Druckartikel: Diskussion um Photovoltaik-Anlage in Kulmbach-Grafendobrach: "Völlig abstruse Argumente"

Diskussion um Photovoltaik-Anlage in Kulmbach-Grafendobrach: "Völlig abstruse Argumente"


Autor: Katrin Geyer

Kulmbach, Sonntag, 10. März 2019

Nach jahrelanger Pause nimmt das Energiewende-Bündnis Kulmbach seine Arbeit wieder auf und plädiert für eine Freiflächen-Photovoltaik-Anlage.
Eine Freiflächen-Photovoltaik-Anlage könnte für Kulmbach eine große Chance sein. Das meint das Energiewende-Bündnis, das seine Arbeit aus aktuellem Anlass nach Jahren der Pause wiederaufgenommen hat.  Symbolbild: Archiv/Matthias Rietschel/dapd


"Ich war sprachlos" sagt Dagmar Keis-Lechner und fügt selbstironisch hinzu, dass das bei ihr ja eher selten der Fall sei. Sprachlos gemacht hat die Kreisvorsitzende der Grünen der Beschluss des Kulmbacher Stadtrates, eine Freiflächen-Photovoltaik-Anlage bei Grafendobrach nicht zu genehmigen.

Beschluss kippen

Keis-Lechner, hat an der der Stadtratssitzung teilgenommen und akribisch Protokoll darüber geführt, wer was gesagt hat. "Völlig abstruse Argumente" seien da ins Feld geführt worden, berichtet sie. Der Stadtrat hat sich letztlich mehrheitlich gegen die Anlage entschieden. Auf sich beruhen lassen will die Grünen-Politikerin diese Angelegenheit aber nicht.

Auf ihre Initiative haben sich nun nach jahrelanger Pause die Mitglieder des Kulmbacher Energiewende-Bündnisses wiedergetroffen. Ihr Ziel: den erwähnten Stadtratsbeschluss zu kippen.

Zur Erinnerung: 2013 hatten sich Verteter unterschiedlicher Parteien und Gruppierungen zum Kulmbacher Energiewende-Bündnis zusammengeschlossen. Mit dabei waren unter anderem die Grünen, die Partei Die Linke, die ödp und der Bund Naturschutz. Ihr Vorhaben: Den Ankauf des städtischen Stromnetzes durch die Kulmbacher Stadtwerke voranzutreiben. 2014 war dieses Ziel erreicht worden. Das Energiewende-Bündnis sah seine Aufgabe als erfüllt an und meldete sich über Jahre hinweg nicht mehr zu Wort.

Das soll sich nun ändern, meinen Dagmar Keis-Lechner und ihre Mitstreiter. "Das Energiewende-Bündnis muss wiederbelebt werden."

Was die Grünen-Chefin Keis-Lechner, ihren Vorstandskollegen Christian Ohnemüller, Arno Pfaffenberger und Michael Heinrich (mut-Partei), Reinhard Englert (ödp), Franziska Schumm (Tra.Ku.La) und der Photovoltaik-Experte Klaus Springmann so gegen den Strich geht: Der Kulmbacher Stadtrat hat ihrer Ansicht nach mit der Ablehnung der Photovoltaik-Anlage inkonsequent gehandelt. Beim Ankauf des Stromnetzes in Kulmbach sei es erklärtes Ziel gewesen, künftig auch regenerative Energiequellen vor Ort zu nutzen. Von diesem Ziel sei man nun weiter entfernt als je zuvor, sagen sie.

Hätte der Stadtrat dem Antrag des Rugendorfer Unternehmers Mario Münch, bei Grafendorbrach eine Freiflächen-Photovoltaik-Anlage zu bauen, stattgegeben, hätten rund 3300 Haushalte mit "grünem" Strom versorgt werden können. Der Stadtrat hat sich dagegen entschieden: Weil es einen Grundsatzbeschluss aus dem Jahr 2009 gib, wonach solche Anlagen nur auf Dachflächen errichtet werden dürfen.

"Dachanlagen reichen nicht"

Reichen verhältnismäßig kleine Anlagen auf Dachflächen aus? Reinhard Englert hat da seine Zweifel: "Wenn man den Ökostrom wirklich will, braucht man Alternativen. Dachanlagen reichen da nicht aus."

Auch Klaus Springmann plädiert für die große Anlage, spricht im Zusammenhang mit dem Stadtratsbeschluss von einem Rückschritt: "Wir müssen dafür sorgen, dass der Beschluss rückgängig gemacht wird. Strom, der in Grafendobrach gewonnen würde, könnte ins städtische Netz eingespeist werden. Die Wertschöpfungskette beschränkte sich auf die Region; Gewinne könnten helfen, die Defizite im Hallenbad, im Freibad und auf der Eisbahn auszugleichen."

Im Stadtrat waren vor der bereits viel diskutierten Entscheidung etliche Argumente gegen eine große Anlage ins Feld geführt worden - unter anderem das, dass eine solche Anlage Bemühungen um den Artenschutz zunichte machen würde. "Unsinn", sagt Reinhard Englert und verweist darauf, dass im Gegenteil unter so großen Anlagen der Boden für einige Jahre "ausruhen" kann, was die Artenvielfalt fördere.

Infoveranstaltung

Einig waren sich alle Mitglieder des überparteilichen Zusammenschlusses, dass die Arbeit des Energiewende-Bündnisses wieder aufgenommen werden soll. Erste Priorität hat eine Informationsveranstaltung, in der Zahlen und Fakten zur Photovoltaik und Details zu Ökologie und Artenschutz präsentiert werden - um die Argumentation der Mehrheit des Stadtrates zu widerlegen. "Wir müssen", so Dagmar-Keis-Lechner, "den Druck erhöhen, damit der Stadtrat diesen fatalen Beschluss zurücknimmt."