Gemeinden verlangten zu viel für Rettungseinsatz
Autor: Stephan Tiroch
Burghaig, Dienstag, 04. Dezember 2012
Der Mann, dessen Auto im Hochwasser bei Burghaig versunken ist, feiert vor dem Verwaltungsgericht einen Teilerfolg. Stadt Kulmbach und Markt Mainleus haben für den Feuerwehreinsatz zu hohe Forderungen gestellt.
Nein, selbstverständlich ist es nicht, dass der 69-jährige Kläger überhaupt noch lebt und am Dienstag vor dem Verwaltungsgericht in Bayreuth erscheinen kann. Er hat es nur seiner guten körperlichen Konstitution zu verdanken, dass er sich aus seinem Auto befreien kann, das am 14. Januar 2011 frühmorgens in der großen Flut bei Burghaig versunken ist. "Brusthoch war das Wasser", erinnert er sich, "und das rettende Ufer 200 Meter weit weg." Er kämpft erfolgreich gegen die Fluten an und bringt sich - leicht unterkühlt - in Sicherheit.
Passanten beobachten, was da bei Dunkelheit früh um sieben Uhr passiert: Dass der Mercedes auf der überfluteten Theodor-Heuss-Allee von der Kraft des Wassers Richtung Westen, Richtung Weinbrücke abgetrieben wird. Sie alarmieren die Polizei und melden, dass sich "Personen" in dem Auto befinden. Rettungskräfte der Kulmbacher und der Mainleuser Feuerwehr rücken aus.
Den Rettungseinsatz soll der Mann bezahlen. Obwohl er sich selbst befreien kann, bekommt er Rechnungen von der Stadt Kulmbach über 2230,50 Euro und vom Markt Mainleus über 586,50 Euro.
Die Kosten erscheinen ihm zu hoch, die Einsatzdauer von zwei Stunden viel zu lang. Der Mann zieht mit seinem Rechtsanwalt Ulrich Gödde, Mainleus, vors Verwaltungsgericht.
Einsatzzeiten kürzer
Der Fall liegt bei der 2. Kammer. Deren Vorsitzender, Vizepräsident Gerd Lederer, hat Bedenken wegen der Einsatzzeiten. Er rechnet der städtischen Juristin Diana Edelmann sowie dem Mainleuser Verwaltungsleiter Ottokar Reß und dem Anwalt des Marktes, Karl-Friedrich Hacker aus Bayreuth, vor, dass es bei der Kulmbacher Feuerwehr lediglich eineinhalb Stunden gewesen sind. Und bei der Mainleuser Feuerwehr gar nur eine Stunde. Dadurch reduzieren sich auch die Kosten - um 863,03 Euro: 1648,82 Euro kann die Stadt verlangen, 306,15 Euro der Markt Mainleus. Zusammen 1954, 97 Euro.
Eine Summe, die der Kläger auch bezahlen muss. Daran lässt der Vorsitzende keinen Zweifel. Denn der Mann hat nach Auffassung des Gerichts mindestens grob fahrlässig gehandelt: "Die Straße war wegen Hochwassers gesperrt und ein Teilstück bereits überflutet." Lederer weiter: "Der Kläger hat sich bewusst selbst in Gefahr gebracht und das Leben anderer gefährdet." Er nennt das Verhalten des Autofahrers "extrem leichtsinnig".
Keine Entschuldigung
Seine Entschuldigung, dass vor ihm ein anderes Auto gefahren und durchgekommen ist, überzeugt das Gericht in keiner Weise. Erstens gibt es dafür keinen Zeugen, und zweitens kann man eigenes grob fahrlässiges Verhalten nicht mit dem Leichtsinn eines anderen rechtfertigen, erklärt Lederer.
Den Einwand des Kulmbachers, dass außer ihm niemand sonst im Auto gewesen ist und er sich per Handy bei der Polizei gemeldet hat, lässt der Vorsitzende nicht gelten. In solchen Situationen wie bei der Überschwemmung damals "ist die Meldelage entscheidend", betont Lederer, "und da war von Personen die Rede", nicht von einer Person. Der Einsatz von 28 Feuerwehrleuten, die unter anderem die Unglücksstelle ausleuchten müssen, ist nach Ansicht des Vorsitzenden vollauf gerechtfertigt gewesen. "Es ging ja um Menschenleben."
Der Richter hat auch daran nichts auszusetzen, dass die Mainleuser Feuerwehr, die über ein Boot verfügt, nachalarmiert worden ist. Lederer zufolge kann man nicht nur auf die Personenrettung abstellen, die Bergung des Fahrzeugs gehört ebenfalls zu dem Einsatz. "Es ging um Gewässergefährdung durch Benzin und Öl."
Parteien schließen Vergleich
Nach einer Beratungspause verständigen sich die Parteien auf den vom Gericht vorgeschlagenen Vergleich. Die Forderungen für den Feuerwehreinsatz werden entsprechend reduziert, und der 69-Jährige zieht seine Klagen zurück. Die Vertreter der Stadt und des Marktes Mainleus sind einverstanden. Der Anwalt des Kulmbachers ("Bedenken gibt es") signalisiert ebenfalls Zustimmung: "An uns soll's nicht scheitern."