Erfinderin bringt Pfiff in den Alltag
Autor: Dagmar Besand
Kulmbach, Samstag, 10. November 2012
Die Kulmbacherin Tatjana Völker entwirft Praktisches und Dekoratives. Ihre Ideen lässt sie sich beim Patentamt eintragen und schützen.
Sie ist eine Tüftlerin mit Sinn fürs Nützliche und Schöne. Das könnte man doch besser lösen, denkt sich Tatjana Völker oft bei Tätigkeiten in Haus und Garten. Dann setzt sie sich hin und bringt ihre Ideen zu Papier. Meist sind es Dinge, die den Alltag erleichtern, Weiterentwicklungen von Produkten, die fast jeder täglich in den Händen hat.
In ihren Entwürfen steckt Potenzial, glaubt die 55-jährige Aussiedlerin, die vor 20 Jahren mit ihrer Familie aus Kasachstan nach Kulmbach kam. Deshalb lässt sie sich ihre Ideen seit 2008 patentrechtlich schützen. Neun Urkunden des Deutschen Patent- und Markenamts über Eintragungen ihrer Entwicklungen in das so genannte Geschmacksmusterregister hat sie bereits gesammelt.
Für die Umsetzung fehlt das Geld
"Leider habe ich kein Geld, um diese Sachen selbst produzieren und verkaufen zu können, aber ich würde mich freuen, wenn ich jemanden fände, der mir hilft, die eine oder andere Idee zu vermarkten", sagt Tatjana Völker. Ihre Reinigungsbürste für Friedhofsvasen zum Beispiel. "Auf vielen Friedhöfen fehlen zu den Blumenvasen passende Reinigungsbürsten. Für die besondere Form dieser Vasen sind die meisten Bürsten ohnehin nicht geeignet", sagt die gelernte Krankenschwester, die als Altenpflegehelferin im Awo-Pflegeheim in der Johann-Brenk-Straße arbeitet. Ihr geschützter Design-Entwurf löst das Problem: eine konisch zulaufende Bürste, die mit senkrechten Borsten an der Spitze den Boden reinigt, mit unterschiedlich langen Borsten die Wände.
In ihrer Sammlung finden sich die unterschiedlichsten Ideen, darunter auch einige Kuriositäten wie eine bakterienabtötende ultraviolette Lampe oder ein Eisblumendekor fürs Auto.
Schlauer schlafen
Lernen im Schlaf? Wie das funktionieren könnte, weiß Tatjana Völker. Sie hat Kuscheldecken und Kopfkissen mit dem kleinen Einmaleins entworfen: "So lernen Kinder ganz leicht nebenbei, weil sie immer wieder auf die Rechenbeispiele schauen", meint die Designerin.
Ihr größter Stolz ist ihr Geschmacksmuster für die Gestaltung von Herrenhemden. "Mich hat immer gestört, dass es für Frauen viel modische Kleidung gibt, während die Sachen für Männer oft sehr langweilig sind." Die 55-Jährige setzt auf eine besondere Nähtechnik, um aus einem 08-15-Hemd einen individuellen Hingucker zu machen: Mit kontrastfarbigem Garn genähte Biesen verzieren Kragen, Ärmel, Vorder- und Rückseite mit grafischen Mustern, die in unendlich vielen Variationen genäht werden können. Das Hemd ist die einzige Entwicklung, für die Tatjana Völker bereits einen Prototyp hat anfertigen lassen. "Ich habe das bei einer Schneiderin in Auftrag gegeben, damit man sehen kann, wie ich mir das vorstelle."
Wie kam die Kulmbacherin auf die Idee, ihre Entwürfe auszuarbeiten und schützen zu lassen? "Vorhandene Dinge neu zu gestalten, ist ein altes Hobby von mir", erzählt Völker. Als sie vor einigen Jahren eine Serie von Todesfällen in der Familie verkraften musste, neigte sie zu Depressionen, und sie wollte sich ablenken. "Irgendwelche Ausflüge oder Spiele zu machen, reizte mich nicht", sagt die 55-Jährige, "aber ich habe wieder mit dem Entwerfen von nützlichen und schönen Sachen angefangen".
Der Geschmacksmusterschutz sei eine schöne Bestätigung dafür, dass ihre jeweilige Idee einzigartig ist, "und vielleicht kann ich damit irgendwann sogar Geld verdienen".
Doch auch, wenn daraus nichts werden sollte: Tatjana Völker wird weiterhin versuchen, Alltagsgegenstände zu perfektionieren und würde sich über Kontakt zu Menschen freuen, die ihre Leidenschaft teilen. Rund 60 Euro muss sie für einen Eintrag ins Geschmacksmusterregister bezahlen. "Das ist es mir wert", sagt sie, "denn das Warten ist ein richtiger Adrenalinkick - wie beim Lottospielen."