Giftköder auf Fressnapf-Parkplatz in Kulmbach gefunden
Autor: Jochen Nützel
Kulmbach, Dienstag, 02. Februar 2016
Ein Unbekannter hat am Dienstagmorgen eine mit Nägel gespickte Salami-Scheibe auf dem Parkplatz des "Fressnapfs" in der Albert-Ruckdeschel-Straße in Kulmbach drapiert. Die Mitarbeiter sind geschockt - und haben einen Verdacht.
Die Jack-Russel-Bande im Kofferraum ist kaum zu bändigen. Rüde Kalle sowie die Australian-Sheppard-Hündinnen Rules, Leslie und Joe drängen ins Freie. Wie jeden Morgen bringen die "Fressnapf"-Mitarbeiterinnen Miriam Pesch, Christina Herzog und Marktleiterin Eva Hovasse die Vierbeiner, darunter Pflegefälle aus dem Tierschutz, mit zur Arbeit. Gestern aber hätte es es einen der Vierbeiner böse erwischen können: Gleich um die Ecke lag eine mit Nägeln gespickte Salamischeibe am Boden.
Christina Herzog hat den Köder entdeckt. "Man guckt als Hundebesitzer instinktiv zu Boden und schaut nach Glassplittern oder anderen Sachen, die gefährlich werden könnten." Ihrer Mutter sind vor einigen Jahren zwei Hunde bei Melkendorf fast verendet, nachdem sie Giftköder gefressen hatten. Die komische Wurstscheibe vor dem Markt kam der jungen Frau gleich suspekt vor.
"Ich weiß nicht, was ich sagen soll." Miriam Pesch steht immer noch unter dem Eindruck des unglaublichen Fundes. Und ist froh, dass alle Vierbeiner unbeschadet um ihre Füße toben. "Die meisten Hunde schlingen so ein Stück Wurst ohne nachzudenken mit einem Happen runter und kauen nicht, deswegen bemerken sie die Fremdkörper erst, wenn es zu spät ist." Daran kann das Tier ersticken, sich die Speiseröhre sowie innere Organe schwer verletzen und verbluten.
Miriam Pesch äußert einen Verdacht. "Wir können nichts beweisen, aber womöglich ist es jemandem ein Dorn im Auge, dass wir unsere Hunde auf dem Gelände und dahinter laufen lassen. Ich glaube, der feige Anschlag hat unseren Tieren gegolten." Darauf schließen lasse der Ort, an dem der Köder auslag. "Das ist unmittelbar neben unseren Parkplätzen, da wären die Hunde schnell drauf gestoßen."
Spekulationen nutzen nicht viel. Deswegen haben die Mitarbeiter die Polizei eingeschaltet. Die ermittelt, wie der BR bestätigt wird, gegen Unbekannt und nach dem Tierschutzgesetz.
Tierheimleiterin Susanne Schilling sieht in dem Vorfall "eine neue Dimension". "Wir brauchen da nicht drumherum reden: Da wollte ein kranker Kopf ein Tier umbringen, an dem das Herz eines anderen Menschen hängt. Punktum." Der Tierschutzverein Kulmbach überlegt, eine Belohnung auszuloben. Wer etwas beobachtet hat, kann sich dort auch anonym melden.
Kommentar: Vorsicht - mehr geht nicht
Eine Scheibe Salami am Wegesrand - ein im wahrsten Wortsinn gefundenes Fressen für fast jeden Hund. Nur die wenigsten Vierbeiner sind derart streng erzogen, dass sie nichts aufnehmen, bevor Herrchen/Frauchen es zum Verspeisen freigegeben hat. Diese tierische Schwäche nutzen manche Menschen aus und hoffen darauf, dass ihre Gift-/Nagel-/Rasierklingenköder den "richtigen" Abnehmer finden.Zugegeben: Es fällt in diesem Zusammenhang schwer, von "Menschen" zu schreiben. Solche Zeitgenossen haben entweder ein gestörtes Verhältnis zur Kreatur an sich - oder es steckt womöglich ein tiefsitzender Ärger aufgrund eines persönlichen Negativerlebnisses dahinter: von einem Kläffer bedroht oder sogar gebissen worden, vom Nachbarshund regelmäßig den Garten gedüngt bekommen etc. Da liegt, ohne Zweifel, ein gerüttelt Maß an Verantwortung bei den Haltern.
Das alles rechtfertigt freilich nicht die Devise "Rache ist Blutwurst" (oder in dem Fall: Hartwurst). Im Grunde ist das, was jeder Köder-Leger tut, eine Form von Terrorismus. Es wird bewusst das Leid/der Tod eines Lebewesens in Kauf genommen und zugleich die Freiheit all jener eingeschränkt, die ihre Freiheiten mit diesem Lebewesen auskosten wollen. Wie beim Terrorismus hilft auch hier leider nur: Augen offenhalten. Das Böse lauert überall.