Fahrlehrer-Mangel: Wenn keiner mehr schult
Autor: Jochen Nützel
Kulmbach, Dienstag, 27. August 2019
Die Zahl derer, die Fahranfängern richtiges Verhalten im Straßenverkehr beibringen, wird immer kleiner, sagen Harald Ködel und Jörg Garzke.
Diesen Fachkräftemangel haben wohl die wenigsten auf dem Schirm - dabei dreht er sich mittelbar um des Deutschen (fast) liebstes Kind: das Auto. Wer fahren will, ob auf zwei oder vier (und mehr) Rädern, der braucht dazu eine Erlaubnis, genannt Führerschein. Vor die Prüfung haben die Götter der Mobilität die theoretische wie praktische Ausbildung gesetzt. Keine Übungen ohne Übungsleiter, sprich Fahrlehrer. Doch diesen Job wollen offenbar immer weniger machen.
"Der Mangel ist in Kulmbach angekommen", sagt Harald Ködel, Fahrlehrer und seit 1992 selbstständiger Inhaber einer Fahrschule. Und er macht folgende Rechnung auf. "Ich selber, mittlerweile 57 Jahre alt, biete alle Fahrklassen an und und habe zwei weitere Fahrlehrer fest angestellt - die sind aber auch schon 53. Die Masse ist älter, Junge in dem Beruf sind eher Mangelware. Ich könnte sofort einen in Vollzeit einstellen, das würde mir mehr Freiräume schaffen für die anderen Dinge, die ich in der Firma zu erledigen habe." Doch die Frage, die ungestellt im Raum steht: Woher diese zusätzliche Kraft nehmen?
Die Zahlen decken sich mit den Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fahrlehrerausbildungsstätten. Derzufolge sind allein in Bayern 1200 Fahrlehrer weniger verzeichnet als noch vor zehn Jahren, insgesamt gelistet sind demnach noch rund 9000. Der Verband zieht hier Vergleiche mit der Situation bei den Hausärzten, spricht von einer Überalterung und der Tatsache, dass es an Nachwuchs auf breiter Fläche mangele. Angeblich haben 60 Prozent aller Fahrschulen in Bayern mit dieser Problematik zu kämpfen, dass mindestens ein Kollege/eine Kollegin in der Ausbildung fehlten.
Zur "Überalterung" sagt die Statistik: Annähernd 50 Prozent aller, die vorwiegend Fahranfängern zur Seite sitzen, ist 55 und älter, ein Siebtel sogar jenseits der 66. Dazu gehört Günther Ott, einst selber Eigner einer Fahrschule, der nun für die Fahrschule Lang fährt. Für deren Inhaber Jörg Garzke ist Ott "ein Glücksfall". "Ohne solche Leute, die mit Leidenschaft dabei sind, obwohl sie schon den Ruhestand genießen könnten, wäre es schwierig, den Betrieb am Laufen zu halten", sagt der 55-Jährige.
Dass die "Alten" nicht aufhören, liege auch am Spaß, den der Job bereite, betont Harald Ködel. "Langweilig wird es garantiert nicht. Ich selber liebe die Abwechslung. Und wer kann schon während der Arbeitszeit Motorrad fahren?"
Ein Job für Quereinsteiger
Das Gesetz sieht vor, dass ein Fahrlehrer mindestens 21 Jahre sein und einen abgeschlossenen Beruf oder Abitur/Studium vorweisen können muss. "Es gibt in meiner Branche also de facto nur Quereinsteiger oder Umschüler wie mich." Harald Ködel selber war Kfz-Mechaniker, insofern nicht ganz fachfremd. "Ich überlegte damals, ob ich die Meisterprüfung anhänge. Aber das dauerte ewig und da kam die Fahrlehrerausbildung gerade recht." Seine hat er an der Ausbildungsstätte in Nürnberg absolviert. Mittlerweile dauert die "Lehre" zwölf Monate.
Bis vor wenigen Jahren spülte die Bundeswehr noch jede Menge Fahrlehrer auf den Markt. "Sie hat uns sozusagen recht kurzgehalten, weil sie auch jede Menge Lastwagenfahrer ausgebildet hat. Das tut sie nun praktisch gar nicht mehr", sagt Ködel. Die Folge: "Jetzt kommen die, die Fahrer werden wollen, zu uns." Da wird es bei dünner Personaldecke schnell eng.