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Fichtichhöhe: Schwarzstorch hat die Nase vorn


Autor: Stephan Tiroch

Grafendobrach, Montag, 23. März 2015

Weil der seltene und geschützte Vogel auf der Fichtichhöhe bei Grafendobrach futtert, bekommt der Investor, der dort drei Windräder geplant hat, Probleme. Auf jeden Fall dürfen sich die Rotoren tagsüber nicht drehen.
Weil der Schwarzstorch auf der Fichtichhöhe bei Grafendobrach futtert, dürfen die drei dort geplanten Windräder tagsüber nicht laufen. Es stellt sich nun die Frage, ob sie überhaupt gebaut werden. Fotomontage: Gerhard Stumpf


Der Bursche ist knapp einen Meter groß, wiegt gerade mal drei Kilo und hat zwei Meter Flügelspannweite. Er lebt versteckt in alten Wälder und genießt internationalen Schutz: der Schwarzstorch. Doch der kleine Bruder des Weißstorchs kann tonnenschwere und 200 Meter hohe Windradgiganten zu Fall bringen.

So wird es jetzt wohl in Grafendobrach kommen, wo auf der Fichtichhöhe drei Windräder - als Teil des Windparks Rugendorf - geplant sind. Weil der seltene und geschützte Vogel dort oben futtert, bekommt der Investor, die Naturstrom AG Forchheim, Probleme. Nach Auskunft des Landratsamts Kulmbach werden die drei Anlagen zwar genehmigt, aber die Rotoren dürfen sich tagsüber nicht drehen.

Klagen gegen Kronacher Bescheid

Am Fuß des Frankenwald soll bei Rugendorf ein Windpark mit sieben Anlagen gebaut werden.

Das Landratsamt Kronach hat für drei Windräder bei Wötzelsdorf bereits die Genehmigung erteilt, gegen die auch geklagt wird. Das Landratsamt Kulmbach ist zuständig für die drei Windräder auf der Fichtichhöhe (Stadtgebiet Kulmbach) und eines bei Eisenwind (Gemeindegebiet Rugendorf).

Das aufwendige Genehmigungsverfahren ist nun so weit abgeschlossen, dass die Dinge klar liegen. Dabei hat es keine Rolle gespielt, dass die Stadt Kulmbach - wie beim Windpark auf der Kirchleuser Platte - ihr Einvernehmen zweimal verweigert hat. Das fehlende Einvernehmen ist vom Landratsamt in Abstimmung mit der Regierung von Oberfranken ersetzt worden. "Dazu waren wir verpflichtet", so Hans-Dieter Vießmann, stellvertretender Abteilungsleiter für Bauwesen und Umwelt am Landratsamt. "Die 10H-Reglung gilt hier nicht, weil der Antrag vollständig vor dem Stichtag eingereicht worden ist."

Vießmann betont, dass naturschutzfachliche Aspekte in dem aufwendigen Genehmigungsverfahren eine große Rolle spielen. Laut Winderlass der Staatsregierung müsse geprüft werden, ob es "kollisionsgefährdete Vogelarten" im Umkreis der Windräder gibt: ein Horst im 3000-Meter-Radius und Futtersuche im 10.000-Meter-Radius.

Beide Kriterien treffen bei der Fichtichhöhe zu. Es gibt im Ziegelhüttener Forst einen Schwarzstorchhorst, und es sind Flugbewegungen des geschützten Vogels im Bereich von Grafendobrach festgestellt worden.

"Gefährdung liegt vor"

In der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde heißt es: "Demnach liegt eine Gefährdung des Schwarzstorches bei der Fichtichhöhe vor." Um eine Tötung der Tiere zu vermeiden, wird gefordert, dass die drei Windräder im Zeitraum vom 1. April bis zum 31. August von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nicht laufen dürfen.

Eine solche Auflage stellt für den Investor eine erhebliche Einschränkung darf. Was sagt man bei der Windstrom Rugendorf GmbH & Co KG - dahinter steht die Naturstrom AG Düsseldorf - zu der Entwicklung? "Wir kennen die Stellungnahme der Naturschutzbehörde. Wir warten nun den Genehmigungsbescheid der Behörde ab und werden dann entscheiden, was zu tun ist", erklärt die zuständige Projektleiterin Karin Ebert von der Forchheimer Niederlassung.

Der Investor lässt sich also alle Möglichkeiten offen. Theoretisch könnte man den Antrag zurückziehen. Hier zeichnet sich aber ab, dass sich Naturstrom AG die Genehmigung geben lässt, um anschließend vor das Verwaltungsgericht zu ziehen.

"Geheimsitzungen"

Aus Grafendobrach mag niemand offen mit der Presse reden. Offiziell gibt es keine Stellungnahme, aber hinter vorgehaltener Hand spricht man davon, "dass die Anwohner erleichtert wären, wenn die Windräder nicht kommen". Die Anlagen seien zu nah am Ort, eine starke Beeinträchtigung. Es gebe eine schweigende Mehrheit im Dorf, die sich nicht traut, offen etwas zu sagen. "Es wurden Geheimsitzungen gemacht und vollendete Tatsachen geschaffen. Die Geheimnistuerei hat die Leute am meisten aufgeregt."

Es geht um die Fledermäuse

Unabhängig von der Entwicklung auf der Fichtichhöhe, so Vießmann, ist die Anlage bei Eisenwind genehmigungsfähig. Allerdings mit einer Einschränkung, die für alle Rugendorfer Windräder gilt: Es geht um den Schutz der Fledermäuse.

Bei der naturschutzfachlichen Kartierung sind Vießmann zufolge "schlaggefährdete Fledermausarten" nachgewiesen worden. Daher muss bei zwei Anlagen stellvertretend ein so genanntes Gondel-Monitoring ("bei vielen Windparks üblich") durchgeführt werden. Dabei zeichnet ein Fledermausrecorder die akustischen Signale der nachtaktiven Tiere auf. "Die Auswertung der teilweise im Ultraschallbereich liegenden Rufe macht ein Gutachter", erläutert der Umweltschutzingenieur des Landratsamts. "Danach ist festzulegen, ob abgeschaltet werden muss."

Im ersten Betriebsjahr der Rugendorfer Windräder gilt die Auflage, dass bei Schwachwind - also bei Geschwindigkeiten unter sechs Metern pro Sekunde - vorsorglich eine Stunde vor Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang abzuschalten ist. Vießmann: "Das wird bei den Anlagen einprogrammiert. Auch das ist nichts Unübliches."