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Ein besonderes Zuhause in Thurnau


Autor: Jürgen Gärtner

Thurnau, Freitag, 10. Juli 2015

Acht junge Männer sind von Fassoldshof in die Marktgemeinde umgezogen. In dem Haus in der Berndorfer Straße geht es zu wie in einer Großfamilie. Dabei kommen die Jungs aus schwierigen Verhältnissen.
In der Thurnauer Außenwohngruppe wird gemeinsam angepackt: Unser Bild zeigt (von links) Erzieher Volkmar Schwob, Dustin Greensweight und Jesse Williams. Foto: Jürgen Gärtner


So wie Dustin Greensweight (15), Fabian Eimer (18) und Jesse Williams (15). Sie fühlen sich in ihrem neuen Zuhause sehr wohl. Seit etwa drei Monaten leben sie in Thurnau. Dort hat die Kinder- und Jugendhilfe Oberfranken der Rummelsberger Diakonie eine Außenwohngruppe für männliche Jugendliche eingerichtet.

Schule oder Ausbildung

Die Jungs besuchen die Schule in Fassoldshof oder durchlaufen dort eine Ausbildung in den Meisterbetrieben Schreinerei, Schlosserei, Malerei. Begleitet werden sie in der Wohngruppe in Thurnau von fünf Mitarbeitenden der Jugendhilfe, von denen auch nachts immer jemand mit im Haus ist.

Dustin und Jesse gehen noch zur Schule, Fabian absolviert eine Ausbildung zum Maler, ist schon im zweiten Lehrjahr. Das Freizeitangebot im Markt hat es Dustin wie Jesse angetan: "Das Freibad, die Gartenarbeit" gefallen Dustin am besten.



In der Region bleiben

Die theoretische Zwischenprüfung als Maler und Lackierer hat Fabian Eimer gerade hinter sich. "Das war anstrengend", sagt der 18-Jährige, der schon seit über vier Jahren in Fassoldshof beziehungsweise jetzt in Thurnau lebt und zugleich der Gruppensprecher ist. Auch nach seiner Ausbildung will er in der Region bleiben, hier Fuß fassen und arbeiten. Was den Jungs ebenfalls gut gefällt, ist die Tatsache, dass sie in Thurnau "nicht mit dem negativen Ruf als Fassoldshofer zu kämpfen haben", betont Fabian Eimer.

Dass das so bleibt, dafür sorgt unter anderem Erzieher und Gruppenleiter Volkmar Schwob. Seit die jungen Leute vor rund drei Monaten in den Markt umgezogen sind, hätten sie sich gut verhalten. "Sie wissen auch, dass sie von den Thurnauern beobachtet werden."

Zwei Jugendliche haben nach den Worten von Schwob Praktika in den Firmen Gernet und Höhn absolviert. "Die waren mit den Jungs zufrieden." Solche Erfahrungen bildeten einen Baustein im Betreuungskonzept: "Es ist wichtig, den jungen Leuten zu zeigen, was von ihnen erwartet wird."

Auch die Mitgliedschaft in Thurnauer Vereinen wird gefördert. Doch nicht nur das: Die jungen Männer kochen und essen gemeinsam, pflegen den Garten. "Wie bei einer Großfamilie" gehe es zu.

All das dient dazu, dass die Jugendlichen lernen, in einem normalen Umfeld mit einer normalen Nachbarschaft zurechtzukommen, betont der Regionalleiter der Kinder- und Jugendhilfe Oberfranken, Fritz Glock. Denn die jungen Männer würden aus Familien stammen, in denen ein sozialer Umgangston nicht selbstverständlich sei. Ihnen müsse die Chance gegeben werden, sich außerhalb ihrer Familie zu entwickeln.

Inserat führt zum Erfolg

Über ein Inserat der Fördervereine Fassoldshof war die Kinder- und Jugendhilfe auf das Haus in Thurnau aufmerksam geworden. Damals standen die Eigentümer vor der Entscheidung, Flüchtlinge oder die Jugendlichen aufzunehmen. In Thurnau sei nur diese eine Wohngruppe geplant, die in ein paar Tagen offiziell eingeweiht wird, betont Glock. Der späte Termin sei nicht nur einem vollen Kalender geschuldet, sondern auch dem Umstand, dass die jungen Leute ihr Haus und den Garten erst schön herrichten wollten.

Fallzahlen konstant, aber ...

Wie wichtig dezentrale Einrichtungen sind, das unterstreicht Jugendamtsleiter Klaus Schröder. "Das ist ein guter und richtiger pädagogischer Ansatz." Als örtliches Jugendamt versuche man, solche Häuser fachlich zu begleiten und zu unterstützen.

Die Fallzahlen seien im Landkreis Kulmbach in den vergangenen Jahren zwar stabil, so Schröder weiter. Doch beziehe man den demografischen Wandel mit ein, könne man schon erkennen, dass "die Problemlagen nicht weniger werden", verdeutlicht er die Entwicklungen.