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Einmal quer durch Oberfranken


Autor: Christine Fischer

Kulmbach, Dienstag, 21. Sept. 2021

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, machte am Dienstag auch in Kulmbach Station.
Der Bundestagsfraktionsvorsitzende der Grünen, Anton Hofreiter, machte am Dienstag Wahlkampf in Kulmbach.  Foto: Matthias Hoch


Nein, am Bahnhof war er am Dienstag nicht bei seiner zweistündigen Stippvisite in Kulmbach, aber Anton Hofreiter, Bundestagsfraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, weiß auf die entsprechende Frage sofort, was gemeint ist. "Der schaut grausam aus, oder?" Daran erinnert er sich noch von seinem letzten Kulmbach-Besuch. Den Bahnhof konnte er gestern getrost links liegen lassen, denn zu seiner eintägigen Wahlkampftour einmal quer durch Oberfranken kommt der gebürtige Münchner mit einem E-Bus der Marke Mercedes. Die Termindichte an diesem Tag macht Zugfahren unmöglich.

Der Kulmbacher Campus ist seine erste Station. Pünktlich zur verabredeten Zeit steht Anton Hofreiter mit einer Mitarbeiterin vor der früheren Spinnerei-Direktorenvilla, in der die Campus-Verwaltung untergebracht ist; der Kulmbacher Kandidat der Grünen für die Bundestagswahl, Martin Pfeiffer, stößt kurz darauf dazu. Dekan Stephan Clemens stellt den beiden Gästen den noch jungen Campus vor. Das Interesse an den beiden Studiengängen ist groß, knapp 200 Studierende aus 50 Ländern werden es im demnächst beginnenden Wintersemester sein. Die Schattenseite dieses Erfolgs: die Infrastruktur in Kulmbach kann damit (noch) nicht Schritt halten. Und so erfährt der sichtlich überraschte Hofreiter, dass es sogar in einer eher ländlich geprägten Stadt wie Kulmbach Wohnraumprobleme gibt. Immerhin: der Aufruf an private Vermieter trägt langsam Früchte, berichtet Clemens. Seine Kritik: "In der Region würden wir uns etwas mehr proaktives Handeln wünschen, da ist noch Luft nach oben", sagt der Uni-Dekan und meint damit unter anderem auch das Radwegenetz.

An seine "grünen" Gäste hat er ebenfalls einen Wunsch. Als Wissenschaftler und Pflanzenphysiologe bittet er um mehr Sachlichkeit und Offenheit in Bezug auf Biotechnologie und grüne Gentechnik. Hofreiter und Pfeiffer sind wie er studierte Biologen. Kein Wunder also, dass sich zu diesem Thema schnell eine rege Diskussion entspinnt. Die muss dann ebenso zügig wieder beendet werden, denn der nächste Termin, eine öffentliche Kundgebung, auf dem Marktplatz, ruft.

Dort haben die Helfer vom Kreisverband der Grünen schon alles vorbereitet. Eine Bühne oder Ähnliches gibt es nicht, ein grüner Infostand an der Ecke zur früheren Metzgerei Lauterbach muss reichen. Nach einem Hinweis der Polizei, die mit einigen lokalen Kräften die Veranstaltung absichert, wird das Sprecher-Areal von den Grünen schnell noch abgegrenzt - ausgerechnet mit einem Absperrband von "Eon Bayern".

Als Martin Pfeiffer das "Urgestein der bayerischen Grünen" begrüßt, ist die Zahl der Zuhörer auf dem Marktplatz noch überschaubar. Doch im Laufe der Stunde, die die Kundgebung dauert, ändert sich das Bild etwas. Immer mehr Menschen kommen dazu, manche machen wohl gerade Mittagspause in der Stadt, haben ein Eis oder eine Bratwurst in der Hand, bleiben stehen und lauschen interessiert. 50 bis 60 Zuhörer sind es am Ende, denen Anton Hofreiter wissenschaftlich fundiert erläutert, wie Klimaschutz sozial- und industrieverträglich umgesetzt werden kann und warum die Grünen auch und gerade eine Partei für den ländlichen Raum sind. Immer wieder brandet spontaner Beifall auf, vor allem wenn es um soziale Ungerechtigkeit oder die Unabhängigkeit von China, Putin und Co. geht.

Am Ende seiner Rede gibt es ein Tragerl mit Bier und eine Waffel mit seiner Lieblingseissorte Schokolade als Dankeschön. Hofreiters Fazit nach zwei Stunden Kulmbach: "Eine schöne Stadt mit einer interessierten Bürgerschaft und - wenn ich an den Campus denke - wahnsinnig viel Potenzial." Schnell noch ein Foto mit den Mitgliedern des Kreisverbandes und dann geht es schon Richtung Fahrzeug, denn die nächsten Termine in Kronach und Coburg warten schon. Doch die Zeit für einen kurzen Plausch mit den Polizisten und ein ausdrückliches Dankeschön an die Sicherheitskräfte nimmt sich Hofreiter noch.