Druckartikel: Erst macht sie unbesiegbar, dann krank

Erst macht sie unbesiegbar, dann krank


Autor: Martin Kreklau

, Dienstag, 14. August 2012

Auch in Kulmbach ist die Droge "Crystal" auf dem Vormarsch. Experten warnen vor den verheerenden Folgen.
Die Droge Crystal Fotos: Michael Gründel


Der Blutdruck steigt, die Pupillen weiten sich. Hunger und Durst verschwinden. Das Schlafbedürfnis ist ausgeschaltet. Nach dem Konsum der Droge "Crystal" ist der Körper auf Hochleistung eingestellt. Konsumenten empfinden ein Gefühl von Stärke und Euphorie, haben einen gesteigerten Rededrang - und empfinden keine Schmerzen.

Doch die Nebenwirkungen der Droge N-Methylamphetamin, genannt "Crystal", die auch im Raum Kulmbach auf dem Vormarsch ist, sind verheerend. Konsumenten scheinen innerhalb von Monaten um Jahre zu altern. Die Augen fallen ein, die Haut wird faltig und das Gewicht verringert sich drastisch. "Weitere Folgen eines starken Konsums sind beispielsweise Nierenschäden, die Zersetzung der Schleimhäute in Mund und Nase und Ausfall der Zähne", sagt Anne Höfer von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Oberfranken. Bei regelmäßigem Konsum können zudem Persönlichkeitsveränderungen sowie Psychosen und Paranoia auftreten.

Offenbar schrecken diese Auswirkungen aber nicht genug ab, denn immer mehr Menschen konsumieren den gefährlichen Stoff.

"Es ist die Droge, die uns am meisten Sorgen bereitet", sagt Hans-Martin Müller, Mitarbeiter bei der Suchtberatungsstelle der Diakonie in Bayreuth, die auch eine Außenstelle in Kulmbach betreibt. Bereits seit dem Jahr 2000 seien die Zahlen der Konsumenten auf einem hohen Niveau - Tendenz steigend.

Über die Hälfte aller Klienten komme wegen eines Alkoholproblems, sagt Müller. Dahinter lagen vor einigen Jahren noch mit rund 20 Prozent die Cannabis-Konsumenten. "Inzwischen liegen Cannabis und Crystal in etwa gleichauf." In Kulmbach kamen letztes Jahr 293 Menschen mit einer Suchtstörung in die Beratungsstelle - 40 davon waren Crystal-Konsumenten.

Die Mehrheit von ihnen hat bereits Erfahrungen mit Cannabis gemacht. "Das kommt allein schon daher, weil sie wieder runterkommen müssen", sagt Müller. Crystal halte die Konsumenten oft tagelang wach. Die sedierende Wirkung des Cannabis hole sie wieder runter. Crystal sei viel gefährlicher als der Cannabis-Wirkstoff THC: "Es ist wesentlich toxischer und greift viel heftiger in den Körper ein", erklärt Müller.

Crystal wird vor allem in Osteuropa hergestellt. Meistens kommen die Drogen aus Tschechien, wo sie in zahlreichen kleinen Kellerlaboren hergestellt werden. Die Produktion ist einfach, die Zutaten können legal erworben werden: Hustensaft und Schnupfenmittel. Durch eine chemische Reaktion wird der rauschauslösende Stoff Ephe drin herauskristallisiert.

Auch die Polizei registriert zunehmend Verstöße in Oberfranken: Im Jahr 2010 waren es 480, im Jahr 2011 schon 618.

Was kann die Polizei tun? "Es wurde ein ganzheitliches Bekämpfungskonzept entwickelt, welches nicht nur häufigere Kontrollen vorsieht, sondern auch auf Prävention und Information setzt", erklärt Anne Höfer. Zudem habe man in Bayern mehr Crystal sichergestellt - im Jahr 2010 waren es 5,6 Kilo, im Jahr darauf 11,7 Kilo.

Die Auswirkungen der Droge sind auch im Verkehr spürbar: "Im ersten Halbjahr 2012 fanden 397 Drogenfahrten statt. Hiervon standen Fahrer in 201 Fällen unter dem Einfluss von Crystal Speed", sagt Höfer.

Suchtberatung

Beratung Die Außenstelle der Suchtberatung der Diakonie Bayreuth befindet sich in der Waaggasse 5 in Kulmbach.

Erreichbar sind die Mitarbeiter unter der Rufnummer 09221/821 57 70 oder per Fax an 09221/8 21 57 80.

Öffnungszeiten Montags bis freitags von 8.30 Uhr bis 12 Uhr und von 14 Uhr bis 17 Uhr.