Druckartikel: Fast so gut wie das Original

Fast so gut wie das Original


Autor: Klaus Klaschka

Kulmbach, Sonntag, 06. März 2016

Der Wahl-Bamberger Patrick Schmitz gab am Samstagabend in Rüdiger Baumanns Theater in Ziegelhütten einen Heinz-Erhardt-Abend der Spitzenklasse.
"Ich bin von dieser Seite gekommen, hätte aber auch von der anderen Seite..." Patrick Schmitz (Heinz Erhardt) erläutert Rüdiger Baumann die logischen Möglichkeiten seines Auftritts. Foto: Klaus Klaschka


Die Ähnlichkeit ist frappierend: Stirnglatze, dieselbe durch eine lange Haarsträhne vom schütter behaaren Hinterkopf abgeteilt, füllige Wangen, eine 50-er-Jahre-Hornbrille, unauffälliger irgendwie brauner Anzug, der Kopf etwas wichtig erhoben, um ihn gleich wieder schüchtern aber mit einem Seitenblick zu senken. Beim Lächeln den Unterkiefer etwas nach vorne geschoben, ohne dass sich die Zähne berühren. Patrick Schmitz ist Heinz Erhardt.
Um es frei nach Heinz Erhardt zu sagen: "Erscheint er auf ,Das Baumanns' Bühne / So gleicht er dort, ein langer Hüne, / Heinz Erhardt aus des Meisters Antlitz / wie dieses Ei auch er geschnitzt ist. / Sein Name, und das ist kein Witz, / sagt er, sei aber Patrick Schmitz."
Der Wahl-Bamberger gab am Samstagabend in Rüdiger Baumanns Theater in Ziegelhütten einen Heinz-Erhardt-Abend der Spitzenklasse - erläuterte bereits zum Auftritt umfangreich und logisch begründet die

Richtung seines Auftritts dem Anmoderator Rüdiger Baumann. Dieser Sketch "Darf ich mal reinkommen" aus dem Jahr 1958 stammt aus der Zeit, als Erhardt bereits deutschlandweit durch Filme und Fernsehen bekannt geworden war.


Zeit des Wirtschaftswunders

Heinz Erhardt verkörperte die 1950er und 60er Jahre. Die des Wirtschaftswunders "uns geht es gut und wir sind wieder wer", aber auch die Generation, die ihre besten Jahre im Krieg gelassen hatte und diese jetzt nachholen wollte. Es herrschten noch die formalen selbstverständlichen Umgangsformen und Rollenzuweisungen der Adenauer-Ära. Man vergnügte sich bei Tanztees und - wer es sich schon leisten konnte - bei abendlichen Fernsehstunden, Komödienstadel, Ohnsorgtheater und diversen Shows mit Operettenmelodien und leppischer Schlagerseligkeit.
In diesen netten Unterhaltungs-Standards hatte Heinz Erhardt einen festen Platz als wortgewandter aber gleichzeitig etwas schussliger, sich oft verheddernder "Dichter" und Situationskomiker. Sein Humor baut in erster Linie auf Wortspielen und verdrehten Redewendungen auf. In dem Gedicht "Ganz zuletzt" (das Patrick Schmidt auch vortrug) bekannte er sich zu den Vorbildern Erich Kästner, Christian Morgenstern und Joachim Ringelnatz. Und in seinen logischen Spielereien baute er auch auf Karl Valentin.


Aus der Rolle gesprungen

Für tiefere Kritik war damals noch nicht die Zeit. Sein Gedicht "Flecke", in dem er die Doppelzüngigkeit von Politik klar ausspricht, trug Heinz Erhardt selbst nie vor - Patrick Schmitz tat es und sprang für diesen Augenblick aus seiner Heinz-Erhardt-Rolle, die er ansonsten absolut souverän darstellte.
Patrick Schmitz, 1978 in Wiesbaden geboren, also ein Jahr älter als Heinz Erhardt tot ist, ist "ernsthafter" Schauspieler und Sänger und lebt jetzt in Bamberg. Sein Repertoire reicht von Shakespeare bis Lustspiel, Operette, Musical und auch Rollen im Fernsehn. Auch Regie führte er. Seine Bühnenpräsenz ist bestechend. Musikalisch wurde er begleitet von Harald Hauck im gelb-schwarzen Groß-Karree-Anzug, was der Veranstaltung angenehm den Charakter einer Hommage versagte.