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Die Masken retteten das Geschäft


Autor: Christine Fischer

Kulmbach, Dienstag, 21. April 2020

Die einen finden sie lästig, die anderen unverzichtbar, und den dritten ermöglichen sie das wirtschaftliche Überleben: Mundschutz-Masken. Wo gibt es welche?
Die Schneiderei Högen hat dank der Nachfrage nach Masken wieder gut zu tun. Sehr zur Erleichterung von Inhaberin Tanja Schneider (stehend), für die die Folgen der Ausgangsbeschränkungen fast die Insolvenz bedeutet hätten. Foto: Christine Fischer


Das Telefon der Schneiderei Högen steht nicht mehr still. Die Kunden kommen quasi im Sekundentakt in den Laden in der Webergasse und fragen nach Schutzmasken. Es hat sich herumgesprochen in Kulmbach, wo es Mundschutz zu kaufen gibt. Doch Inhaberin Tanja Schneider musste am Dienstag alle vertrösten. Der Gummi ist ausgegangen, erst ab Mittwoch gibt es wieder Masken zu kaufen.

Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes war bisher eine freiwillige Angelegenheit. Entsprechend wenige Maskenträger sah man hierzulande trotz Corona-Pandemie bisher beim Einkaufen oder auf der Straße. Das wird sich ab Montag nun schlagartig ändern, denn ab 27. April gilt in Bayern Maskenpflicht für alle, die in ein Geschäft gehen oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen wollen.

Daher stellt sich für viele, die bislang noch keine Maske hatten, jetzt die Frage: Wo bekomme ich in Kulmbach überhaupt einen entsprechenden Schutz her? Schließlich hat nicht jeder im Familien- oder Bekanntenkreis eine Schneiderin oder einen Schneider. Neben zahlreichen privaten Initiativen, der AFW Creativ-Stickerei in Marktleugast und der Kulmbacher Weberei Gerhard Siemko produzieren mittlerweile auch viele Schneidereien die inzwischen sehr begehrten Masken in größerem Umfang.

Angst vor Insolvenz, dann kamen die Masken

Wie eben die Schneiderei Högen. Und für die war der Mundschutz quasi die Rettung in letzter Minute. Denn das Geschäft mit Änderungsarbeiten brach mit Beginn der Ausgangsbeschränkungen komplett ein. "Wir hatten null Aufträge mehr", so Inhaberin Tanja Schneider. Als Mischbetrieb aus Handwerk und Gewerbe hätte sie den Laden offen lassen können, aber zu ändern gab es nichts mehr und Kurzwaren verkaufen durfte sie nicht mehr. "Ich habe im März über Insolvenz nachgedacht und mir den Antrag auf Kurzarbeit schon besorgt", so Schneider. Doch dann stieg die Nachfrage nach Mund-Nasen-Schutz und Tanja Schneider begann Anfang April, mit ihren zehn Halbtagskräften ausschließlich Schutzmasken zu nähen. "Das hält uns jetzt über Wasser", so Schneider. 300 Masken fertigen sie im Durchschnitt pro Tag, ausschließlich aus weißem Stoff, "der ist kochfest". 8,20 Euro kostet das Stück, bei größeren Aufträgen gibt es einen Staffelpreis.

"Kulmbach hält zusammen"

Anfangs habe es die eine oder andere Großbestellung gegeben, zum Beispiel vom Kulmbacher Landratsamt, und dann seien nach und nach immer mehr Aufträge gekommen. "Wir haben aber auch viele Firmen angeschrieben und uns um Bestellungen bemüht", betont Tanja Schneider. Die Auftragslage ist inzwischen gut, nicht zuletzt dank des Zuspruchs aus der heimischen Wirtschaft. Eine Erfahrung der vergangenen Wochen, die Tanja Schneider besonders freut: "In so einer Situation hält Kulmbach einfach zusammen."

Das habe sich auch beim Verkauf der Masken gezeigt. Da die Schneiderei Högen in den letzten Wochen eingeschränkte Öffnungszeiten hatte (Montag bis Freitag von 10 bis 14 Uhr), hat das Sanitätshaus Barkhofen angeboten, die Masken zum gleichen Preis mit zu verkaufen. "Das ist reine Nachbarschaftshilfe", sagt Tanja Schneider. Auch die Physiomanufaktur in der Langgasse habe angeboten, die Masken der Schneiderei Högen ohne Aufpreis an die Kunden abzugeben. "Das ist ein Miteinander, das ist einfach toll, und dafür sind wir sehr dankbar", zeigt sich Schneider von der Unterstützung in diesen schwierigen Zeiten beeindruckt. Ab nächster Woche hat die Schneiderei Högen wieder zu den üblichen Zeiten geöffnet. Masken kann man dort direkt kaufen oder auch vorbestellen.

Auch sie nähen fleißig

Die Nähmaschinen laufen auch in der Schneiderei Ali im Kirchwehr momentan auf Hochtouren. Rakan Ali fertigt Mund-Nasen-Schutz in normaler Ausführung für 6 Euro pro Stück und doppellagige Exemplare für 8 Euro das Stück. Er hat viele verschiedene Modelle und Farben im Angebot. Sein Geschäft hat von 8.30 bis 18 Uhr geöffnet, meistens ist er aber noch länger da.

Masken nach Bestellung näht auch Petra Emmel von "Just Clothes - Mode nach Maß" in Burghaig - momentan 30 bis 40 Stück am Tag. Telefonisch oder über Facebook ("Just Clothes") kann man seinen Mund-Nasen-Schutz für 6 Euro pro Exemplar bei ihr ordern. Sie verwendet weißen, kochfesten Stoff, der auch atmungsaktiv ist und sterilisiert werden kann.

Seit einigen Wochen näht auch das Team von "Ideenreich" in der Webergasse schon Behelfsmasken. Allerdings nimmt Inhaberin Claudia Eichhorn erst einmal keine neuen Aufträge an, da nach der Verkündung der Maskenpflicht das Telefon heiß lief "und wir uns erst einmal einen Überblick verschaffen müssen". Aber ab Dienstag hat das "Ideenreich" wieder von Dienstag bis Samstag von 9 bis 13.30 Uhr geöffnet, "und dann können sich die Kunden auch gerne Stoff und Zubehör bei uns kaufen", so Claudia Eichhorn. Dies geht übrigens auch momentan schon per E-Mail, Facebook oder telefonisch (09221/8274928).

Riesige Nachfrage und unseriöse Anbieter

Auch in Apotheken kann man Mundschutz kaufen - wenn gerade welcher da ist. Und das ist im Moment der Knackpunkt, wie Hans-Peter Hubmann, Pressesprecher der Kulmbacher Apotheker, im Gespräch mit der Bayerischen Rundschau erläutert. Seit der Ankündigung der Maskenpflicht für Bayern habe ein "unheimlicher Run" eingesetzt. Die Nachfrage sei riesig, entsprechend schwierig die Beschaffung für die Apotheken.

Überteuert und Mangelhaft

Der Markt werde derzeit zwar geradezu überschwemmt von Anbietern, leider seien aber nicht alle seriös, die Masken zum Teil überteuert oder qualitativ mangelhaft. "Wir versuchen alles, um Masken zu bekommen, aber ich kaufe nicht zu jedem Preis", so Hubmann. So könne er seinen Kunden nicht guten Gewissens eine Einwegmaske für über zwei Euro verkaufen, "das grenzt an Wucher". Gestern habe er bei einem bayerischen Lieferanten bestellt, "die Ware sollte noch diese Woche eintreffen". Die Einwegmasken aus dreilagigem Vliesstoff wird er dann für 1,50 Euro pro Stück verkaufen.

Doch Hubmann gibt zu, kein Freund der Einwegmasken zu sein. Sie seien ökologisch nicht sinnvoll ("Sonst fordern doch auch alle Nachhaltigkeit"), und er habe außerdem die Befürchtung, dass die Menschen sie falsch, sprich mehrfach verwenden.

Nur für Risikopatienten

Der Apotheker hat auch FFP2-Masken (8 bis 9 Euro pro Stück) im Verkauf, betont aber, dass diese ausschließlich Risikopatienten vorbehalten sein sollten, "sonst ist zu wenig da für das medizinische Fachpersonal, das diese Masken wirklich braucht".

Für alle anderen seien selbst genähte Masken, die gewaschen und immer wieder verwendet werden können, die beste und sinnvollste Lösung. So verkauft auch Hans-Peter Hubmann in seiner Apotheke den Mund-Nasen-Schutz der Schneiderei Högen. Nicht ganz unkritisch sieht er die vielen privaten Nähinitiativen, die im Moment regelrecht aus dem Boden schießen. "Wenn jemand in seiner Freizeit Masken näht und diese dann verschenkt, ist das sehr löblich. Aber die Schneidereien und wir Apotheken leben vom Verkauf. Wir sind keine Krisengewinnler, aber wir müssen unsere Miete und unsere Mitarbeiter bezahlen." Bei diesen Schneidern in Kulmbach gibt es Masken

Schneiderei Högen 8,20 Euro pro Maske; Webergasse 9; Telefon 09221/3189; Öffnungszeiten: diese Woche noch Mittwoch bis Freitag 10 bis 14 Uhr, ab Montag wieder täglich 8.30 bis 18 Uhr außer Montag und Samstag (8.30 bis 13 Uhr). Schneiderei Ali 6 Euro pro Maske in der einfachen, 8 Euro für doppellagige Ausführung; Kirchwehr 6; Telefon 0172/5274435; Öffnungszeiten Montag bis Freitag 8.30 bis 18 Uhr, Samstag 8.30 bis 14 Uhr. Just Clothes 6 Euro pro Maske; Schlehensteig 2; Telefon: 09221/8041730, Bestellung auch über Facebook ("JustClothes").