61 Jahre ist er jetzt. Die Wirtschaft läuft hervorragend, und die Arbeit wird nicht weniger. Er wolle noch etwas von seinen Lebensabend haben, sagt der gebürtige Münchner. Lebensqualität eben, nicht arbeiten bis zum Umfallen.
Acht Jahre ist es her, dass er die "Waldschänke" erworben hat. Die war damals schon ein gut frequentiertes Lokal. Teichwirt Holger Jensen hatte das Anwesen erworben und umgebaut. Fischgerichte aller Art waren seine Spezialität, ohne Voranmeldung war oft kein Platz mehr zu bekommen. So groß war die Nachfrage. Doch dann zog es ihn ihn die Ferne: Er wanderte aus. Nach Paraguay. Er verkaufte das Anwesen, das unter dem neuen Eigentümer für Gäste weiter offenblieb. Damit setzte sich eine lange Tradition fort: Schon 1897 wurde im Oberhammer Bier ausgeschenkt, wie die Chroniken belegen.
Ob dies auch in Zukunft so sein wird, ist völlig ungewiss. Denn Toni will das gesamte Anwesen veräußern und sich in der Umgebung eine neue Heimstatt suchen. Immobilienmakler Tobias Rieger - er hat schon den Waffenhammer und die Hammermühle an den Mann gebracht - ist mit der Vermarktung beauftragt.
Wie lange es dauern wird, bis sich ein Kaufer gefunden hat, weiß keiner. Bis dahin wird der Toni das beliebte Ausflugslokal auf jeden Fall geöffnet halten: "Trotz der Verkaufsabsicht läuft der Betrieb uneingeschränkt weiter".
Toni Stemps Wunsch wäre es, dass das Lokal aufrechterhalten wird. Doch das ist nicht zwingend erforderlich. Das Grundstück mit seinem Haupt-Haus, einem Ferien-Haus, einer Scheune, einer Doppelgarage und diversen Nebengebäuden eignet sich auch für andere Arten der Nutzung. Will heißen: Die Zukunft des Oberhammers 1 ist völlig offen. Das gilt auch für das Team, das Toni und Claudia bei ihrer Arbeit unterstützt hat. Fünf geringfügig Beschäftigte verdienen sich in der "Waldschänke" ein Zubrot.
Auf diese Zahl von Mitarbeitern kommt die Gastwirtschaft "Goldener Hirsch" nicht. Sie führen Monika und Gerhard Will. Doch bei der Zukunft dieses Lokals gibt es keinen Raum für Interpretationen: Der "Goldene Hirsch" wird definitiv zum 1.Oktober geschlossen. Aus gesundheitlichen Gründen, wie das Ehepaar auf Nachfrage mitteilt. Und weil es keinen Betriebsnachfolger gibt. Sohn Thomas lebt und arbeitet in Nürnberg.
Die Schließung der Gaststätte ist eine Zäsur im gastronomischen Angebot der Stadt. Denn die "Schott´s Mali", so das gängige Synonym für das Haus, bot zahlreichen Vereinen, Verbänden und Organisationen eine Heimstatt. Die Soldatenkameradschaft trifft sich regelmäßig dort, das CHW, der Frankenwaldverein, die CSU, die Briefmarken-Sammler und, und, und....
Sie alle müssen sich nunmehr eine neue Bleibe suchen Und die beliebten, knusprigen Hähnchen, die das Image der Wirtschaft geprägt haben, gibt es auch nicht mehr. Weiter betrieben wird nur noch die Ferienwohnung das Hauses, das zentral am Marktplatz liegt.
"Es geht einfach nicht mehr", beteuern Gerhard Will (73) und dessen drei Jahre jüngere Ehefrau Monika. In seinen Worten schwingt ein wehmütiger Unterton mit. Denn die "Schott´s Mali" hat Geschichte geschrieben. 1798 wurde das Anwesen erwähnt, als es einem Brand zum Opfer fiel. Nach dem Wiederaufbau wurden dort schon bald Gäste verköstigt. Es hat auch berühmte Stadtsteinacher hervorgebracht. Leopold Schott, der von allen nur "Poldi" genannt wurde, war im vergangenen Jahrhundert ein bekannter Kammermusiker, der mit seiner Jugendkapelle die ganze Welt bereist hat.
Der Name "Mali"geht auf Amalie Schott zurück, unter der die das Anwesen am Marktplatz 12 eine Blüte erfuhr. Wegen seiner Größe und seiner zentralen Lage im Stadtkern war es ein beliebter Veranstaltungsort. Im Saal des Gebäudes wurden Filme gezeigt, Boxkämpfe durchgeführt oder Kasperl-Theater gespielt. Daneben war die Wirtschaft beliebt bei den Leuten und gerne genutzt für Feierlichkeiten wie Leichentrunk, Kommunionen, Taufen oder auch Geburtstage. In den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts war die "Mali" ein beliebtes Tanzcafe´, erst in den 80er Jahren wurde es zur Gastwirtschaft umgestaltet. 1990 legte die Familie vor dem Haus ein Podium an der Stelle eines ehemaligen Gastgartens an.
Mit der Schließung des "Goldenen Hirschens" geht also auch ein Stück Stadtsteinacher Stadtgeschichte zu Ende. Unwiederbringlich.
… ist doch alles nicht so schlimm:
Als überdimensionale Entschädigung erhält das idyllische Städtchen Stadtsteinach in absehbarer Zeit eine monumentale Umgehungs-Rennstrecke, die alle diese im Artikel aufgezählten Verluste um ein Vielfaches wieder ausgleicht und die kommunale Infrastruktur ins nahezu Unermessliche steigert; ganz abgesehen davon, dass diese neue Trasse sich harmonisch in die vorhandene natürlich gewachsene Landschaft einschmiechen und vollends integrieren wird: Ein Gewinn für Umwelt und Natur!
Das ist halt nun mal der unaufhaltsame FORTSCHRITT … - … wer sich dagegen wehrt, lebt verkehrt!