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Foto-Guru Mante weiht Amateure in die Bild-Kunst ein


Autor: Sonny Adam

Thurnau, Sonntag, 07. Juni 2015

Für Fotografen ist Harald Mante längst ein Guru. Jetzt weihte der Dozent erneut ambitionierte Laien in Thurnau in die Bild-Kunst ein.
In Sachen Fotografie ist er längst in den Rang eines Gurus aufgerückt: Harald Mante (79). Foto: Sonja Adam


Harald Mante ist 79 Jahre alt - und kein bisschen müde. Wenn es ums Fotografieren geht, dann wächst er über sich selbst hinaus. Schon vor zwei Jahren, damals existierte die Fotoschule Thurnau noch gar nicht, reservierte Martin Koslowsky einen Termin bei dem großen deutschen Fotokünstler. Und innerhalb kürzester Zeit haben sich 16 interessierte Teilnehmer aus dem ganzen Bundesgebiet gemeldet, um Harald Mante live zu erleben.
Karl-Georg Brechter (66) kommt aus Bad Rappenau. Schon immer war es ein Traum, einmal Harald Mante live zu erleben. "Ich bin immer extra von Wiesbaden nach Köln gefahren, um die Prüfungsarbeiten, die Harald Mante von seinen Studenten anfertigen lässt, zu sehen. Und irgendwann wollte ich einmal selbst an die Fotoakademie. Doch dann erfugr er von dem Seminar in Thurnau - und war sofort Feuer und Flamme.
Dabei nimmt Harald Mante kein Blatt vor den Mund.

Wenn er sich die Aufnahmen seiner "Fotoschüler" anschaut, dann kritisiert er winzige Details. Eine kleine Ecke, Farbe, die bei einer Detailaufnahme stört, wird thematisiert. Ein etwas zu klein gewählter Ausschnitt ist nicht gut. "Wegnehmen kann man immer, dazutun kann man nichts mehr", erklärt Mante eine alte Fotoweisheit. Mante ist ein Fotograf der so fotografiert, wie die Wirklichkeit ist. Mante hält nicht viel von Kompositionen.

"Daumenbilder"

Schnell kommt der Experte auf seine "Daumenbilder". Das sind Bilder, die eigentlich gut sind, aber bei denen ein winziges Details mit dem Daumen abgedeckt werden muss. Doch bei guten Fotos ist auch die Farbkomposition wichtig, die Bildgestaltung. Mante hat schließlich als Bauhausschüler bei Vincent Weber Malerei und Gestaltungstheorien von Wassiliy Kandinsky, Paul Klee und Johannes Itten studiert. "Ich bin quasi Bauhausschüler in zweiter Generation. Und ich habe die Erkenntnisse auf den Bereich Fotografie übertragen."
Fotografieren kann eigentlich jeder, sagt Harald Mante und krittelt natürlich nicht nur an den Amateuren herum, sondern vor allem macht er den Fotografen Mut. "Es gibt kein Objekt, das zu profan ist, dass es nicht zum Motiv werden könnte." Man müsse beim Fotografieren viel wissen. Er sei überzeugt, dass Bildung wichtig fürs Fotografieren ist. "Man kann nur das Erkennen, was man auch kennt. Fotografieren ist von Bildung abhängig", sagt Mante. Dumme Menschen könnten auch keine guten Bilder machen.
Der Meister fotografiert selber mit einer kleinen Sony-Kamera. "Die ist handlich, nichts Besonderes. Meine Schüler und Studenten haben meistens bessere Kameras", sagt der 79-Jährige. Und dennoch haben seine Bilder das gewisse Etwas. Harald Mante liebt es, Dinge aus ungewöhnlichen Blickwinkeln zu fotografieren. Er liebt das Spiel mit Schärfe. Und er liebt Spielereien. So lässt er auch andere Fotoserien oder Farbserien ablichten. Legendäre Ergebnisse erzielt er mit einer Serie, in der er nur grün-rote Dinge fotografiert: ein Fahrrad vor einer grünen Hecke, eine rote Rose, Melonen vor Gurken. Gemeinsam ergibt die Serie ein einzigartiges Kunstwerk.
Hubert Kneipp (64) aus Offenbach konzentriert sich einen ganzen Tag lang nur auf einen Holunderstrauch. Er fotografiert einzelne Blüten, einzelne Blüten mit Himmel, einfach nur Blätter. "Für mich war es ungeheuer schwer, dabei zu bleiben", sagt er. Aus 65 gelungenen Bildern wählt schließlich Hubert Kneipp 32 aus und legt sie zu einem Tableau zusammen. "Ich würde das Tableau auf 18 Bilder reduzieren." Mante sortiert neu. Schließlich ist ein Kunstwerk entstanden, das sich sehen lassen kann.

Kunst der Annäherung

Klaus Hoffmann (57) aus Niedernhausen dagegen hat sich auf Bildpaare spezialisiert. Er hat eine Canon 5 D. Besonders gelungen findet der Kursleiter Hoffmanns Annäherungsbilder. Hoffmann hat durch ein vergittertes Fenster in Thurnau fotografiert - mal mit mal ohne Gitter, nur durch eine Veränderung der Schärfe. "Das sind tolle Einzelfotos, gute Abstraktionen", ist Mante von Johann Wills Bildern angetan. Der 63-Jährige hat Holz abstrakt fotografiert.
"Man kann eine gewisse Flurbereinigung bei Bildern machen, eventuell mal eine Zigarettenkippe wegstempeln", sagt Mante. Doch eigentlich findet es der Experte besser, schon vor dem Abdrücken des Auslösers solche Dinge und Störfaktoren zu erkennen. "Bei einem guten Foto ist das Bild in dem Moment, wo man den Finger krümmt, schon fertig", sagt Mante. Er ist ein Verfechter von "Fotografie unplugged" - also von reiner, purer Fotografie.
Die Technik ist übrigens bei den meisten Fotografen kein Problem. Meistens geht es nur darum, den Menschen das Sehen zu lernen, findet Mante. Und genau das haben die Teilnehmer gelernt: Sie sehen Thurnau mit völlig anderen Augen.
Auch Martin Koslowsky (50), der schon seit 35 Jahren fotografiert und schon einmal bei einem Kurs von Harald Mante dabei war, hat schon wieder viele neue Eindrücke gewonnen. "Aber am wichtigsten ist die Begeisterung, die ist richtig ansteckend", sagt Koslowsky. Vielleicht kommt Harald Mante in zwei Jahren wieder. Vorher sicherlich nicht, denn auch mit 79 Jahren ist Harald Mante noch immer hoffnungslos ausgebucht.