Flüchtlingskrise im Kreis Kulmbach: Zehn neue Lehrer wären notwendig
Autor: Sonny Adam
Stadtsteinach, Freitag, 18. Sept. 2015
Die Flüchtlingswelle macht auch den Schulen zu schaffen. Der Stadtsteinacher Rektor Michael Pfitzner und Schulamtsdirektor Jürgen Vonbrunn sprachen mit MdL Martin Schöffel. Sie fordern mehr Flexibilität bei der Besetzung von Lehrerstellen. Der Landkreis Kulmbach bräuchte zehn Pädagogen mehr.
Alles könnte so einfach sein, wenn die Vorschriften nicht wären. Aktenordner voller Bewerbungen hat das Schulamt Kulmbach - teils von hochqualifizierten Kräften. Schulamtsdirektor Jürgen Vonbrunn erzählt von einer Frau aus Norddeutschland, die seit vielen Jahren am Goethe-Institut unterrichtet. Sie spricht sieben Sprachen, auch arabische, und würde gerne nach Oberfranken kommen, um Flüchtlingskindern Deutschunterricht zu geben. Doch sie hat keine formale pädagogische Ausbildung und kann deshalb nicht angestellt werden.
"Wir bräuchten im Landkreis Kulmbach zehn weitere Lehrer", sagt Vonbrunn offen. Kostenpunkt: rund eine halbe Million Euro. Damit wäre dann der Deutschunterricht für Flüchtlinge und andere Migrantenkinder sichergestellt. Momentan funktioniert das Konzept mit Mobilen Reserven, die bei Krankheitsfällen haber zu gering sind.
Der Stadtsteinacher Schulleiter Michael Pfitzner, Vonbrunn und der CSU-Landtagsabgeordneter Martin Schöffel trafen sich gestern in Stadtsteinach, um über das "Kulmbacher Modell" zu sprechen. Denn die Mittelschulen und die Realschule sowie die beiden Kulmbacher Gymnasien haben sich bereit erklärt, jeweils sechs Lehrerstunden in einen Pool zu geben. Damit hätte eine Intensivierung erfolgen können. Doch bislang gab es noch keine Zustimmung des Ministeriums. Martin Schöffel will nachhaken.
Markt ist leergefegt
"Wir hatten letztes Jahr eine Vertragslehrkraft, die hätten wir gerne behalten - auch aus pädagogischen Gründen. Aber wir konnten ihr bis Juli keine Verlängerung anbieten", klagt Pfitzner. Tatsächlich ist derzeit der Markt an Grund- und Mittelschullehrern leergefegt. Deshalb greifen die Mittelschulen auch auf Realschullehrer oder auf Gymnasiallehrer zurück. Doch diese können nur befristet eingesetzt werden. "Diese Vertragslehrkräfte geben dann ganz normalen Unterricht nach dem Klassenleiterprinzip", schildert Pfitzner das Problem. Doch wenn sie auf eine längerfristige Anstellung im Mittelschulbereich hoffen, wird es schwierig. Denn das Gesetz schreibt vor, dass Realschul- und Gymnasiallehrer eine zweijährige Zusatzqualifikation absolvieren müssen. Während dieser Zeit dürfen sie auch nicht mehr in allen Fächern unterrichten, sondern nur noch in ihren Kernfächern. Pfitzner: "Das können wir als ländliche Schule nicht bieten."Acht Vertragslehrkräfte haben Kulmbach verlassen. Eine ging nach Schweinfurt, die sieben anderen, die in Bayern ausgebildet wurden, sind in andere Bundesländer abgewandert. "Das ist natürlich alles andere als positiv, wenn gute Lehrer abwandern, die wir ausgebildet haben", gibt der Schulamtsdirektor Vonbrunn zu. Gemeinsam mit dem CSU-Landtagsabgeordneten wünschten sich er und Pfitzner andere Qualifizierungswege: etwa noch eine Lehrprobe, ein zweites Staatsexamen oder einen ähnlichen Test.
Doch auch untereinander machen sich die Schulen Konkurrenz. Während Mittelschulen solche Vertragslehrkräfte erst sehr spät verpflichten können, agieren Berufschulen anders. Sie können schon Pfingsten Stellen und Verträge anbieten. Zudem ist die Besoldung dort höher.
"Wir wissen nicht, wie viele Flüchtlinge kommen. Und wir haben nach drei Monaten Schulpflicht. Das wird ein spannendes Jahr", kennt auch MdL Schöffel das Dilemma.
Als Quintessenz aus dem Sechs-Augen-Gespräch nahm der CSU-Politiker vor allem einen Wunsch mit: mehr Flexibilität bei der Besetzung von Lehrerstellen. Schöffel versprach, sich dafür einzusetzen, auch für frühzeitigere Informationen, für mehr Sicherheit für Vertragslehrer und für eine flexiblere Einteilung der Pädagogen.
Wenn im Landkreis Kulmbach für Flüchtlinge und Migranten zehn neue Lehrerstellen benötigt werden, ist mit Kosten von mehr als einer halben Million Euro zu rechnen.