Die Rache der Blutwurst
Autor: Christian Schuberth
Kulmbach, Mittwoch, 16. Oktober 2019
Sauerei: Mit den fränkischen Wirtshäusern stirbt auch die Schlachtplatte. Immer seltener gibt es diese Delikatesse auf den Speisekarten.
Noch vor wenigen Jahrzehnten zogen um diese Jahreszeit Hausschlachter von Bauernhof zu Bauernhof. Vornehmlich in der kalten Jahreszeit ging es den übers Jahr gemästeten Hausschweinen an den Kragen. Verwertet wurde noch alles, man hatte schließlich Respekt vor dem Tier, die Sau sollte nicht umsonst oder nur wegen ihrer Lende gestorben sein.
Das Blut musste schnell gerührt werden, damit es nicht gerinnt. Und dann wurden daraus Siedwürste gemacht, weiß und rot. Die guten Stücke wurden eingesalzen oder eingefroren, die weniger wertvollen wie Beine, Füße, Ohren oder Rüssel sowie die Innereien gleich im holzbefeuerten Schlachtkessel gekocht.
Jetzt wetzten die Gourmets die Messer. Eine Prise Salz und Pfeffer aufs Kesselfleisch, vielleicht ein bisschen Senf, dazu ein Brot oder Sauerkraut - für den fränkischen Feinschmecker ein kulinarisches Gedicht, das auf keiner Kerwa fehlen durfte.
Doch die Liebhaber dieser deftigen Delikatesse werden weniger, ins Wirtshaus geht von der Generation Internet sowie kaum einer mehr. Kein Wunder, dass immer mehr Wirtschaften dicht machen, die fränkischen Spezialitäten nehmen sie mit ins Grab. Nach den Hausschlachtern stirbt auch die Schlachtplatte. Sauerei schimpfen die Liebhaber. Vegetarier sagen: Die Rache der Blutwurst.