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Geht es zum Jahreswechsel in Kulmbach auch ohne Böller?


Autor: Katrin Geyer

Kulmbach, Dienstag, 27. Oktober 2020

Die Initiative Transition Kulmbach macht sich für einen Jahreswechsel ohne Feuerwehr stark. Eine Lasershow könnte eine Alternative sein.
Symbolbild: Ralf Hirschberger/dpa


Silvester ohne Feuerwerk und Böller? Für viele Menschen unvorstellbar. Manchen aber auch ein Dorn im Auge. So etwa der Initiative Transition Kulmbach. Die freilich kritisiert nicht nur, sondern hat eine Idee entwickelt, wie sich Silvester etwas anders gestalten ließe.

Ein "Lichtkunstprojekt" stellen sich die Mitglieder von Transition Kulmbach vor. "Wir möchten nicht einfach nur das Böllern verbieten, sondern eine Möglichkeit schaffen, auf die sich die Bürger an Silvester freuen können." Eine Lasershow an der Plassenburg können sich die Initiatoren, denen es vorrangig um den Schutz von Natur und Umwelt geht, vorstellen.

Jedermann könne sich im Vorfeld einen individuellen Platz in der Innenstadt suchen, um diese Lichtshow zu beobachten - gerade in Zeiten von Corona ein unbestreitbarer Vorteil, wie es in einem Schreiben an die Stadt Kulmbach heißt. Aber eine solche Aktion hätte, so heißt es weiter, weitere Vorteile:

"Es gibt weniger Verletzte. Das Krankenhaus kann sich also um die wichtigen Dinge kümmern. Die Stadt muss nicht tagelang Silvesterraketen aufsammeln und die Straßen wieder reinigen. Es gibt weniger Auto- und Gebäudebeschädigen, was gerade in der Stadt sehr häufig vorkommt."

Den Initiatoren ist freilich auch klar, dass sie ohne Unterstützung von außen ein solches Projekt nicht stemmen können. Diese Unterstützung erhoffen sie sich unter anderem von der Stadt Kulmbach, die Bereiche der Innenstadt zur "böllerfreien Zone" erklären könnte, aber auch von privaten Sponsoren: Immerhin kostet so eine Lasershow einiges an Geld.

Für die Stadt zu teuer

Ein böllerfreies Silvester in Kulmbach: Ein ehrgeiziges Ziel, das sich, wie sich mittlerweile herausgestellt hat, in diesem Jahr nicht mehr wird realisieren lassen. Die Gründe dafür seien vielfältig, sagt Eunike Schu, eine der Ideengeberinnen. "Aber wir bleiben dran. Wir wollen die Menschen weiter sensibilisieren und hoffen, dass sich noch mehr Leute zusammentun, so dass wir die Lasershow im nächsten Jahr umsetzen können."

Von der Stadt Kulmbach gibt es dazu jetzt schon eine klare Aussage: "Als Stadt Kulmbach können wir uns derartige Vorhaben nicht leisten", sagt Pressesprecher Jonas Gleich. "Daher muss sicher sein, dass keine Kosten für die Stadt anfallen."

Kann die Stadt Kulmbach überhaupt das Zentrum von Kulmbach zur böllerfreien Zone erklären? Dazu sagt Jonas Gleich: Grundsätzlich ja. "Das muss aber gut begründet und lokal genau festgelegt werden." Begründen ließe sich so ein Verbot, das dann in Form einer Allgemeinverfügung erfolgen würde, etwa mit dem denkmalgeschützten Ensemblebereich der Altstadt, den engen Gassen und aneinandergebauten Gebäuden.

Neun Mann im Einsatz

Eine gewisse Entlastung wäre so ein Böllerverbot für die Stadt Kulmbach in der Tat, denn die von Transition erwähnten Kosten und den Personalaufwand gibt es tatsächlich. Jedes Jahr sind, so ist von der Stadt zu erfahren, acht Mitarbeiter und ein Einsatzleiter des Bauhofes im Dienst. Gegen 4.30 Uhr beginnen sie mit ihrer Arbeit in der Innenstadt, die meist bis gegen 11 Uhr dauert. Jonas Gleich: "Dabei werden einige Kleintransporter voller Silvestermüll eingesammelt, und auch zwei Kehrmaschinen haben gut zu tun." Die Kosten für solche Einsätze: Rund 2500 Euro jedes Jahr.

Auch das Argument, dass eine böllerfreie Silvesternacht das Klinikum entlasten würde, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Deutschlandweit sei die Belastung in der Silvesternacht und an Neujahr für die plastische und für die Handchirurgie erheblich, weiß Marian Maier, Leitender Arzt für Plastische und Handchirurgie am Klinikum Kulmbach. Kurios dabei: Die häufigsten Silvesterunfälle an der Hand entstünden nicht durch das Feuerwerk an sich - sondern durch das Spülen der Sekt- und Weingläser nach Mitternacht noch in alkoholisiertem Zustand.

Im bundesweiten Vergleich scheinen sich die Kulmbacher allerdings einigermaßen Verantwortungsvoll zu benehmen. Einzelne Verbrennung kämen durchaus vor und könnten meist ambulant behandelt werden, so der Mediziner. Auch die typischen "Spülunfälle" träten nur vereinzelt auf.

"In den letzten beiden Jahren hatten wir, soweit ich mich erinnern kann, keinen stationären Fall, der auf vermeidbare Silvesterunfälle zurückging", sagt der Mediziner. Deshalb könne man auch nicht von einer deutlich erhöhten Dienstbelastung sprechen.

Das Silvesterfeuerwerk in Zahlen

Müll 191 Tonnen Müll wurden 2018 an Silvester in den fünf größten Städten Deutschlands durch mehr als 1100 Mitarbeiter beseitigt.

Geld 150 Millionen Euro wurden allein 2018 in Deutschland für Feuerwerkskörper ausgegeben.

Umwelt 4000 bis 5000 Tonnen Feinstaub werden im Schnitt am Silvesterabend in Deutschland freigesetzt Das entsprich etwa 15 Prozent der Belastung durch den Straßenverkehr.

Hörschäden Mindestens 8000 Menschen haben nach Silvester Hörschäden. Manche davon dauerhaft.

Herstellung Die Herstellung der Feuerwerkskörper findet unter menschenunwürdigen und gesundheitsschädlichen Bedingungen oft in Ländern der Dritten Welt statt. Meist sind Frauen und Kinder die Leidtragenden.

Haustiere Viele Tiere brauchen nach der Silvesternacht Wochen, um sich wieder zu orientieren. Sie leiden enorm unter dem Feuerwerk.

Quelle: Transition Kulmbach