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Endlich wieder richtig Schule


Autor: Christine Fischer

Kulmbach, Montag, 07. Juni 2021

Über 5000 Schüler im Landkreis Kulmbach hatten am Montag ihren ersten normalen Unterrichtstag seit sechs Monaten.
Die Freude war am Montagmorgen groß bei Theo (rechts) und Emil Hentschel aus Hutschdorf, dass sie endlich wieder "richtig" in die Schule und Kita gehen können. Foto: Lena Hentschel


Es war eine ungewohnte Situation in vielen Familien am Montagmorgen: kurz nach sieben Uhr, und alle schulpflichtigen Kinder haben bereits das Haus verlassen. Während so mancher Elternteil die neu gewonnene, gespenstische Stille genoss, machte sich der Nachwuchs auf zum ersten "normalen" Unterrichtstag seit einem halben Jahr (der letzte "richtige" Schultag war am 15. Dezember). Der erfreulich niedrige Inzidenzwert im Landkreis Kulmbach macht es möglich: Alle Schulkinder dürfen wieder zusammen mit ihren Klassenkameraden zum Präsenzunterricht im eigenen Klassenzimmer - selbstverständlich mit Maske, den entsprechenden Hygienekonzepten und regelmäßigen Schnelltests vor Unterrichtsbeginn.

Manche Eltern hatten ihren Kindern sogar scherzhaft Schultüten zu diesem Anlass gebastelt. Ganz so weit ist Lena Hentschel (29) aus Hutschdorf nicht gegangen, aber dieser Montagmorgen war auch für ihre Familie ein ganz besonderer. Sohn Theo (8) hatte seinen ersten Normalo-Schultag, Sohn Emil (6) seinen ersten Kita-Tag seit November, und auch Mama Lena konnte ihren ersten Präsenz-Sportkurs für junge Eltern seit langem an der Kieswäsch' halten. "Wir sind extra etwas früher aufgestanden und haben uns ein bisschen mehr Zeit gelassen mit allem", sagt die zweifache Mutter, die prompt mit gewissen Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen hatte. So vergaß sie doch tatsächlich, dem Junior neben dem Apfel auch das Pausenbrot mit einzupacken.

Viel besser als Schule Zuhause

Der nahm es zum Glück gelassen. Zu groß war einfach die Freude, endlich wieder in die Schule zu dürfen. "Ich war nicht aufgeregt. Am meisten habe ich mich gefreut, dass ich endlich wieder meine Freunde sehen kann", erzählt Theo ganz routiniert in seinem ersten Interview. Der Achtjährige, der die zweite Klasse der Grundschule Thurnau besucht, findet Präsenzunterricht viel besser als Schule Zuhause mit Mama, "da lernt man mehr". Und am tollsten fand er es am Montag, dass er wieder direkt neben seinem Banknachbar sitzen durfte, "sonst waren wir immer allein an einem Tisch". Die Tatsachen, dass auch noch das Lieblingsfach Mathe auf dem Stundenplan stand und es als Belohnung für den erfüllten Leseplan einen Radiergummi als Geschenk gab, machten diesen "ersten" Tag für Theo zu einem rundum gelungenen Auftakt.

Erfahrungsgemäß etwas nüchterner sehen ältere Schüler den Unterrichtsalltag. "Montag nach den Ferien - da ist keiner wirklich glücklich", sagt Paul Spörrer aus Zettlitz ganz ehrlich. Und dennoch war dieser erste Tag nach den Pfingstferien auch für den 13-jährigen Schüler des Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasiums etwas besonderes. "Es war schon ein anderes Gefühl, wieder in der vollen Klasse zu sitzen, es war auch nicht mehr ganz so ruhig." Es sei auf jeden Fall besser, wieder direkt neben jemandem zu sitzen, "da kann man auch mal ein Buch austauschen". Wenn er auch dem Distanzunterricht einiges abgewinnen kann ("Man kann länger schlafen und der Druck ist weg"), so ist dem Jugendlichen doch klar, dass er im Präsenzunterricht wesentlich mehr lernt. Sein Fazit nach der Rückkehr zum Schul-Alltag: "Es hat sich wieder normal angefühlt."

Wo ist das Klassenzimmer?

Das findet auch Monika Hild, Leiterin der Carl-von-Linde-Realschule. Alle 706 Schüler sind am Montag zurückgekehrt. "Es ist wieder Leben in der Schule, und das ist schön." Darüber freuten sich nicht nur alle Lehrer, sondern auch die Schüler. "Sie sind endlich wieder in ihrem Klassenverband und können in einem zugewiesenen Bereich auch gemeinsam Pause machen", so Hild. Für Erheiterung im Schulsekretariat sorgte am Morgen ein Schüler, der kam, um nachzufragen, wo sein Klassenzimmer sei. Er hatte es vergessen.

Der Rektor der Grund- und Mittelschule Neuenmarkt, Mathias Liebig, war ebenfalls froh, "dass die ganze Meute wieder im Haus ist". Die Kinder seien schon etwas wepsig gewesen, die breite Masse habe sich über diesen "Neustart" gefreut, "auch wenn sie das nie zugeben würden". Für die Lehrer seien die vollen Klassenzimmer ein ungewohnter Anblick gewesen. Jetzt heiße es Gas geben auf der Zielgeraden, denn nach monatelangem Distanzunterricht gibt es einiges aufzuholen. "Homeschooling ist nichts für Grundschüler, die Wirkung wird überschätzt", sagt Liebig. Das Schuljahr langsam ausklingen lassen wie sonst nach den Pfingstferien, "das fällt heuer komplett weg". Und so hoffen er und auch Monika Hild, dass der neu gewonnene Schulalltag nun bis zu den Sommerferien reibungslos über die Bühne geht.