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Dorfläden im Kreis Kulmbach kämpfen um die Kunden


Autor: Sonny Adam

Rugendorf, Donnerstag, 19. November 2015

Erst haben die Menschen auf dem Land darüber geklagt, dass es kaum noch Einkaufsmöglichkeiten gibt. Mancherorts wurden daraufhin Dorfläden geschaffen. Doch in diesen bleiben die Kunden fern. Eine Bestandsaufnahme.
So einen Ansturm wie zur Eröffnung würde sich der RugenDorfladen öfters wünschen. Derzeit optimieren die Rugendorfer ihr Angebot und suchen das Gespräch mit den Kunden. Foto: Sonja Adam/Archiv


Die positive Nachricht zuerst: Der RugenDorfladen steht nicht vor dem Aus. "Natürlich machen wir weiter", sagen die beiden Geschäftsführer Günther Kraus und Matthias Rödel. Trotzdem sind beide mit der Entwicklung der Umsätze nicht ganz zufrieden. Das Geschäft läuft, aber es könnte eben besser laufen.

Deshalb haben sich die Entscheider jetzt zusammengesetzt und einen Maßnahmenkatalog zur Optimierung des Angebotes beschlossen. Aber auch der Aufruf an alle Rugendorfer, in ihrem Dorfladen einzukaufen, hat gewirkt - die Umsätze steigen wieder an.


Regionale Angebote laufen gut


"Was gut läuft, sind unsere regionalen Angebote. Wir haben Kartoffeln und Obst aus der Region, wir haben Honig von Alexander Huth und Esther-Pralinen, Eichenbühler Nudeln und Liköre", so Günther Kraus.
Natürlich gehörten auch Kasendorfer Frischeier zum Sortiment. Jetzt möchten die Betreiber des RugenDorfladens mit den Kunden das Gespräch suchen, mit ihnen die Regale abgehen das Sortiment um Wünsche erweitern. "Wir werden noch vor Weihnachten einen Termin machen", sagt Kraus. Doch auch unabhängig von diesem Termin sind die Geschäftsführer und die Verkäuferinnen des RugenDorfladens immer offen für Anregungen und Optimierungen.

"Im Vorfeld haben mehr als siebzig Prozent der Rugendorfer gesagt, dass sie in einem Dorfladen einkaufen würden, zwanzig Prozent haben gesagt, dass sie vielleicht einkaufen würden. Wenn jetzt tatsächlich alle kommen würden, dann wäre alles viel einfacher", sagt Kraus.


Mehr im Sortiment als anderswo


Das Angebot in Rugendorf reicht weit über das "normale" Maß in Dorfläden hinaus. Die Palette reicht von frischem Obst und Gemüse über Molkereiprodukte und Produkte des täglichen Bedarfs bis hin zu Zeitungen und Zeitschriften. Und auch eine Bäcker- und eine Metzgertheke sind vorhanden. Außerdem sind ein Getränkemarkt und eine Toto-Lotto-Annahmestelle integriert.

"Was wirklich gut angenommen wird, ist unser kleines Bistro. Eigentlich sitzen jeden Nachmittag ein paar ältere Damen hier", ziehen die Geschäftsführer Bilanz. Trotzdem seien die Umsätze nach einer ersten Begeisterungsphase eingebrochen. "Wir wollen jetzt unser Produktsortiment überdenken. Wir werden gezielt auch preisgünstige Artikel ins Sortiment nehmen, so dass wir neben den regionalen hausgemachten Nudelsorten auch preisgünstige Nudeln anbieten", sagt Kraus.


Öffnungszeiten reduziert


Im November hat sich der RugenDorfladen von einer festangestellten Mitarbeiterin getrennt, jetzt wird eine Aushilfskraft auf 450-Euro-Basis gesucht. "Wir haben außerdem seit Oktober unsere Öffnungszeiten reduziert", bestätigt Kraus. Das bedeutet, dass montags, mittwochs und freitags zwar noch immer von 6 bis 18 Uhr eingekauft werden kann, allerdings gibt es eine Mittagspause von 12.30 bis 14.30 Uhr. Dienstags, donnerstags und samstags ist das Geschäft von 6 bis 12.30 Uhr offen. "Sobald wir eine 450-Euro-Kraft gefunden haben, werden wir auch über Mittag wieder öffnen, damit sich die Leute eine Brotzeit holen können", verspricht Kraus.

Außerdem hat der RugenDorfladen die Verteilung seiner Angebotsflyer eingestellt. Auch dies soll so schnell wie möglich wieder aufgenommen werden, haben die Geschäftsführer einhellig entschieden. Denn durch die Wochenangebote werde natürlich der Umsatz angekurbelt.

Die Genossenschaftler würden sich einige Ehrenamtliche wünschen, die das Einsortieren übernehmen und vielleicht auch einmal beim Putzen helfen. Aber vor allem hoffen sie, dass die Rugendorfer nicht nur die Dinge kaufen, die sie beim Großeinkauf vergessen haben, sondern den gesamten Wochenendeinkauf hier erledigen.



Ernüchterung macht sich breit


Aber nicht nur die Rugendorfer kämpfen um jeden einzelnen Kunden. Auch bei Gerhard und Michaela Baptist vom Dorfladen Presseck hat sich nach der ersten Begeisterung eine gewisse Ernüchterung eingestellt. "Wir haben im Juni aufgemacht, hatten uns allerdings mehr erhofft. Es läuft nicht so, dass wir beide davon leben könnten", sagt Michaela Baptist.

Michaela Baptist wird ab Januar deshalb wieder einem anderen Job nachgehen, um etwas zum Lebensunterhalt dazu zu verdienen. Ihr Mann Gerhard wird dann den Laden alleine schmeißen - mit reduzierten Öffnungszeiten. Bereits ab 1. Dezember wird der Pressecker Dorfladen nur noch von 6.30 bis 12.30 Uhr geöffnet haben. "Nachmittags kommen die Leute nicht so", so Michaela Baptist.



Frühmorgens ist am meisten los


Auch in Presseck laufen Backwaren und Wurst und Fleisch gut. Vor allem frühmorgens kommen die Pressecker. Molkereiprodukte werden gut angenommen. "Was bei uns weniger geht, sind Konserven oder Kaffee. Wir haben halt einen Laden, der ist siebzig Quadratmeter groß. Wir haben zwei Sorten Öl, keine zwanzig", gibt Michaela Baptist zu. Manche Leute störe das. Auch Süßigkeiten für Kinder würden so gut wie nie nachgefragt. "Manche kommen jeden Tag, das freut uns. Aber wenn sie immer nur drei Brötchen kaufen, dann ist das für unseren Umsatz halt zu wenig."

Eigentlich bräuchte der Pressecker Dorfladen 600 Euro Umsatz am Tag. Doch davon sind die Baptists weit entfernt. "Wir beliefern ja auch Kunden - aber wir haben nur einen, der das Angebot annimmt. Aber trotzdem machen wir weiter, der Dorfladen macht mir Spaß. Wir hoffen halt, dass wir noch mehr Kunden gewinnen können", sagt Gerhard Baptist. "Ich komme gerne her. So ein Dorfladen ist doch wichtig für uns", sagt Gemeinderat Josef Haupt und appelliert an alle anderen Pressecker, im Ort einzukaufen.



Umsatzeinbruch nach zwei Jahren


Einen Schritt weiter ist "Unner Lädla" in Grafengehaig. Vor fünf Jahren hat der Laden aufgemacht. Die ersten beiden Jahren waren gut - dann folgte der Umsatzeinbruch. "Wir haben auch unsere Sortiment geändert, haben jetzt mehr regionale Produkte. Lebensmittel aus der Gegend kommen gut an", sagt Michael Laaber.

Und trotzdem musste auch er das Ruder herumreißen, weil zwei Jahre lang in der Bilanz ein Minus stand. Man hat den Stromanbieter gewechselt und den Personalstamm von drei auf zwei Verkäuferinnen und auf Springer reduziert. Am Montagnachmittag hat "UnnerLädla" Dorfladen neuerdings zu.

"Wir haben eine neue Theke gekauft und eine Klimaanlage", sagt Michael Laaber. Im Durchschnitt ließen die Grafengehaiger zwölf Euro da. "Zum Glück machen auch einige ihre ganzen Wochenendeinkäufe bei uns in Gragengehaig."


"Für uns ist der Dorfladen ganz wichtig"


Seit der Eröffnung wurden in Grafengehaig 200 000 Einkäufe getätigt, in Kürze wird der Umsatz von zwei Millionen Euro überschritten. "Wir kommen in diesem Jahr auf einen Umsatz von rund 330 000 Euro - damit haben wir ein Plus erwirtschaftet", verrät der Geschäftsführer. "Aber wir brauchen das Plus, um die Kontokorrentkredite wieder auszugleichen", sagt Laaber. Kurzum: Auch der Grafengehaiger Dorfladen kämpft um jeden Kunden und um jeden Cent. "Aber für uns ist der Dorfladen ganz wichtig. Das müssen wir auch den Menschen in Grafengehaig immer wieder klar machen", appelliert Bürgermeister Werner Burger an die Kauflust.

"Die Dorfläden sind wichtig. Sie dürfen nicht sterben", ergänzt Michael Laaber - und das trifft auf alle Dorfläden zu. Denn sie sind ein wichtiger Bestandteil der Infrastruktur.