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Die nächste Apotheke im Landkreis Kulmbach schließt


Autor: Alexander Hartmann

Thurnau, Dienstag, 29. November 2016

Mit der Thurnauer Markt-Apotheke schließt 2016 schon die dritte Apotheke im Landkreis Kulmbach.
Früher befand sich die Apotheke am Oberen Markt. Es gab Medikamente und Drogerieartikel - und Autofahrer konnten Benzin tanken. Vor der Apotheke befand sich eine Zapfsäule (Bildmitte). "Es war die erste in Thurnau", sagt Hans-Otto Meyer. Foto: privat


Er hat in Fachzeitschriften inseriert, auch einen Makler eingeschaltet: Einen Nachfolger für seine Markt-Apotheke in der Thurnauer Bahnhofstraße hat Hans-Otto Meyer aber nicht gefunden. Ende des Jahres verabschiedet sich der 73-Jährige in den Ruhestand - nach 44 Jahren, in denen er auch viele Stammkunden mit Medikamenten versorgt hat.


Seiet 222 Jahren

"Es sieht ganz danach aus, als ob es in der Bahnhofstraße bald keine Apotheke mehr geben wird", sagt der Thurnauer. Eine Vorstellung, die ihn schmerzt, würde doch eine 220-jährige Tradition enden. 1794 wurde die Apotheke - damals am Oberen Markt - gegründet, die Meyers Großvater Georg Friedrich 1905 übernommen und später 1943 an seinen Vater Herbert übergeben hat. Nach dessen Tod war die Apotheke über viele Jahre verpachtet, ehe Hans-Otto Meyer 1972 selbst eingestiegen ist. 1980 erfolgte der Umzug in das jetzige Geschäftshaus in der Bahnhofstraße, das früher der Spedition Vogel gehörte.


Kein Nachfolger in der Familie

Hans-Otto Meyers Sohn ist Architekt geworden, seine Tochter Beamtin. Einen Nachfolger aus der eigenen Familie hat er nicht gefunden. Und das Geschäft an einen Externen zu verpachten, gestaltet sich schwierig. Dabei ist der 73-Jährige davon überzeugt, dass Thurnau ("Das ist doch ein aufstrebender Ort mit einigen Arzt-Praxen") weiterhin eine zweite Apotheke tragen würde - auch wenn gerade der Bürokratismus und die Online-Konkurrenz den Pharmazeuten in der heutigen Zeit zu schaffen machten.


Bundesweiter Trend

Dass die Markt-Apotheke nun aller Wahrscheinlichkeit nach dicht macht, unterstreicht einen Trend, der auch bundesweit auszumachen ist. Jahr für Jahr schließen deutschlandweit etwa 200 Apotheken. Deren Zahl hat sich seit dem Höchststand Anfang der 2000-er Jahre um etwa 2000 auf heute nur noch knapp über 20 000 reduziert.
Im Landkreis Kulmbach verschwinden 2016 gleich drei Apotheken von der Bildfläche: Die Markt-Apotheke schließt Ende des Jahres, die Apotheke in Ludwigschorgast hat im Januar dicht gemacht, die Untere Apotheke in Kulmbach zur Jahresmitte. Dabei wurde mit der Sonnenstern-Apotheke Am Goldenen Feld in Kulmbach auch eine neu eröffnet.


Ein schwerer Schlag

Dass die Rahmenbedingungen immer schwieriger werden, stellt der Kulmbacher Hans-Peter Hubmann fest, der auch Vorsitzender des Bayerischer Apothekerverbandes ist. Nach dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz, das der Branche 2010 stark zugesetzt habe, habe man jetzt mit den Folgen einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu kämpfen. Der hat entschieden, dass die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente gegen EU-Recht verstößt. Während die Versandapotheke DocMorris ("Dort sind zwei bis drei Apotheker beschäftigt, ansonsten nur Lagerarbeiter") jubeln könne, sei das für niedergelassene Apotheker ("Die beschäftigen Personal und zahlen Gewerbesteuer") ein schwerer Schlag. Boni könnten die ihren Kunden nicht bieten. Es sei daher zu befürchten, dass der Online-Handel zunehmen werde.


Keine Versorgungslücke

Die Thurnauer können ihre Rezepte auf jeden Fall auch künftig bei einem niedergelassenen Pharmazeuten einlösen: Es gibt ja noch die Schloss-Apotheke in der Hopfenleithe. Eine Versorgungslücke gibt es in Thurnau wie im ganzen Landkreis Kulmbach nicht, wie Hans-Peter Hubmann feststellt. "Man geht davon aus, dass eine Apotheke 4000 bis 4500 Bürger versorgt." Bei knapp über 4000 Einwohnern gelte daher auch der Markt Thurnau nicht als unterversorgt.


"Für einen Euro"

Ob Hans-Otto Meyer vielleicht doch noch einen Nachfolger für seine Markt-Apotheke findet? Auch wenn er einem Pächter die Einrichtung "für einen Euro" übergeben würde, wird das ein schwieriges Unterfangen. Das weiß der 73-Jährige, das befürchtet aber auch Apothekensprecher Hans-Peter Hubmann. Angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen sei es schwer, jungen Apothekern eine Landapotheke schmackhaft zu machen. Es gebe zwar ausreichend Pharmaziestudenten, die würden aber oftmals einen anderen Berufsweg einschlagen. Hans-Peter Hubmann: "Viele gehen heute in die Pharmaindustrie oder auch in Kliniken."