Emmi Zeulner ist die Jüngste im Bundestag
Autor: Christian Bauriedel
Berlin, Dienstag, 22. Oktober 2013
Die Kulmbacher CSU-Direktkandidatin Emmi Zeulner verbringt ihre ersten Tage in Berlin. Es gibt zwar eine Art Welpenschutz für die Neulinge. Doch zurechtfinden muss sie sich allein.
Es muss schnell gehen. Montag, 16 Uhr. Friedrichstraße, Berlin-Mitte. Mit ihrem Smartphone ruft Emmi Zeulner ihren Bruder an, um ihn zu lotsen. Sie trägt einen blauen Blazer mit Rock und eine schlichte Bluse. Ihr "Stewardessen-Outfit", sagt sie schmunzelnd und eilt weiter über die Straße. Es ist wenig Zeit, denn vor der Vereidigung im Bundestag am nächsten Tag hat sie noch volles Programm. Ihr Bruder Peter ist mit nach Berlin gekommen, um bei ihrem großen Tag dabei zu sein.
Zeulner hat sich als CSU-Direktkandidatin im Wahlkreis Kulmbach durchgesetzt. Mit 26 Jahren ist sie die jüngste weibliche Bundestagsabgeordnete. Und sie ist die Nachfolgerin von Karl-Theodor zu Guttenberg. Zwei Gründe, warum auch überregionale Medien sich auf die Jungabgeordnete stürzen. Aber sie sieht die vielen Anfragen gelassen: "Mein Vorgänger ist in der Tat sehr prominent." Wer sie auf jung, Frau, Guttenberg-Nachfolgerin reduzieren wolle, der solle es tun. "Das kann ich dann wahrscheinlich nicht ändern und das gehört vielleicht zum politischen Geschäft dazu", sagt Zeulner.
Einzelbüros für Direktkandidaten
Sie muss sich beeilen. Bevor die Sitzung in der Fraktion beginnt, geht es schnell noch in ihr Abgeordnetenbüro. Die Adresse ist "Unter den Linden 71". Im Jakob-Kaiser-Haus, wo die Abgeordneten eigentlich ihre Büros haben, wird noch renoviert. Der Auszug der FDP zieht sich. "Der jetzige Büroraum ist ein Provisorium. Aber ich hatte Glück", sagt Zeulner. Den Direktkandidaten sind Einzelbüros gegeben worden. Listenkandidaten müssen sich zu zweit einen Raum teilen. Das Kontingent an Räumen war zu knapp.
Im dritten Stock richten sich die CSU-Abgeordneten ein. Es werden Topfpflanzen durch die Gänge getragen. In Zeulners Büro stehen noch zwei Umzugskartons. Auf einem Schild auf dem Gang ist zu lesen: "Christian Wulff, Bundespräsident a.D.". Gesehen habe ihn aber noch niemand, sagt Zeulner.
Es herrscht familiäre Atmosphäre. Man leiht sich Bürostühle. Mit ihrem Kollegen im Nachbarbüro, dem Direktkandidaten aus Erding, versteht sie sich gut. Er ist auch ein Neuling in Berlin. Ein Parlaments-Frischling. Ein Erstie. "Ich will gar nicht wissen, wie die erfahrenen Kollegen uns nennen", sagt Zeulner, lacht und packt ihre Tasche. Denn die Fraktionssitzung wartet.
Draußen dämmert es. Das Brandenburger Tor ist hell erleuchtet. Zeulner geht im Regierungsviertel alles zu Fuß. Eine der schwarzen Limousinen mit Fahrer hat sie bisher nur genutzt, wenn sie Gepäck hatte und zum Bahnhof musste. "Und einmal, als ich mich verlaufen habe. Peinlich, peinlich", gesteht sie lachend. Um eine Wohnung will sie sich am Mittwoch kümmern. Dann wird sie komplett angekommen sein im Berliner Betrieb.
Zeulners Fachgebiet ist die Gesundheitspolitik. Sie ist gelernte Krankenschwester und studiert European Economic Studies in Bamberg. Ihr Ziel ist es, in den Bundestagsausschuss für Gesundheit zu kommen. Ob das klappt, hängt davon ab, was die Regierungsbildung ergibt. Es wird auch um Sitze in den Ausschüssen geschachert. Wer wo landet, entscheidet die Fraktionsspitze. Aber Zeulner ist beruhigt: "Natürlich wird darauf geachtet, dass auch die geeigneten Leute in die einzelnen Ausschüsse geschickt werden."
Am Reichstag angekommen, wird sie von den Polizisten am Hintereingang angehalten. Der Bundestag ist ein Hochsicherheitstrakt. Sonderausweis, Lichtbildkontrolle. "Das ist mein kleiner Bruder. Der kommt mit mir", sagt Zeulner. Der Beamte nickt lächelnd und die beiden schlüpfen durch die Schleuse.
Der Fraktionssaal im Reichstag ist schon gefüllt. Zeulner steht an ihrem Platz an der Seite und unterhält sich mit Kollegen. Peter Altmaier schüttelt Hände. Peter Gauweiler scherzt. Ursula von der Leyen holt sich noch ein Wasser. Dann muss die Presse raus. Eine Stunde tagt die CDU/CSU-Fraktion. Bis 18.15 Uhr. Viele würden jetzt an Feierabend denken. Aber es gibt noch einen Termin in der CSU-Landesgruppe.
Und auch danach, um 21 Uhr, ist noch nicht Schluss. Zeulner hat erfahren, dass eine Schulklasse aus Kulmbach den Bundestag besichtigt. "Da schaue ich noch einmal vorbei", sagt sie. Also noch einmal über den Pariser Platz zum Reichstag. Obwohl sie am Dienstag schon früh raus muss. Man merkt, der Kontakt zur Heimat ist ihr wichtig.
Dienstagvormittag ist es dann soweit. Der Bundestag ist auf allen Ebenen voller Menschen. Politiker, Fernsehen, Wachdienst und die Bediensteten vom Protokoll. Zeulner setzt sich zum ersten Mal auf einen der blauen Sitze im Plenum und lächelt ihrem Bruder auf der Besuchertribüne zu. Neben ihm jede Menge Fotografen, die die Prominenz im Saal ablichten. Merkel, Steinbrück, Gauck. Als die Sitzung beginnt und alle sich erheben, steht auch Emmi Zeulner auf. Die Jüngste im Haus. Guttenbergs Nachfolgerin. In diesem Moment wirkt sie aber einfach wie alle anderen. Wie eine ganz normale Abgeordnete.
Der Wahlkreis "Guttenberg"
Die Nachfolgerin: Emmi Zeulner
Natürlich heißt es nicht "Wahlkreis Guttenberg". Es handelt sich genau genommen um den Wahlkreis 240 Kulmbach. Zu ihm gehören die beiden Landkreise Kulmbach und Lichtenfels sowie der nördliche Teil des Landkreises Bamberg. Was dazu führt, dass zu dem heterogenen Gebilde sowohl die Bierstadt Kulmbach als auch die Korbstadt Lichtenfels gehören. Gemeinden im Frankenwald genauso wie Ortschaften, die unmittelbar am Main liegen. Zeulners Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg fuhr hier Traumergebnisse ein.