Fallschirm bremste den Absturz bei Kulmbach
Autor: Katrin Geyer
Neufang, Donnerstag, 15. August 2013
In der Nähe des Kulmbacher Flugplatzes endet der Versuch einer Notlandung in einem Waldstück. Das 60.000 Euro teure Ultraleicht-Flugzeug hat nur noch Schrottwert. Der Pilot bleibt wie durch ein Wunder unverletzt.
Richard Lehmeier, Flugleiter am Kulmbacher Flugplatz, hat einen ruhigen Vormittag. Der Himmel ist klar,die Sicht gut. Hin und wieder startet oder landet ein Sportflugzeug. Gegen 12.20 Uhr meldet sich eine Maschine aus Schmidgaden in der Oberpfalz an. Lehmeier versorgt den Piloten mit Informationen über die Windstärke und die Landebahn auf dem Platz, als dieser plötzlich aufgeregt über Funk mitteilt, dass direkt vor ihm ein Segelflugzeug an einem Fallschirm zu Boden geht.
"Bis ich das realisiert habe, habe ich nur noch den Fallschirm im Baum hängen sehen", sagt Lehmeier, der von seinem Arbeitsplatz im Tower über die Landebahn hinweg direkt auf das Waldstück schaut, in dem am Donnerstag ein Ultraleicht-Flugzeug zu Boden gegangen ist.
Die Maschine, ein zweisitziges, motorisiertes Segelflugzeug vom Typ Banjo Duo, war auf dem Kulmbacher Flugplatz gestartet und befand sich bereits wieder im Landeanflug.
Wie und warum er ausgerechnet bei diesem Flug in Schwierigkeiten geriet, wird noch geklärt werden müssen. Fakt ist: Der 25-Jährige sah wohl eine Notlandung als unvermeidlich an und aktivierte das Sicherheitssystem. Das besteht im wesentlichen aus einem großen Fallschirm, an dem, anders als bei dem verbreitet üblichen Schleudersitz, nicht nur der Pilot, sondern das ganze Flugzeug zu Boden schwebt.
In Kulmbach entwickelt
Entwickelt hat dieses Sicherungssystem die Firma Junkers Profly, die es von Kulmbach aus weltweit vertreibt. "Praxistest bestanden", wird später einer der Flugkameraden des Piloten in einem Anflug von Galgenhumor erklären, als feststeht, dass nur Sachschaden entstanden ist.
Fichtenwipfel bremsen den Fall der Maschine, die aus etwa 100 Metern Höhe zu Boden geht. Der Segler prallt auf dem Boden auf, der rot-weiße Fallschirm verfängt sich in den Bäumen. Zeugen des Unglücks lösen sofort Alarm aus. Wenig später sind Rettungsdienst, Feuerwehr, Helfer des THW und die Polizei vor Ort.
Als sie die Unglücksstelle erreichen, sind sie erleichtert: Der Pilot hat sich selbst aus dem Wrack seiner Maschine befreien können, kommt den Rettern bereits entgegen, sichtlich erschrocken, aber offensichtlich unverletzt. Vorsichtshalber wird er dennoch zur Untersuchung ins Klinikum Kulmbach gebracht. Der Rettungshubschrauber, der ebenfalls an die Absturzstelle gerufen wurde, wird nicht benötigt. Sachverständige der Polizei begutachten die Unfallstelle, an der Flugzeugteile im Umkreis von mehreren Metern liegen. Die Feuerwehr bleibt so lange in dem Waldstück, bis feststeht, dass von dem mit Treibstoff gefüllten Tank keine Gefahr mehr ausgeht.
Auf dem Kulmbacher Flugplatz macht sich Erleichterung breit, als feststeht, dass dem Piloten nichts passiert ist. Das rund 60.000 Euro teure Flugzeug hat wohl nur noch Schrottwert. Vielleicht sind Höhenmesser oder Funkgerät noch zu verwenden. Die Polizei spricht von einem Schaden von mindestens 30.000 Euro.
"Aber er hat riesiges Glück gehabt", sagt Steffen Jungkuntz, der bei Junkers Profly für den technischen Betrieb zuständig ist, froh darüber, dass das Sicherheitssystem funktioniert hat. "Ein ungebremster Absturz in den Wald endet sonst in der Regel tödlich."
Der Pilot des Unglücksflugzeugs ist mittlerweile wieder auf dem Damm. Noch am Nachmittag hat er selbst mit angepackt und das Wrack seiner Maschine aus dem Wald geborgen und über die Landebahn zu den Betriebsgebäuden transportiert. Dort werden Sachverständige in den nächsten Tagen die Maschine untersuchen, um Aufschluss über die Unglücksursache zu erhalten.