Die Trebgaster Turnhalle ist sein zweites Zuhause
Autor: Lisa Kieslinger
Trebgast, Freitag, 18. November 2016
Peter Kerrmann leitet seit 36 Jahren die Karateabteilung des TSV Trebgast. Sein Hauptaugenmerk legte er von Anfang an auf die Ausbildung von Jugendlichen.
Peter Kerrmann kann es immer noch nicht glauben: Er ist für den Bürgerpreis der Bayerischen Rundschau nominiert worden. "Ich war überrascht. Allein, dass mich jemand vorschlägt, dass ist schon eine Ehre", sagt der 59-Jährige als wir ihn für das Interview bei sich in Trebgast treffen. Er ist für sein Engagement in der Jugendförderung nominiert worden. "Und dann auch noch für Karate - eine Randsportart." Peter Kerrmann kann es einfach nicht fassen.
Seit 36 Jahren führt er die Karateabteilung des TSV Trebgast und hat sie auch gegründet. Nach ersten Versuchen mit 15 Jahren beim Judo in Bayreuth musste sich der Trebgaster schnell eingestehen, dass das nicht seine Sportart ist. "Schon in der Schule war ich nicht gerade der Sportlichste", sagt Kerrmann und lacht. Doch dann ging er zum Karatetraining in Bayreuth. Dort machte er als Jugendlicher eine Ausbildung bei der Post. "Ich bin mit der Bruce-Lee-Welle zum Karate gekommen. Genau wie andere 150 Anfänger." Trainer waren zu dieser Zeit Mangelware. Als ein paar Jahre später in Kulmbach ein Karateverein gegründet wurde, wechselte er dort hin. 1979 dann eine gute Nachricht für den Trebgaster: In seinem Wohnort hat jemand eine freie Schule für Karate eröffnet. Peter Kerrmann und seine Frau haben das Angebot direkt angenommen. Irgendwann hörte jedoch auch dieser Trainer auf. "Ich bin dann zum TSV Trebgast gegangen und habe gefragt, ob wir uns nicht als Abteilung anschließen könnten", erzählt Kerrmann. Für den Verein kein Problem, doch dafür brauchte es einen Abteilungsleiter. Kurzer Hand übernahm Kerrmann das Amt. "Damals waren wir 14 Leute. Mittlerweile sind es 100", sagt er stolz.
Doch der Start gestaltete sich schwierig, wie er zugibt. Neben dem Job als Abteilungsleiter übernahm er auch den Trainerposten - einen anderen gab es schließlich nicht. "Ich hatte nur ein paar Erfahrungen und war fachlich eigentlich noch nicht so weit, um Trainer zu sein", gibt Kerrman zu. Gemeinsam mit dem jetzigen stellvertretenden Abteilungsleiter Michael Wanderer, der Tai-Chi-Kurse gibt, hat Kerrmann eine Weiterbildung nach der anderen gemacht.
Seine beiden Söhne, 31 und 33 Jahre alt, haben als Kinder bei ihrem Vater trainiert und sind mittlerweile selbst Trainer im Verein. "Karate ist einfach ein Familiensport und das ist für mich das Besondere." In den Erwachsenenkursen ist der Jüngste 13 Jahre alt und der Älteste ist Peter Kerrmann mit 59. "Ab und zu können wir Älteren uns auch mal freuen, wenn wir etwas besser können als die Jugend", sagt Kerrmann und lacht.
Neben Kinder- und Erwachsenenkursen bietet der Verein seit 2013 auch Kleinkindertraining an. Auf die Idee kam der Trebgaster durch seine beiden Enkel, die mittlerweile vier und fünf Jahre alt sind. "Im Sommer toben sich die Kinder draußen aus. Im Winter ist das schwieriger", erzählt der stolze Opa. Von Oktober bis März können deswegen Drei- bis Fünfjährige zum Karatetraining nach Trebgast kommen. An einen Moment der letzten 36 Jahre erinnert sich der 59-Jährige ganz besonders: Eines Tages kam eine 30-jährige Frau und wollte ihre sechsjährige Tochter anmelden. Eigentlich nichts Besonderes. Doch im Laufe des Gesprächs stellte sich heraus, dass die Mutter als Kind auch Karate bei Peter Kerrmann gemacht hat. Erkannt hat der 59-Jährige seine ehemalige Schülerin nicht mehr. "Als ich dann aber das Kind angeschaut habe, ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen: Denn so wie die Kleine jetzt aussieht, sah früher ihre Mutter aus." Für Peter Kerrmann sind das Momente, an die er sich immer wieder gern erinnert.
Mittlerweile ist der 59-Jährige im Vorruhestand und hat mehr Zeit für seine Hobbys. Neben dem Karatetraining sitzt er im Ausschuss des Siedlerbunds und führt mit seiner Frau zweimal die Woche Hunde vom Kulmbacher Tierheim aus. "Man hat immer einen Grund, nicht rauszugehen. Entweder ist es zu kalt, zu nass oder zu heiß", meint der 59-Jährige. Doch wenn er weiß, dass die Hunde auf ihn warten, rafft er sich auf.
Doch auch als er noch beruflich in Bayreuth im Personalservice verschiedener Unternehmen tätig war, stand er trotzdem mindestens drei Mal die Woche abends in der Turnhalle. Für ihn eine Selbstverständlichkeit auf die er damals wie heute nicht verzichten will. Ans Aufhören denkt der 59-Jährige noch lange nicht. Mit Karate will er solange weitermachen, wie es möglich ist. Wenn das irgendwann nicht mehr geht, will er zum Tai-Chi, eine ruhigere Kampfkunst, wechseln. "Das kann ich dann noch bis 90 machen. Da sollen sie mich im Rollstuhl in die Halle fahren und dann mache ich die Übungen halt im Sitzen", sagt der 59-Jährige und lacht.