Es gibt kein Zurück zum Kulmbacher Zentralparkplatz

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Für Gerhard und Karin Bär gibt es kein Zurück zum alten Standort am Zentralparkplatz. Foto: Stephan Tiroch
Für Gerhard und Karin Bär gibt es kein Zurück zum alten Standort am Zentralparkplatz.  Foto: Stephan Tiroch
Ecke Klostergasse/Grabenstraße: So könnte der neue Bratwurststand mit Kassenautomat und Zugang zur Tiefgarage aussehen. Fraglich, ob der Brunnen realisiert wird - er passt wohl nichts ins Sicherheitskonzept der Bierwoche. Grafik: H2M
Ecke Klostergasse/Grabenstraße: So könnte der neue Bratwurststand mit Kassenautomat und Zugang zur Tiefgarage aussehen. Fraglich, ob der Brunnen realisiert wird - er passt wohl nichts ins Sicherheitskonzept der Bierwoche. Grafik: H2M
 
Wolfrum-Dynastie: Karin Bärs Tante Sofie Hain brutzelt in den fünfziger Jahren am Kulmbacher Marktplatz. Foto: BR-Archiv
Wolfrum-Dynastie: Karin Bärs Tante Sofie Hain brutzelt in den fünfziger Jahren am Kulmbacher Marktplatz. Foto: BR-Archiv
 

Warum Gerhard Bär seinem angestammten Standort den Rücken kehrt. Dort war er eine Institution mit seinem Bratwurststand.

Dieser Mann gehörte zum Zentralparkplatz wie der Senf(t) zur Bratwurst und der Schaum zum Bier. Die Ecke Grabenstraße/Klostergasse war sein Stammplatz. Dort brutzelte Gerhard Bär 21 Jahre lang Bratwurst, Steak und Gyros. Wenn Tiefgarage und Zentralparkplatz bald behinderten- und bierfestgerecht umgebaut sind, kehrt er jedoch mit seinem Bratwurststand nicht mehr dorthin zurück, wo er eine Institution war.

Gerhard Bär ist gelernter Kfz-Mechaniker. Durch Einheirat in die Wolfrum-Dynastie hat er sich neu orientiert und steht seit 1982 am Rost. "Bis 1995 war ich am Marktplatz, aber drei Buden hat der Platz nicht getragen", sagt er. Dann erfolgte der Umzug zum Zentralparkplatz. "Ein toller Standort, den wollten einige haben", erklärt seine Frau Karin, deren Familie schon lange im Bratwurstgeschäft tätig ist.


Auf dem Gehsteig gebraten

Es fing an, als Karins Vater Georg Wolfrum 1938 das legendäre Wirtshaus "Hubertus" am Marktplatz (heute Pizzeria "La Dolce Vita") übernommen hat. "Damals haben sie einfach vor der Tür auf dem Gehsteig gebraten", weiß Gerhard Bär.

Dieser Tradition fühlt sich der 60-Jährige verpflichtet: Denn er grillt nach wie vor auf Holzkohle. Etwas anderes kommt nicht infrage. Es geht um Berufsehre und Röstaromen. "So schmeckt die Wurst einfach besser." Mit Geschmack hat auch die zweite Besonderheit zu tun: Fassbier am Bratwurststand. "Es kommt bei Kulmbachern und Touristen gut an." Dafür braucht er eine extra Genehmigung: Schank- und Speisegaststätte ohne Bestuhlung, wie es im Verwaltungsdeutsch heißt.


Gefühl von Gemeinschaft

Dabei gab es am Zentralparkplatz nicht nur eine Wurst für den schnellen Hunger, sondern immer auch das Gefühl von Gemeinschaft. Gerhard Bär und seine Frau ("Ich bin Mädchen für alles") kannten ihre Leute. "Ganz viele Stammkunden, wie eine große Familie. Man besprach die Sorgen und Freuden des Alltags." Früh waren die Kaffeetrinker die Ersten, danach kamen die Frühschöppler, andere schauten in der Mittagspause oder nach der Arbeit vorbei. Man redete über Gott und die Welt, besonders über Fußball und über das, was Kulmbach bewegt.

Neben dem Austausch von Informationen wurde vor allem soziale Verantwortung großgeschrieben. Gerhard Bär erinnert sich noch genau: "Zum Beispiel der Schnirrings Heiner, er kam jeden Tag um zehn. Als er einmal nicht da war, haben wir gleich bei ihm daheim nachgeschaut, wie's ihm geht."


Forschungsobjekt der Uni Bayreuth

Dieser Mikrokosmos am Zentralparkplatz war sogar Forschungsobjekt. Eine Soziologin der Universität Bayreuth analysierte, wie sich das Publikum zusammensetzt, was gesprochen wird, welche Interaktionen stattfinden.

Der Wissenschaftlerin dürfte nicht entgangen sein, dass Gerhard Bär in Kulmbach Kult ist. Geadelt durch Thomas Gottschalk und Ex-Minister Karl-Theodor zu Guttenberg, die hier ihre Bratwurst holten. Oder durchs Sat.1-Frühstücksfernsehen, das bei ihm ein Filmchen drehte.


Standkonzert für Bratwurstbollwerk

Bärs Bratwurstbollwerk stünde wohl immer noch am Zentralparkplatz, wenn nicht der Beton der Tiefgarage bröselig geworden wäre. Gerhard Bär musste die Großbaustelle verlassen und siedelte vor einem Jahr in die Fritz-Hornschuch-Straße zum früheren Kaufplatz um. "Als ich wegging, gab die Stadtkapelle ein Standkonzert mit 40 Mann."

Der 60-Jährige hat das Angebot der Stadt, an den Zentralparkplatz zurückzukehren. Dort wird ein Bratwursttempel aus Stahl und Glas gebaut. "Es ist ein Neubau für die Zubereitung von Kulmbacher Spezialitäten geplant", sagt geschäftsleitender Beamter Uwe Angermann von der Stadt. "Wir erstellen den Rohbau mit Anschlüssen für Wasser, Abwasser und Strom."


Es gibt schon Bewerber

Angermann ist bereits informiert, dass sich die Stadt einen neuen Pächter suchen muss. "Ja, der Stand wird im Herbst neu ausgeschrieben. Es sind schon Bewerber da. Uns schwebt vor, dass der Nachfolger auch am Samstag und Sonntag offen hat."

Warum gibt Gerhard Bär seinen Stammplatz auf? "Wir haben lange überlegt", sagt er. Er müsste den Bratwurststand komplett neu einrichten. Keine Kleinigkeit, sondern eine fünfstellige Summe. "Es wäre eine enorme Investition. Ich bin jetzt 60. Also rentiert es sich nicht - vor allem, weil wir auch keinen Nachfolger haben."


"Ausklingen lassen"

Gerhard Bär will "es ausklingen lassen", noch ein paar Jahre arbeiten. Ob er beim Kaufplatz bleibt? Das hänge von den Plänen der Stadt ab, sagt er, wann das Gebäude abgebrochen wird und der Uni-Campus kommt: "Vielleicht mach' ich dann den Campus-Imbiss."