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Ex-Manager von Raps zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt


Autor: Stephan Tiroch

Kulmbach, Donnerstag, 31. Juli 2014

Der Raps-Prozess endet mit einem Paukenschlag: viereinhalb Jahre Gefängnis für den Mann, der 1,74 Millionen Euro Firmengelder veruntreut hat. Die Hofer Wirtschaftsstrafkammer geht dem Kulmbacher Angeklagten nicht auf den Leim.
Nach fünf Verhandlungstagen endete am Donnerstag der Raps-Prozess vor der Hofer Wirtschaftsstrafkammer. Der Ex-Manager von Raps Belgien aus Kulmbach muss viereinhalb Jahre ins Gefängnis. Foto: Stephan Tiroch


Mit Wundern, die nicht eintreten, kennt sich der Ex-Manager von Raps Belgien bestens aus. Von den 1,74 Millionen Euro, die er in 31 Einzelbeträgen vom Unternehmenskonto an dubiose Anlagefirmen in fernen Ländern überwiesen hat, ist nichts zurückgekommen: kein Cent und auch kein Cent der versprochenen Rendite von zehn bis 15 Prozent. Das Geld, mit dem die Raps-Muttergesellschaft in Kulmbach Investitionen finanzieren wollte, ist futsch.

Auf Freispruch gehofft

Auch am Donnerstag wartet der ehemalige Gewürz-Manager vergeblich auf ein Wunder: auf einen Freispruch vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hof, wo er wegen schwerer Untreue angeklagt ist. Die Argumentation seines Verteidigers Volker Beermann aus Bayreuth, der am Montag auf Freispruch plädiert hat, überzeugt das Gericht nicht.

Im Gegenteil, der 46-jährige Kulmbacher erlebt bei der Urteilsverkündung sein blaues Wunder: Die Kammer verhängt eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren. Da staunt auch Staatsanwalt Matthias Goers, der drei Jahre und neun Monate gefordert und für den gestrigen Sitzungstermin seinen Urlaub verschoben hat.

Einer der besten Mitarbeiter

Zum Sachverhalt: Der Ex-Manager, der bei Raps klein angefangen hat, genießt bald das uneingeschränkte Vertrauen der Geschäftsführung und gilt als einer der besten Mitarbeiter. Er wird, so Vorsitzender Richter Matthias Burghardt, dort eingesetzt, wo es Probleme gibt. Und er bezieht auch ein hohes Gehalt: 150 000 Euro im Jahr.

Seit 2004 General Manager bei Raps Belgien, hat er umfangreiche Vollmachten. Doch riskante Spekulationsgeschäfte mit Firmengeldern sind ihm nicht erlaubt. Allerdings versenkt er privates Geld bei fragwürdigen Investments. Die Verluste summieren sich auf 330 000 Euro, als ihm im Herbst 2009 ein "Aktientausch" angeboten wird. "Er entschloss sich in die Firmenkasse zu greifen, um sein Privatvermögen zu retten", so der Richter. Insgesamt veruntreut der Gewürz-Manager 1,74 Millionen Euro.

"Alles widerlegt"

Burghardt geht besonders auf die Rolle ein, die der Angeklagte vor Gericht gespielt hat. Er habe den Eindruck erweckt, er sei unbedarft und gutgläubig, er sei selbst ein Opfer, er habe für Raps Gewinne erwirtschaften wollen und sei zu 110 Prozent Rapsianer. "Dies alles ist widerlegt worden", betont der Kammervorsitzende.

Alle Zeugen hätten den Ex-Manager als befähigt und erfolgreich beschrieben. Steuern sparen und Gier sind nach Erkenntnissen des Gerichts die Hauptmotivation für solche Spekulationsgeschäfte. Da komme es einer Verhöhnung wirklicher Opfer gleich, wenn sich der Angeklagte so darstellt. Wenn er nur 90-Prozent-Rapsianer gewesen wäre, so Burghardt, hätte er nie auch nur an solche krummen Geschäfte gedacht. Und selbst als 50-Prozent-Rapsianer hätte er eher damit aufgehört. Am Schluss sei Angst seine Motiv gewesen, um weiterzumachen.

Unstrittig ist nach Ansicht der Kammer, dass das deutsche Gericht für die Taten eines Deutschen im Ausland zuständig ist. "Das deutsche Strafrecht folgt den deutschen Straftätern überall hin. Es macht nur dort halt, wo die Tat im Ausland nicht mit Strafe bedroht ist", erklärt der Vorsitzende. Untreue sei aber auch in Belgien strafbar, wie die Sachverständige klar festgestellt hat. Burghardt: "Das ist der Schlüssel dafür, dass der Angeklagte in Deutschland verurteilt werden kann."

Hochrisiko-Anlagen

Der Ex-Manager habe vorsätzlich gehandelt, so der Richter: "Aufgrund seiner privaten Erfahrungen war ihm klar, dass es sich um Hochrisiko-Anlagen handelte. Er entzog wissentlich und willentlich seiner Firma 1,74 Millionen Euro."

Zugunsten des 46-Jährigen berücksichtigt das Gericht, dass er die Taten im wesentlichen eingestanden hat ("sonst wäre die Strafe höher ausgefallen"), dass er bisher straffrei gelebt, sich in einer wirtschaftlichen Notlage befunden und seinen Arbeitsplatz verloren hat. Gegen ihn habe gesprochen, dass er über den langen Zeitraum von einem Jahr seine Taten begangen und diese verschleiert hat, dass er einen hohen Schaden angerichtet und die beiden Buchhalter mit reingezogen hat.

Gegen Auflagen auf freiem Fuß

Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. "Wir gehen in die Revision", kündigt Rechtsanwalt Beermann im Gerichtssaal an. Bis dahin bleibt der Ex-Manager auf freiem Fuß. Der Haftbefehl ist gegen Auflagen weiter außer Vollzug gesetzt. Der 46-Jährige, der zu Beginn der Ermittlungen drei Monate in Untersuchungshaft saß, musste seinen Ausweis abgeben und muss sich regelmäßig bei der Polizei melden.

Dass Untreue nicht als Kavaliers delikt angesehen wird, sieht man an den Einzelstrafen für die 31 Taten, aus denen das Gericht eine Gesamtfreiheitsstrafe von viereinhalb Jahren gebildet hat.

Unglaublich

Allein für die größte veruntreute Einzelsumme von 210.000 Euro hätte es zwei Jahre Gefängnis gegeben. Die Summe der Einzelstrafen addiert sich auf unglaubliche 30 Jahre und vier Monate.