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Doppelmord im Limmersdorfer Forst bis heute ungesühnt


Autor: Erich Olbrich

Thurnau, Donnerstag, 08. August 2019

Im Limmersdorfer Forst spielte sich 1806 eine Tragödie ab. Der Weinreichsstein erinnert an diesen Doppelmord, der ungesühnt blieb.
Der Weinreichsstein im Limmersdorfer Forst Erich Olbrich


Im Limmersdorfer Forst steht abseits der Waldwege verborgen und einsam ein Gedenkstein. Er erinnert an eine Tragödie, die sich vor über 200 Jahren an dieser Stelle ereignet hat.

Das kleeblattförmige Kreuz aus Sandstein ist 70 Zentimeter hoch, 60 Zentimeter breit und 22 Zentimeter stark. Auf der nach Westen gerichteten Vorderseite ist folgende Inschrift eingemeißelt: "Hier, an dieser Stätte, ist ermordet worden der Feldjäger Weinreich und Bauer Pfaffenberger, den 4. May 1806."

Auf der Rückseite ist im Sandstein ein Metallkreuz eingelassen. Er hat fast die Form eines Eisernen Kreuzes und ist 57 mal 37 Zentimeter groß.

Grauenvolle Tat

Der Wanderer steht am sogenannten Weinreichsstein, wo vor 213 Jahren eine grauenvolle Mordtat geschah, die nie gesühnt werden konnte. Die Gedenkstätte war noch in den 1950er Jahren mit Steinen und Moos eingefasst und wurde in der damaligen Zeit von Schulkindern aus Hornungsreuth liebevoll gepflegt und geschmückt.

Geheimnisvolle Stille herrscht ringsum, und deshalb kann unser Geist zurückschweifen in die Zeit des ruchlosen Geschehens. Der Beginn des 19. Jahrhunderts war auch für die Menschen des Bayreuther und Kulmbacher Landes recht aufregend gewesen, denn manche alte Ordnung war umgestoßen worden.

Bürger reagierten misstrauisch

1791/92 war die Markgrafschaft Bayreuth-Ansbach durch den Verzicht des letzten Markgrafen Karl Alexander an das Familienoberhaupt, den König Friedrich Wilhelm II. von Preußen, übergegangen. Dieser sandte nun seinen Minister, den Fürsten von Hardenberg, nach Bayreuth. Mit ihm kamen preußische Beamte, und neue Gesetze mit einschneidenden Maßnahmen wurden erlassen.

Obwohl sie zum Wohle des Landes gedacht waren, begegnete ihnen die einheimische Bevölkerung mit viel Misstrauen und Argwohn.

Der Zustand der Waldungen war unbefriedigend. Die Beweidung, die Jagdleidenschaft und eine ungeregelte Bedarfswirtschaft hatten tiefe Wunden in den Forst geschlagen. Die Laubhölzer waren fast gänzlich verschwunden. Unter der preußischen Verwaltung wurde eine geregelte Forstbewirtschaftung eingeführt.

"Herrenloses Gut"

Die umliegenden Bewohner hielten sich aber für die rechtmäßigen Herrn und Eigentümer, es war "ihr Land" und "ihr Wald". Besonders der große Staatswald bei Jöslein und Limmersdorf galt als "herrenloses Gut", denn die Preußen galten ja nur als Fremde und Eindringlinge. Waldfrevel und Wilddiebereien, die es zu markgräflichen Zeiten überhaupt nicht gegeben hatte, machten nun dem Forstpersonal große Sorgen.

Die Banden zogen nämlich nicht mehr einzeln, sondern in großen Gruppen von 20 bis 30 Mann zu regelrechten Treibjagden aus. Vielleicht mag auch die politische Unsicherheit im Lande zu diesen Frechheiten mit beigetragen haben, denn der Krieg zwischen Preußen und Frankreich lag in der Luft. Zum Forstdienst setzte die preußische Verwaltung Feldjäger ein. Das Feldjägerkorps wurde bereits unter Friedrich dem Großen gegründet. Es bestand hauptsächlich aus Förster- und Jägersöhnen, die als Aufklärer und Kundschafter eingesetzt wurden. Nach der Ableistung ihrer Militärzeit wechselten sie in den Forstdienst.

Auch der Jagdhund wurde gemeuchelt

Am 4. Mai 1806, es war ein schöner, heiterer Sonntag, der so recht in Gottes freie Natur hinauslockte, begab sich der Feldjäger und Forstmann Carl Weinreich, ein gebürtiger Berliner, schon in aller Frühe in sein Forstrevier. Ein Einheimischer, der Bauersmann Philipp Pfaffenberger, begleitete ihn, und natürlich war auch der Jagdhund nicht vergessen worden.

Es ist anzunehmen, dass Weinreich in Erfahrung gebracht hatte, dass eine Wildererbande unterwegs war. Er hatte deshalb auf seine Sonntagsruhe verzichtet und wollte die Frevler endlich einmal stellen. Es war der letzte Gang dieser beiden Männer, sie gerieten in einen Hinterhalt und kein Mensch hat von ihrer Todesstunde je etwas erfahren.

Vier peitschende Flintenschüsse

Die Einwohner von Moosing (Unterobsang) hörten an diesem stillen Sonntagmorgen plötzlich vier peitschende Flintenschüsse und wussten wohl, dass sie von Wilderern stammten, dachten aber nie an eine Mordtat.

Nach Stunden erst fand man die Toten. Heimtückisch von hinten waren sie niedergeschossen worden. Auch der Jagdhund lag in seinem Blut. Die Wilderer waren also Weinreich und Pfaffenberger zuvorgekommen, hatten ihnen im Dickicht aufgelauert und sie schändlich ermordet.

Alle behördlichen Nachforschungen waren vergebens. Mancher, der etwas wusste, schwieg aus Angst vor der Rache der Bande.

Den Ermordeten wurde eine ganz besondere Ehre und Auszeichnung zuteil: Die Regierung ordnete an, dass die beiden Toten in einem der schönsten Waldreviere beigesetzt werden sollten. Dieses Weinreichsgrab liegt westlich vom Tatort an einer Waldstraße. Darüber mehr nächste Woche.