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"Die Prinzen" adeln die Plassenburg in Kulmbach


Autor: Stephan Stöckel

Kulmbach, Samstag, 18. Juli 2015

Am Freitagabend hat Kulmbach ganz besonderen adeligen Besuch erhalten. Nicht die Herkunft hat die Herren geadelt, sondern ihre Musik. Die Rede ist von den "Prinzen", die noch immer alles "mit dem Mund machen", wie es in dem gleichnamigen Lied heißt.
Foto: Stephan Stöckel


Ob Bariton, Bass oder Tenor - die Sachsen mit dem Faible für erstklassigen A-cappella-Pop haben alle Stimmlagen perfekt im Griff. Obendrein haben sie zur Freude Ihrer Fans ihr tönernes Tafelsilber noch lange nicht verscherbelt, sondern fein herausgeputzt: Ein Ohrwurm nach dem anderen - von "Gabi und Klaus" bis hin zum Mann im "Mond" - rauscht im schönen Hof der Plassenburg durch die Gehörgänge der 1100 Fans, die von Beginn an auf Wolke 7 schweben.

Zudem sitzt der Schalk dem Pop-Adel aus Sachsen, der sein stimmliches Handwerk von der Pieke auf bei zwei renommierten Singgemeinschaften, dem Leipziger Thomanerchor und dem Dresdner Kreuzchor, gelernt hat, ganz gehörig im Nacken.

Bariton Tobias Künzel schwärmt bei der Begrüßung "vom pittoresken Städtchen Kulmbach mit seinen vielen Kleinodien." Was war das erste wundervolle Gebäude, das die Musiker aus Richtung Bayreuth kommend zu sehen bekamen? "Schuh Mücke", witzelt der nicht auf den Mund gefallene Sachse.

Er erzählt, dass er sich auf der altehrwürdigen Markgrafenburg wie zu Hause fühle. Kein Wunder: Bereits 2007 hatten Künzel und seine adeligen Freunde Mathias Dietrich (Bassgitarre), Sebastian Krumbiegel, Wolfgang Lenk (beide Tenor), Jens Sembdner (Bass), Henri Schmidt (Bariton) und Ali Zieme (Schlagzeug) mit ihren Songs zwischen Ironie und Tiefgang das Kulmbacher Publikum im Sturm erobert. Damals hatten die Blaublüter des Pop, unterstützt von dem Dresdner Damen-Streichquartett "Baroccolo", einen Hauch von Klassik versprüht, diesmal ist es ein lupenreines Pop- und Rockkonzert, das für die Fans keine Wünsche übrig lässt.

Ob voller Schwermut ("Er steht im Regen"), frech-frivol ("Mein Hund ist schwul") oder fetzige Glückshormone versprühend ("Die Bombe") - die Akteure, die ihr Metier schlafwandlerisch beherrschen, spielen meisterhaft auf der Klaviatur der Emotionen und tauchen das Publikum in ein erfrischendes Wechselbad der Gefühle. "Locker bleiben, schön locker bleiben", hallt es an einem lauschigen Sommerabend über das Open-Air-Gelände, wo sich barocke Festlichkeit und rockiges Temperament einen Abend lang auf wundersame Art und Weise paaren.
Eine Botschaft , die sich das Publikum nicht zweimal sagen lässt. "Küssen verboten", heißt es zwar, aber das Klatschen und Mitsingen lassen sich die Untertanen der "Prinzen" von Beginn an nicht verbieten. Beim Klassiker "Millionär" hält es viele nicht mehr auf den Stühlen, bildet sich zugleich ein großer Chor, der jede Zeile inbrünstig mitsingt.

Spätestens hier spürt man, dass das neue Opus "Familienalbum" seinen Namen zu Recht trägt. Die Musiker, die sich nach fast 25 Jahren Band-Ehe in Interviews gerne als Brüder bezeichnen, haben an diesem Abend Familienzuwachs erhalten. Es kommt schnell zur Verbrüderung mit den Fans, die ihren Idolen jeden Wunsch von den Lippen ablesen: Unbeschwert strecken sie Ihre Hände in die Höhe, erzeugen mit Feuerzeugen, Wunderkerzen und hell leuchtenden Smartphone-Displays eine Stimmung, wie sie romantischer nicht sein könnte.

Der Popadel lässt sich nicht lumpen, geht über die volle Distanz von fast zwei Stunden und serviert seinen Untertanen als Nachspeise auch noch die mit viel Ironie gespickte Weise von den vergammelten Speisen. Die Blaublüter des Pop verbeugen sich artig vor dem restlos begeisterten Publikum und versprechen: "Wir haben auch nach fast 25 Jahren noch lange nicht genug." Wer weiß, vielleicht kommt es ja in eine paar Jahren auf der Plassenburg zur Rückkehr der verlorenen Söhne...