Druckartikel: Für Rehe die "Schokolade des Waldes"

Für Rehe die "Schokolade des Waldes"


Autor: Sonny Adam

Wirsberg, Dienstag, 24. März 2015

Wilde Eiben sind heute echte Raritäten, seit vielen Jahren steht der Baum auf der Liste der bedrohten Arten. Jetzt forsten Waldorfschüler die Wirsberger Theresienhöhe auf.
Mogali Sebel und Theresa Weiner schnappen sich die letzten Eibenbäumchen aus der Kiste: Aber es gibt noch genug Nachschub. Insgesamt 100 Eibenbäume werden auf der Theresienhöhe in Wirsberg gepflanzt. Foto: Adam


Eiben sind eine Baumart, die in unseren Wäldern früher einmal selbstverständlich dazu gehört hat. "Eiben haben sich in Laubwäldern wohl gefühlt. Sie mögen schattige Plätze, wachsen langsam", sagt die Försterin Anja Mörtlbauer. Und dennoch gibt es heute kaum noch Eiben. Die Baumart ist in Verruf geraten, weil die Nadeln hochgiftig sind. Schon wenige Nadeln genügen, um Haustiere und Menschen zu töten. Deshalb wurden Eiben konsequent ausgerottet - vor allem in der Nähe von Wegen.

"Aber dass die Eiben so selten geworden sind, liegt an ihrem Holz. Denn Eibenholz ist eines der wertvollsten Hölzer überhaupt", sagt Anja Mörtlbauer. Jahrhundertelang holzten die Menschen die Eiben ab, um aus ihrem elastischen und sehr biegsamen Holz Langbögen zu fertigen. In England sind die Eiben auf diese Art und Weise sogar vollständig verschwunden. Auch in Europa sind nur noch wenige wilde Eibenbäume übrig.

Drei Jahre angezüchtet

Gemeinsam mit den Siebtklässlern der Waldorfschule Wernstein initiierte die Försterin jetzt auf der Theresienhöhe bei Wirsberg ein Aufforstungsprogramm der besonderen Art. Die Schüler pflanzen 100 Eiben. Die Eiben stammen von einer Baumschule. Drei Jahre lang sind die kleinen Eibenpflänzchen gehegt und gepflegt worden. Jetzt sind sie stark genug, um in Oberfranken anzuwurzeln.

"Die meisten kennen Eiben nur noch vom Garten, häufig werden die Eiben zur Hecke zurecht gestutzt. Doch die wenigsten wissen, dass Eiben richtige Bäume werden können", erklärt Mörtlbauer und sagt auch noch dazu, dass Eiben sogar mehr als 3000 Jahre alt werden können.

Nur mit Handschuhen

"Ich habe mich vorher nicht so gut mit Eiben ausgekannt. Aber man darf sie nur mit Handschuhen anfassen", sagt Mogali Sebel. Die 13-Jährige hat sichtlich Spaß am Einpflanzen. Auch Lucas Hartmann hat schon drei Eiben auf der Theresienhöhe in Wirsberg in die Erde gebracht.

"Ich habe schon fünf Eiben gepflanzt", erklärt Kai Petschke stolz und greift nach der Umzäunung. Denn die Schüler wissen: Die jungen Eiben müssen vor Rehen geschützt werden. "Eiben sind wie Schokolade. Rehe lieben sie", hatte Anja Mörtlbauer erklärt.

"Die Pflanzaktion ist schon anstrengend, aber sie macht auch Spaß", sagt Lukas Klatt und packt ebenfalls kräftig mit an. Ob Jungs oder Mädels, alle kraxeln am Hang umher, setzen kleine Pflänzchen in die Erde - mit der Gewissheit, dass sie ein Werk, das Jahrhunderte überdauern kann, vollbringen.

Eine Premiere

Begleitet werden die Schüler von ihrer Lehrerin Roswitha Scheel und deren Mann Dieter. "Wir machen immer in der siebten Klasse ein Forstpraktikum. Eiben habe ich noch nie gepflanzt, muss ich zugeben, aber in Berlin haben wir mal Eichen gepflanzt", erklärt die Lehrerin.

Unterstützt wird die Pflanzaktion vom Landkreis Kulmbach und vom Markt Wirsberg. "Für mich ist diese Aktion moderner, zukunftsweisender Unterricht. Raus aus dem Klassenzimmer, rein in die Natur", freute sich auch Bürgermeister Hermann Anselstetter.


Exkursion

Am Samstag, 28. März, findet die gemeinschaftliche Exkursion des Marktes Wirsberg, der Walddorfschule Wernstein und des Colloquium Historicum Wirsbergense zum Thema "Die Eibe - eine vergessene Baumart unserer Heimat" statt. Treffpunkt ist um 10 Uhr auf dem Marktplatz in Wirsberg. Försterin Anja Mörtlbauer geht auf Ökologie und Botanik ein, Kreisfachberater Friedhelm Haun erläutert kulturhistorische Aspekte.