Fastnachter Peter Kuhn im Interview
Autor: Werner Reißaus
Neuenmarkt, Sonntag, 08. Oktober 2017
Peter Kuhn tritt seit 1991 als Büttenredner bei der Fastnachtsgesellschaft "Schwarze Elf Schweinfurt" auf.
Überregional bekannt wurde er durch seine Mitwirkung in der Kultsendung "Fastnacht in Franken". Seine Büttenreden sind geschliffen und pointiert und von politischer wie gesellschaftskritischer Art. Am Rande des TIK-Jubiläums (siehe Bericht oben) hatte die BR Gelegenheit zum Interview.
Herr Kuhn, wie sind Sie überhaupt zum fränkischen Fasching gekommen?
Peter Kuhn: Das war mehr oder weniger ein Zufall, denn meine Heimatgesellschaft "Schwarze Elf Schweinfurt" hatte schon immer Leute gesucht, die selber schreiben und selber verfassen und nicht irgendwas aus dem Heft oder sonst was nehmen. Und nachdem der große fränkische Karnevalist Walter Zenglein gestorben war, waren sie noch mehr auf der Suche. Meine damalige Nachbarin hat mich empfohlen, weil ich schon immer Gedichte und kleinere Sachen geschrieben habe. Ich bin dann in den Vorstand geladen worden und man sagte mir: Wir probieren es mal aus. Es war erfolgreich und seitdem bin ich dabei. Da war ich 29 Jahre alt.
Gerade das richtige Alter, um als Büttenredner zu beginnen?
Ich weiß nicht, ob es das richtige Alter war. Viele kommen früh in der Fastnacht als Kinder und Jugendliche in die Bütt, aber viele schaffen den Sprung über die Pubertät nicht. Für einen politischen Vortrag ist es vielleicht schon eher das richtige Alter, denn so junge politische Redner gab und gibt es natürlich nicht.
Die geschliffene Büttenrede ist ein Markenzeichen von Ihnen.
Die klassische Reim- und Büttenform nach Mainzer Prägung war für mich schon ein gewisser Ansporn und ein gewisses Vorbild.
Man spürt bei Ihren Büttenreden auch, dass Ihre Recherche unwahrscheinlich gründlich ist.
Die Recherche muss bei jedem politischen Vortrag, gereimt oder ungereimt, natürlich stimmen. Ich beschäftige mich meistens am Ende des Jahres mit den Jahresrückblicken im Fernsehen oder im "Spiegel", gehe die dann durch, schaue, was noch aktuell ist. Vieles vergisst man ja als Zuschauer oder Leser. Und dann schaue ich, was ist mir wichtig, was ist den Leuten wichtig. Aus diesen Themen heraus muss ich dann eine Figur entwickeln, die das alles einigermaßen beinhalten kann. Die Figur ist das zentrale Element, denn ich mache ja keine feste Figur wie Thilo, sondern ich mache eine wechselnde Figur und da hat es wenig Sinn, wenn ich als Kellner komme und Sachen über Feuerwehrleute erzähle.
Ist die feste Figur für Sie nicht auch ein Vorteil?
Ja, es ist ein Vorteil, weil ich jedes Jahr eine neue Figur finden muss, denn wenn man immer in derselben Figur bleibt, ist es schwierig, sich da zu halten und zu steigern. Man sieht das an Waltraud und Mariechen zum Beispiel, denn irgendwann ist dann keine Entwicklung mehr in den Figuren drin, aber es hat auch den Nachteil, dass man quasi immer wieder von Null anfängt und nicht auf einer bekannten Figur aufbauen kann.
Ihre Stärke liegt ja auch darin, dass Sie den Politiker, egal welcher Couleur, nicht verunglimpfen, was man ja bei Kabarettisten häufig nicht sagen kann, wie etwa ein Urban Priol, der sich ja generell die Bundeskanzlerin vornimmt.
Ich sage mir immer: Der normale Politiker will natürlich auch immer das Beste erreichen. Er hat vielleicht andere Ansichten oder Methoden, als ich das vielleicht tun würde - wobei ich mich als Politiker nicht eigne, denn da bin ich viel zu undiplomatisch. Man kann sich über die Tat lustig machen, aber nicht über den Menschen. Das unterscheidet ja auch die Fastnacht stark vom Kabarett, denn das kann viel zynischer und sarkastischer sein. Die Basis der Fastnacht ist immer noch der Humor und den definiere ich als das Wissen um die eigene Unzulänglichkeit. Humor ist, wenn man trotzdem lacht.
Ist die Figur für den nächsten Franken-Fasching schon geboren?
Nein, die Zeit ist so schnelllebig, wenn ich jetzt was schreibe, dann kann es im Januar schon wieder vergessen sein.