Druckartikel: Es lebe die Phrasen-Sau

Es lebe die Phrasen-Sau


Autor: Katrin Geyer

Kulmbach, Montag, 27. Mai 2019

Die sogenannten sozialen Medien sind eine Spielwiese für Phrasendrescher.
Ist das eine Phrasen-Sau?Foto: Archiv/Andreas  Oswald


Früher gab es in manchen Zeitungsredaktionen eine Phrasen-Sau. Das war ein Sparschwein, in das derjenige eine Mark zu werfen hatte, der in einem Text eine viel strapazierte Phrase verwendete: "...schwangen das Tanzbein..." , "... und die Zugspitze grüßte in der Ferne...", "...es blieb kein Auge trocken....". Man kennt das. War die Sau dick und rund geworden, wurde sie geschlachtet zum Zwecke eines gemeinsamen Umtrunks.

Die Phrasen-Sau ist ein wenig aus der Mode gekommen in den Redaktionen. Was nicht bedeutet, dass nicht immer noch in vielen Manuskripten die eine oder andere Phrase lauert und hofft, unentdeckt durch die Korrektur zu schlüpfen.

Verhungern muss die Phrasen-Sau freilich nicht. Im Internet, insbesondere auf Plattformen wie Facebook und Co., könnte sie sich fettfressen. Insbesondere die Betroffenheits-Lyriker schlagen dort wilde Kapriolen.

Beispiel gefällig? Einer postet einen Link zum Bericht von einer Wolfssichtung. "Ich habe Angst um meine Kinder!" schreibt Sekunden später einer drunter. Der nächste meint: "Schlimm, das alles." Und ein Dritter kommentiert: "Das haben uns die Grünen* eingebrockt." (*Kann ersetzt werden durch "Angela Merkel" oder "die Lebensmittelindustrie"). Also: "Milchschnitten machen Menschen dumm." - "Ich habe Angst um meine Kinder!"- "Das hat uns die Lebensmittelindustrie eingebrockt." - "Schlimm, das alles."

Und es funktioniert auch mit der Feststellung, dass der Klimawandel nun doch nicht kommt. Probieren Sie's aus - wir würden in diesem Fall auf "Angela Merkel" setzen.

Irgendwann geht die Phrasen-Sau vermutlich an Fettleibigkeit zugrunde. Schlimm, das alles!