Druckartikel: Eine musikalische Streicheleinheit für die Seele

Eine musikalische Streicheleinheit für die Seele


Autor: Klaus Klaschka

Kulmbach, Freitag, 17. November 2017

Die Kulmbacher Selbsthilfegruppe der Pankreasektomierten traf sich und genoss ein Konzert in St. Hedwig.
Ein außergewöhnlicher Genuss war das Konzert, das der Musikverein Marktleugast am Welt-Pankreas-Tag für die Kulmbnacher Selbsthilfegruppe gab.Klaus Klaschka


Der Welt-Pankreas-Tag am 16. November war für die Bayreuth-Kulmbacher Gruppe des AdP (Arbeitskreis der Pankreasektomierten) um Gudrun Sandler aus Mainleus Anlass zu einer Begegnung mit einem Konzert des Musikvereins Marktleugast in St. Hedwig und einem anschließenden Treffen im Pfarrheim.

Der AdP ist eine Selbsthilfeorganisation von Menschen, deren Bauchspeicheldrüse (Pankreas) aufgrund einer Tumorerkrankung operativ entfernt (ektomiert) wurde, was massive Auswirkungen auf das tägliche Leben hat. Die Kulmbacher Gruppe ist eine von bundesweit 60 des AdP, in dem sich seit 1976 deutschlandweit etwa 1300 Betroffene zusammengeschlossen haben.

Das Konzert des Marktleugaster Musikvereins war eine eher spontane Absprache zwischen ihr und Orchesterleiter Peter Weiß bei einer zufälligen Begegnung auf der Straße, wie Gundrun Sandler andeutete; ebenso spontan, wie Peter Weiß das Orchester beim Konzert in St. Hedwig animierte. Das Programm war sehr gemischt. Es begann mit dem vehementen Paukenschlag zu Aaron Coplans "Fanfare for the Common Man" und endete genauso bombastisch mit Edward Elgars "Pomp und Circumstances." Fast überfordert war St. Hedwig mit dem Klang des mächtigen Orchesters. Brilliant die Musiker selbst bei diffizilen Stücken wie der Overtüre zu Mozarts "Titus" oder zwei Teilen aus Mussorgskys "Bilder einer Ausstellung" oder der Musik zu "Exodus" und einem Medley von Ennio Morricones Filmmusiken, in dem die Leiterin des Jugendorchesters, Theresa Motschmann, sang.

Abging auch die "Post im Walde" im Konzert, das Zweiter Bürgermeister Stefan Schaffranek als "musikalische Glanzstunde" bezeichnete. Schaffranek übergab zudem von der Stadt und dem Landkreis ein finanzielle Zuwendung an die Pankreas-Gruppe. Die Lebenssituation von Pankreasektomierten ist nicht nur kompliziert und aufwändig. Sie bringt auch einschneidende finanzielle Belastungen für die Betroffenen mit sich.

Mit ihrer Entfernung kann die Bauchspeicheldrüse ihre wichtigste Aufgabe, die Verdauung von Nahrung, nicht mehr erfüllen. Zudem müssen je nach Ausmaß des Tumors auch weitere Organe ganz oder teilweise entfernt werden: Milz, Zwölffingerdarm, Gallenblase, Magen, was einen weiteren negativen Einfluss auf die Verdauungssituation hat. Es fehlt dann nicht nur die Produktion von Insulin, das entscheidend für die Blutzuckerregulation ist. Unter Umständen ist zudem auch die weitere Verdauung zum Beispiel ohne oder nur mit Teilmagen verstärkt problematisch.

Ernährungsprobleme sind die Folge, die bei jedem Patienten sehr individuell leichter oder schwerer auftreten können. Ein Ernährungs-Tagebuch und ein Beschwerdeprotokoll muss regelmäßig geführt werden, um persönliche Unverträglichkeiten herauszufinden. Viele Betroffene leiden unter Appetitlosigkeit, Übelkeit und Gewichtsabnahme. Um einer Unter- beziehungsweise Mangelernährung vorzubeugen, müssen die Betroffenen eigentlichen ihren ganzen Tagesablauf nach der Erkrankung ausrichten: Viele, aber nur ganz kleine Mahlzeiten, sehr gründlich kauen und langsam essen, um die reduzierte Verdauung zu entlasten, und ganz genau darauf achten, was man überhaupt verträgt und was nicht, und dabei gleichzeitig Mangelernährungen vermeiden.

Was bei Gesunden ganz automatisch abläuft und zudem auch Genuss bereitet, das verlangt von Erkranken volle Konzentration und ununterbrochenes bewusstes Handeln. Wer an der Bauchspeicheldrüse erkrankt ist, hat oft einen langen Leidensweg vor sich. Betroffenen in dieser Situation beizustehen, hat sich der Arbeitskreis der Pankreatektomierten (AdP) zur Aufgabe gemacht.

Gudrun Sandler aus Mainleus hat 2005 die Regionalgruppe Bayreuth-Kulmbach gegründet. Sie ist selbst Betroffene und weiß, wie schwer es sein kann, mit der Krankheit leben zu lernen und die passenden Hilfen zu finden. Begegnungen wie diese am Donnerstagabend in St. Hedwig, an der auch AdP-Bundesvorsitzender Lutz Otto aus Magdeburg teilnahm, sind deshalb sehr wichtig.