Ein Windrad bei Hain wiegt fast 1400 Tonnen
Autor: Friedwald Schedel
Hain, Freitag, 18. Juli 2014
Die Baumassen für die fünf Anlagen auf dem Hainer Reinberg sind gigantisch. Aber es ist noch nicht alles in trockenen Tüchern.
Die Zahlen sind riesig: Für das Fundament eines der fünf Windräder, die durch die Mannheimer Stadtwerke auf dem Hainer Reinberg entstehen sollen, werden fast 1100 Kubikmeter Stahlbeton verbaut und mit 200 Betonmischerladungen antransportiert. Das Fundament eines Windrads wiegt somit 2500 Tonnen, hat einen Durchmesser von 20 Metern und ist 3,2 Meter dick.
Eine Windenergieanlage allein ist knapp 1400 Tonnen schwer. Der 137 Meter hohe Mast besteht aus 45 Einzelteilen, die alle mit überbreiten Schwertransporten herangeschafft werden müssen. Die Kanzel, die auf dem Mast sitzt und an der die drei Rotorblätter befestigt werden, ist so groß wie ein Einfamilienhaus. Für die Kanzel, die Flügel und das Getriebe sind natürlich ebenfalls Schwertransporte nötig. Für den etwa 30 Tonnen schweren Generator, der in die Kanzel gehievt wird, ebenfalls.
Das gab die Pressestelle der Konzernkommunikation von MVV Energie aus Mannheim auf Anfrage unserer Zeitung bekannt. Den Baustellenverkehr müssen die Bürger aus Hain, Weides und Wildenberg nicht erdulden. Insofern zielt der Beschluss des Weißenbrunner Gemeinderats, dem Bauantrag nur zuzustimmen, wenn die Gemeinde vom Baustellenverkehr nicht betroffen werde, ins Leere. Der Küpser Marktgemeinderat hat dem Bauvorhaben nicht zugestimmt. Die Bürger aus Hain, Weides, Wildenberg und Gärtenroth (Stadt Burgkunstadt) sind mehrheitlich gegen die Windräder, weil sie negative Auswirkungen auf die Menschen und die Dörfer befürchten. Mit den Bedenken muss sich nun das Landratsamt Kronach als Genehmigungsbehörde befassen.
4,5 Kilometer lange Zufahrt
Bisher sind die Waldungen auf dem Reinberg für den forstwirtschaftlichen Verkehr, besonders für Langholzfuhrwerke und Harvester-Transport-Tieflader, nur unzureichend erschlossen. Das soll sich ändern und darauf setzen die Waldbesitzer in diesem Bereich ihre Hoffnungen. Die MVV Energie aus Mannheim möchte eine etwa viereinhalb Kilometer lange Zufahrt von der Bundesstraße 85 in Höhe der Bauschuttdeponie Kirchleus bis zur Windenergieanlage Nr. 1 in der Nähe von Wildenberg bauen. Dabei sollen vorhandene Forstwege soweit wie möglich genutzt werden. Eine Breite der Zufahrt von viereinhalb Metern sei dabei erforderlich, schreibt MVV. Man muss ja auch die etwa 60 Meter langen Rotorblätter um die Kurven kriegen. Denn vom Steinbruch aus macht die Zufahrt einen weiten Bogen im Uhrzeigersinn über den Samelstein zu den Windrädern. An diesen selbst muss der Weg auf einer Länge von 140 Metern deutlich verbreitert werden, um den riesigen Raupenkran mit Gitter mast ausleger am Boden aufbauen und aufrichten zu können. Der Kran muss ja schließlich Mast-Fertigteile, Kanzel, Getriebe und Rotorblätter auf bis zu 140 Meter Höhe hieven können.
Armada an Tiefladern
Der Raupenkran an sich wird mit einer Armada an Tiefladern herangeschafft: die rechte Kette auf einem Tieflader, die linke auch, der Führerstand auf einem dritten. Für den Transport der vielen Gittermastelemente und der Stahl-Gegengewichte sind natürlich ebenfalls riesige Laster erforderlich. Und der Einsatz des Krans muss schnell gehen, denn die Tagesmiete soll nach Informationen unserer Zeitung bei etwa 15 000 Euro liegen.
Wegen der über vier Kilometer langen Wegeführung ist MVV Mannheim im Gespräch mit den Grundstückseigentümern. Laut Informationen unserer Zeitung soll es noch so genannte Sperrgrundstücke geben, also Flächen, deren Eigentümer einer Erschließung über ihren Besitz nicht zustimmen wollen. MVV signalisierte, dass der Konzern "auch für alternative Zuwegungen" offen sei.
Viel Abraum für die Bauschuttdeponie Kirchleus fällt laut MVV Energie nicht an, denn das Aushubmaterial kann an anderer Stelle verbaut werden. Die Feld- und Forstwege seien ja teilweise bereits geschottert und müssten lediglich verbreitert bzw. verfestigt werden. "Dabei rechnen wir mit keinem nennenswerten Erdaushub. An einigen Stellen werden wir auch aufschütten müssen, zum Beispiel bei den Kran stellflächen", stellt eine Pressesprecherin von MVV Energie fest. Durch eine intelligente Wegeführung und eine entsprechende Baustellenkoordination könne man auf einen Begegnungsverkehr im Gebiet verzichten. So könnten für den Transport von Beton und Schotter unterschiedliche Zu- und Abfahrtswege genutzt werden, und gerade auch für die Schwerlast-Lkw würden die Zu- und Abfahrten entsprechend geregelt. Dabei müsse man berücksichtigen, dass der Transport von Erde, Schotter und Beton praktisch abgeschlossen sein werde, ehe die Transporter mit den Großkomponenten der Windkraftanlagen zur Baustelle fahren, so dass es dadurch keine Begegnungen geben werde. Für Erd-, Schotter- und Betontransporte dienten insbesondere die Kranstellflächen zum Parken und Wenden, zusätzlich sei eine T-Kreuzung mit Wendemöglichkeit im Gebiet vorgesehen.
Wirtschaft profitiert
Auch die heimische Wirtschaft würde vom Bau der insgesamt etwa 20 Millionen Euro teuren Windräder profitieren, denn MVV versicherte, dass man nach Möglichkeit bevorzugt mit lokalen und regionalen Unternehmen zusammenarbeite.
Ob die Windräder gebaut werden dürfen, hängt nicht unbedingt vom Protest von Hunderten von Bürgern in Hain, Weides und Wildenberg ab. Die befürchten negative gesundheitliche Auswirkungen durch Infraschall (sehr tiefe Töne, die der Mensch nicht hören kann) und negative wirtschaftliche Auswirkungen, weil ihre Anwesen angeblich wegen der Windräder an Wert verlieren.
Was die Windräder aber zu Fall bringen könnte, sind zwei Großvögel: nicht der Rote Milan, der schon öfters über dem Reinberg kreisend gesichtet wurde. Aber der Schwarzstorch, der ganz in der Nähe seinen Horst haben müsste, wie Tierfreunde Flugbewegungen gedeutet haben.
Und auch ein Uhu-Pärchen soll unweit des Spitzbergs, dort, wo die Windenergieanlage 5 gebaut werden soll, beheimatet sein. Rupfplätze, die Stellen, wo der Uhu seine Beute rupft, weil er sein Nest nicht beschmutzen will, wurden schon gefunden, das eigentliche Uhu-Nest aber noch nicht. Wenn das geortet wird, werden sich die Beamten im Landratsamt Kronach schwer tun, eine Baugenehmigung zu erteilen, denn der Uhu gehört zu den am meisten geschützten Vögeln.