ging ich auf der Arbeit. Und dennoch: Wie war das schön, als ich abends warm duschen konnte.