Ehestand wird zum Verhängnis
Autor: Stephan-Herbert Fuchs
LKR Kulmbach, Freitag, 17. April 2015
Verlobt, aber noch verheiratet: Vor Gericht geht das gar nicht, zumindest in Bezug auf das Zeugnisverweigerungsrecht. So musste eine Frau gegen ihren Lebensgefährten aussagen, der sie verprügelt hatte. Und das, obwohl sie sich längst wieder versöhnt hatten.
Mit der Liebe ist das so eine Sache - zumindest vor Gericht. Eigentlich haben Verlobte ein Zeugnisverweigerungsrecht. Das gilt aber nur, wenn es sich um eine Verlobung im juristischen Sinn handelt. Keine Verlobung im Rechtssinne liegt vor, wenn einer der Partner noch verheiratet ist. Das wurde einer 35-jährigen Frau aus dem Landkreis jetzt zum Verhängnis. Sie dachte, sie muss nicht gegen ihren Freund aussagen, der sie verprügelt hatte und deshalb wegen Körperverletzung angeklagt war. Erst als Richterin Sieglinde Tettmann mit Beugehaft drohte, wurde der Frau der Ernst der Lage bewusst.
Mit großem Zögern und schweren Herzens musste sie ihren Freund, mit dem sie sich längst wieder versöhnt hatte, doch belasten. Der ebenfalls 35-Jährige wurde daraufhin zu einer Geldstrafe von 1050 Euro (70 Tagessätze zu jeweils 125 Euro) verurteilt. Damit war er eigentlich noch gut davon gekommen, denn der Mann hatte 17 Eintragungen im Vorstrafenregister, darunter mehrere Verurteilungen wegen Gewaltdelikten und auch wegen Trunkenheitsdelikten.
Bald im Gefängnis
Auch Gefängniserfahrung hatte er schon, und davon wird er bald noch mehr sammeln können. Richterin Tettmann eröffnete dem 35-Jährigen, dass seine letzte Bewährungsstrafe wegen mehrerer Trunkenheitsfahrten im Jahr 2012 widerrufen wurde, weil er die Geldauflage nicht bezahlt hatte. Das heißt: ungeachtet der jetzigen Verurteilung muss der Angeklagte schon bald für ein Jahr hinter Gitter.
Diesmal wurde er verurteilt, weil er seiner Freundin Ende November so heftig mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen hatte, dass die Frau eine blutende Nase erlitt. Ein Polizeibeamter berichtete, er sei mit seinem Kollegen gegen drei Uhr in der Wohnung des Pärchens eingetroffen, nachdem die Frau die Polizei verständigt hatte. Sie habe "extrem laut" geschrien und geweint und sei völlig aufgelöst gewesen. Eine Vernehmung sei nicht möglich gewesen, da beide erheblich betrunken gewesen seien. Einige Tage später sei die Frau auf der Dienststelle erschienen und habe erklärt, kein Interesse mehr an einer Strafverfolgung zu haben.
Doch da war es zu spät, denn die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft waren bereits in vollem Gange. "Ich wollte eigentlich gar nichts dazu sagen", ließ die Frau nun vor Gericht verlautbaren. "Das geht nicht", machte ihr Richterin Tettmann unmissverständlich klar, nachdem sie erfahren hatte, dass die Frau noch verheiratet ist. Da dürfe man nämlich gar keine Verlobung eingehen. Im Nachhinein nichts davon wissen zu wollen, das gehe ebenfalls nicht, wenn Polizei und Staatsanwaltschaft Kenntnis von einer Straftat erlangen, erläuterte die Richterin der Zeugin ihre Aussagepflicht.
Also rückte die Frau nach und nach mit der Wahrheit heraus. Man habe sich betrunken, gestritten, herumgeschrien, sich beleidigt und schließlich wieder versöhnt. Wenn da nicht der heftige Schlag ins Gesicht gewesen wäre. Ja, sie habe eine auf die Nase bekommen und eine Woche lang unter den Schmerzen gelitten, räumte die Zeugin schließlich kleinlaut ein.
Für die Staatsanwaltschaft war vor allem die lange Vorstrafenliste des Angeklagten interessant. 17 Einträge zwischen 1991 und 2012 sind dort zu finden, viele einschlägige und viele in Verbindung mit Alkohol. Nachdem die Frau aber keinerlei Interesse an einer Strafverfolgung hatte und es sich ohnehin um eine Beziehungstat handelte, forderte die Vertreterin der Anklagebehörde die letztlich auch verhängte Geldstrafe in Höhe von 1050 Euro.
"Besondere Umstände"
Richterin Tettmann erkannte als besondere Umstände aufgrund der Beziehungstat an, ließ aber auch das Vorstrafenregister nicht außer Acht. Bei einem nicht vorbestraften Angeklagten hätte man über eine Einstellung nachdenken können, sagte sie. So muss der Angeklagte auch die Kosten des Verfahrens tragen.